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Wahl-Zugewinngemeinschaft

 Normen 

§ 1519 BGB

 Information 

1. Einführung

Die Wahl-Zugewinngemeinschaft ist ein Güterstand, der durch Ehevertrag vereinbart werden kann:

Bei binationalen Ehen können Probleme hinsichtlich des Vermögens der Ehegatten entstehen, da die gesetzlichen Güterstände in den verschiedenen Ländern unterschiedlich und im jeweils anderen Land in der Regel nicht bekannt sind. Probleme treten nicht nur bei Auflösung der Ehe auf, sondern auch während ihres Bestehens, z.B. bei der Finanzierung von Immobilienkrediten. Vor diesem Hintergrund soll eine staatsvertragliche Regelung mit der notwendigen Ergänzung im nationalen Recht mehr Rechtssicherheit und Rechtsklarheit schaffen.

Die Bundesrepublik Deutschland und die Französische Republik haben sich daher entschlossen, einen gemeinsamen, in beiden Staaten identischen Wahlgüterstand zu schaffen, der in modifizierter Form dem deutschen Zugewinnausgleich entspricht. Dieser Güterstand kann von den Ehegatten in beiden Ländern statt des jeweiligen gesetzlichen Güterstandes und neben den jeweiligen anderen nationalen Wahlgüterständen gewählt werden. Die Möglichkeit, dem Abkommen deutsch-französischen Ursprungs beizutreten, steht auch anderen EU-Mitgliedstaaten offen.

2. Rechtsgrundlagen

In dem neu mit Inhalt gefülltem § 1519 BGB ist die Möglichkeit der Vereinbarung der Wahl-Zugewinngemeinschaft geregelt.

Die einzelnen, den Inhalt der Wahl-Zugewinngemeinschaft regelnden Rechtnormen (identische Regelungen für beide beteiligten Länder) finden sich in den Artikeln 1 - 19 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft (WZugewGemAbk FR).

3. Wählbarkeit der Wahl-Zugewinngemeinschaft

Die Wahl-Zugewinngemeinschaft ist gemäß Art.  1 WZugewGemAbk FR wählbar, sofern entweder deutsches oder französisches Recht auf den Güterstand der Ehegatten Anwendung findet. Eines direkten internationalen Bezuges bedarf es nicht, sondern auch ein in der Bundesrepublik Deutschland lebendes Ehepaar ohne Verbindung zur Französischen Republik kann diesen Güterstand vertraglich vereinbaren.

4. Abgrenzung zum sonstigen Güterrecht im weiteren Sinne

Der neue Güterstand verdrängt in seinem Anwendungsbereich das eheliche Güterrecht.

5. Inhalt der Wahl-Zugewinngemeinschaft

Kennzeichnend ist, dass das Vermögen der Ehegatten in der Wahl-Zugewinngemeinschaft getrennt bleibt und "Zugewinn" der Betrag ist, um den das Endvermögen das Anfangsvermögen eines Ehegatten übersteigt. Ausgeglichen wird der Zugewinn grundsätzlich erst bei Beendigung des Güterstandes.

Die Ehegatten können vor oder während der Ehe den Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft vertraglich vereinbaren.

Die Vermögen der Eheleute bleiben während der Ehe getrennt, mit folgenden Ausnahmen:

  • Rechtsgeschäfte über die Haushaltsgegenstände und/oder die Ehewohnung/Familienimmobilie bedürfen der Zustimmung des anderen Ehegatten.

    Zur Ehewohnung gehören alle Räume, die die Ehegatten als Wohnung nutzen, gemeinsam bewohnt haben oder die nach den Umständen dazu bestimmt waren, Ehewohnung zu werden, auch wenn dies nicht zur Ausführung gekommen ist. Zur Ehewohnung können damit auch Nebenräume gehören (z.B. Keller, Dachboden, Garage, Sport- und Fitnessräume).

    Wird über Eigentum oder über Mietverhältnisse an der Ehewohnung verfügt, so ist eine solche Verfügung ohne Zustimmung des anderen Ehegatten grundsätzlich unwirksam. Das bedeutet, dass der Ehegatte, der Eigentümer eines Hauses ist, das als Ehewohnung genutzt wird, das Haus nicht ohne Zustimmung des anderen Ehegatten wirksam verkaufen kann. Auch der Ehegatte, der Mieter einer Wohnung ist, in der die Familie lebt, kann den Mietvertrag nicht allein wirksam kündigen. Der Ehegatte, der einem solchen Verhalten nicht zugestimmt hat, kann diese Kündigung jedoch genehmigen.

  • Geschäfte zur Führung des Haushalts können auch mit Wirkung für den anderen Ehegatten abgeschlossen werden. Dies gilt auch für Verträge, die den Bedarf der Kinder betreffen. Diese Mit-Übernahme der Vertragspflichten ist nur in den folgenden Fällen ausgeschlossen:

    • Es handelt sich um unangemessene Ausgaben

      und

    • der vertragschließende Dritte wusste von den unangemessenen Ausgaben oder hätte es wissen müssen.

Mit der Beendigung der Wahl-Zugewinngemeinschaft kommt es gemäß Art.  12 WZugewGemAbk FR zur Durchführung des Zugewinnausgleichs. Dabei ist in den Art.  8 - 11 WZugewGemAbk FR die Zusammensetzung und Bewertung des Anfangs- und Endevermögens geregelt.

Das Anfangsvermögen besteht aus folgenden Bestandteilen:

  • Die Gegenstände, die einem Ehegatten zu dem Zeitpunkt gehören, an dem der eheliche Güterstand wirksam wird.

  • Die Gegenstände, die ein Ehegatte später durch Erbschaft oder Schenkung erwirbt.

  • Das von einem Ehegatten später als Schmerzensgeld erworbene Vermögen.

  • Die Parteien sind in ihrer Privatautonomie frei zu vereinbaren, dass auch noch andere Vermögenszuwächse als die in Absatz 1 genannten dem Anfangsvermögen zugerechnet werden.

Das Endvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten abzüglich der Verbindlichkeiten bei Beendigung des Güterstandes bzw. an dem Stichtag nach Art.  13 WZugewGemAbk FR gehört, auch wenn sie das Aktivvermögen übersteigen. Das Endvermögen kann wie das Anfangsvermögen auch negativ sein. Es ist keine besondere Vermögensmasse, sondern eine der Rechnungsgrößen zur Ermittlung des Zugewinns.

 Siehe auch 

Internationales Güterrecht

Zugewinngemeinschaft

Gerhardt/von Heintschell-Heinegg/Klein: Handbuch des Fachanwalts Familienrecht; 11. Auflage 2018

Heinemann: Hinweis zur Vertragsgestaltung: Die Wahl-Zugewinngemeinschaft als neuer Güterstand; Der Familien-Rechts-Berater - FamRB 2012, 129

Rieck: Ehe- und Partnerschaftsverträge in Anwendung der EU-Verordnungen; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2016, 3755

Weinreich/Klein; Fachanwaltskommentar Familienrecht; 6. Auflage 2019