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Vorhaben- und Erschließungsplan

 Normen 

§ 12 BauGB

 Information 

1. Allgemein

Der Vorhaben- und Erschließungsplan ist das Vorstadium des vorhabenbezogenen Bebauungsplans (Sonderform des Bebauungsplans).

Rechtsgrundlage ist § 12 BauGB.

Der Vorhaben- und Erschließungsplan ist ein von einem Investor aufgestellter und mit der zuständigen Gemeinde abgestimmter Plan über die Durchführung eines Bauvorhabens einschließlich der Erschließung, dessen Inhalte von der Gemeinde als vorhabenbezogener Bebauungsplan erlassen werden.

Die Durchführung des Vorhabens wird in einem zwischen dem Vorhabenträger und der Gemeinde zu schließenden städtebaulichen Vertrag (Durchführungsvertrag) gemäß § 11 BauGB geregelt.

Der Vorhaben- und Erschließungsplan ermöglicht es der Gemeinde in enger Kooperation mit einem Investor oder Vorhabenträger die planungsrechtlichen Voraussetzungen für bestimmte größere Vorhaben, deren Durchführung dringlich ist,

  • in einem schnelleren Verfahren,

  • in einem einfacheren Verfahren,

  • auf der Grundlage der Planung des Vorhabenträgers und

  • auf Kosten des Vorhabenträgers zu schaffen.

Der Vorhaben- und Erschließungsplan (im weiteren Sinne) besteht zwingend aus den drei folgenden Elementen. Das Fehlen eines der Elemente führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans.

  • Vorhaben- und Erschließungsplan

  • Durchführungsvertrag

  • Vorhabenbezogener Bebauungsplan

Alle drei Bestandteile müssen aufeinander abgestimmt sein und dürfen sich nicht widersprechen. Nach dem Urteil OVG NRW 23.01.2006 - 7 D 60/04 ist der Begriff der genehmigten Vorhaben jedoch eher eng auszulegen. Eine Abweichung des im vorhabenbezogenen Bebauungsplans genehmigten Vorhabens von dem im Durchführungsvertrag vereinbarten Vorhaben führt zur Fehlerhaftigkeit des Bebauungsplans.

Der Vorhaben- und Erschließungsplan ist auf ein konkretes Vorhaben zugeschnitten. Das Vorhaben ist zulässig, wenn es der Satzung nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist. Gleichzeitig ist der Vorhabenträger bzw. Investor verpflichtet, sein Vorhaben innerhalb einer festgesetzten Frist durchzuführen. Geschieht dies nicht, soll bzw. kann die Gemeinde die Satzung aufheben.

Hinweis:

Durch den zum 13.05.2017 neu eingefügten § 9 Absatz 2c BauGB soll es den Gemeinden ermöglicht werden, zum Schutz vor den Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude Festsetzungen zu ihrer Zulässigkeit, ausnahmsweisen Zulässigkeit oder Nichtzulässigkeit zu treffen.

Zu beachten:

Die besonderen Gefahren des Vorhaben- und Erschließungsplans liegen in seiner isolierten Projektbezogenheit. Er wird meistens auf Veranlassung und unter Federführung des Vorhabenträgers aufgestellt und ist in der Regel auf ein konkretes Investitionsvorhaben bezogen. Dadurch wächst nachvollziehbar die Gefahr, isolierte Einzelentscheidungen zu treffen, auch wenn die Satzungshoheit weiterhin bei der Gemeinde liegt. Gerade bei Vorhaben- und Erschließungsplänen ist von der Kommune darauf zu achten, dass die übergebietlichen Zielsetzungen der Bauleitplanung berücksichtigt werden.

2. Verfahren

Der Vorhabenträger kann gemäß § 12 BauGB die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens beantragen. Die Gemeinde entscheidet über den Antrag nach Ausübung eines Ermessens. Voraussetzung ist, dass der Investor in der Lage sein wird, dass Vorhaben durchzuführen.

In einem zweiten Schritt erstellt der Vorhabenträger den Vorhaben- und Erschließungsplan, zumeist unter Einbeziehung eines Architekturbüros. Inhaltlich hat sich der Plan an den Inhalt eines Bebauungsplans zu orientieren. Die Begründung des Planentwurfs hat die nach § 2a BauGB erforderlichen Angaben zu enthalten. Die Öffentlichkeits- und Beteiligungsrechte sind einzuhalten.

In der Praxis wird der Durchführungsvertrag nach dem Abschluss des Vorhaben- und Erschließungsplans geschlossen.

3. Durchführungsvertrag

Voraussetzung der Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans ist der Abschluss eines städtebaulichen Vertrags gemäß § 11 BauGB in der Form des Durchführungsvertrags nach § 12 BauGB zwischen der Gemeinde und dem Vorhabenträger.

Dabei muss der Vorhabenträger bereit und in der Lage sein, das Vorhaben auszuführen.

Inhalte des Durchführungsvertrages sind im Wesentlichen:

  • die Durchführung der Maßnahme gemäß des Vorhaben- und Erschließungsplans

  • die Durchführung der Maßnahme innerhalb einer bestimmten Frist

  • die gänzliche oder teilweise Übernahme der Planungs- und Erschließungskosten

Aufgaben des Vorhabenträgers sind die Erstellung notwendiger Planunterlagen zur Beurteilung der planungsrechtlichen Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens sowie die Erstellung der Erschließungsanlagen.

Aufgabe der Gemeinde ist es, die Satzung über den Vorhaben- und Erschließungsplan aufzustellen und das Aufstellungsverfahren einschließlich der Abwägung durchzuführen. Die Gemeinde behält auch bei der Satzung über den Vorhaben- und Erschließungsplan die Entscheidungsgewalt in ihrer Hand, da sie im Rahmen ihrer Planungshoheit die notwendigen kommunalpolitischen Beschlüsse fassen muss (Aufstellungsbeschluss, Abwägung, Satzungsbeschluss, Veröffentlichung). Stellt der Vorhabenträger einen Antrag auf Einleitung eines Satzungsverfahrens zur Aufstellung einer Satzung über den Vorhaben- und Erschließungsplan, so hat die Gemeinde nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Auf die Aufstellung eines Vorhaben- und Erschließungsplans hat der Vorhabenträger keinen Rechtsanspruch.

Der Vorhabenträger bzw. Investor trägt ganz oder teilweise die Kosten für die Erschließung. Der Vorhaben- und Erschließungsplan nach § 12 BauGB ist somit ein Planungsinstrument das Ansätzen des Public-Private-Partnership im Boden- und Flächenmanagement sowie im Bauplanungsrecht entspricht.

4. Vorhabenbezogener Bebauungsplan

Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird Inhalt des vorhabenbezogene Bebauungsplans.

Der vorhabenbezogene Bebauungsplan erfordert die für die Aufstellung eines herkömmlichen Bebauungsplans erforderlichen formellen und materiellen Voraussetzungen, es sei denn in § 12 BauGB sind insofern Ausnahmen geregelt. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan wird ebenfalls als Satzung beschlossen und ist aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln.

Aber: Die in § 9 BauGB aufgeführten inhaltlichen Beschränkungen von Bebauungsplänen gelten nicht für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan.

Die Satzung hat dabei den Zweck, die Zulässigkeit von Vorhaben zu bestimmen, die nicht bereits nach §§ 30, 31 und 33 bis 35 BauGB zulässig sind.

Wesentliche Voraussetzungen für die Aufstellung einer Satzung über den Vorhaben- und Erschließungsplan sind:

  • Das geplante Vorhaben darf ohne Aufstellung, Ergänzung oder Änderung eines Bebauungsplans nicht zugelassen werden.

  • Die Satzung muss mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sein.

  • Es muss ein Vorhabenträger vorhanden sein.

  • Die Maßnahme muss innerhalb einer absehbaren Zeit realisierbar sein; damit sollten auch die Eigentumsverhältnisse weitgehend geklärt sein.

  • Der Vorhabenträger muss in der Lage sein, das Vorhaben auf der Grundlage eines von ihm vorgelegten Plans durchzuführen.

  • Der Vorhabenträger muss sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Zeit verpflichten (Durchführungsvertrag).

  • Der Vorhabenträger trägt ganz oder teilweiser die Kosten der Planung und Durchführung, einschließlich der Erschließungskosten.

In dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan wird nur die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmt. Voraussetzung ist der Durchführungsvertrag, in dem der Vorhaben- und Erschließungsplan geregelt ist. Die einzelnen Vorhaben werden nicht konkret festgesetzt, es wird nur gewährleistet, dass sie geplant sind. Trotzdem müssen die Vorhaben in den Grundzügen erkennbar sein, eine reine Festsetzung von Baugebietstypen reicht nicht.

Mit dem Inkrafttreten des vorhabenbezogenen Bebauungsplans bzw. dem Erlass der Baugenehmigung ist der Vorhabenträger zum Beginn der Arbeiten berechtigt.

 Siehe auch 

Bauleitplanung

Erschließung

Erschließungsvertrag

Flächennutzungsplan

Public Private Partnership

Städtebaulicher Vertrag

Umweltverträglichkeitsprüfung

BVerwG 06.10.2011 - 4 BN 19/11 (Durchführungsvertrag)

BVerwG 06.06.2002 - 4 CN 4/01 (Bindung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans an die BauNVO)

BVerwG 30.04.2002 - 4 B 72/01 (Rechtsweg für Ansprüche aus Verschulden bei der Anbahnung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans)

Kuffer/Wirth: Handbuch des Fachanwalts Bau- und Architektenrecht; 5. Auflage 2017

Kuschnerus: Der vorhabenbezogene Bebauungsplan im Lichte der jüngeren Rechtsprechung; Baurecht - BauR 2004, 946

Lechelt: Der Vorhaben- und Erschließungsplan im Baurecht; Neue Wirtschafts-Briefe - NWB 2004, 2515

Schiwy: Baugesetzbuch. Kommentar; Loseblattwerk

Wirth: Der Bauherr als Baubehörde - Chancen des Vorhaben- und Erschließungsplans; Baurecht - BauR 1999, 130