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Verbraucherinsolvenzverfahren

 Normen 

§§ 304 - 314 InsO

 Information 

1. Allgemein

Eine der beiden Arten des Insolvenzverfahrens.

Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist gemäß § 304 Abs. 1 S. 1 InsO grundsätzlich immer anwendbar, wenn

  • es sich bei dem Schuldner um eine natürliche Person handelt, die keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt oder ausgeübt hat.

  • Eine Ausnahme besteht gemäß § 304 Abs. 1 S. 2 InsO, wenn die Vermögensverhältnisse eines Selbstständigen überschaubar sind und gegen ihn keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. In diesem Fall bleibt es bei der Anwendbarkeit des Verbraucherinsolvenzverfahrens.

    Die Überschaubarkeit der Vermögensverhältnisse ist in § 304 Abs. 2 InsO legal definiert: Die Vermögensverhältnisse sind überschaubar, wenn der Schuldner im Zeitpunkt der Antragstellung auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens weniger als 20 Gläubiger hat.

Im Gegensatz zum Regelinsolvenzverfahren gibt es bei der Verbraucherinsolvenz Verfahrensvereinfachungen (§ 312 InsO): So wird u.a. nur der Prüfungstermin bestimmt, das Verfahren oder einzelne seiner Teile kann/können auch schriftlich durchgeführt werden. Es wird anstelle des Insolvenzverwalters ein Treuhänder bestellt, § 334 InsO.

2. Verfahrensabschnitte

Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist in die folgenden Abschnitte gegliedert:

  1. a)

    Außergerichtlicher Einigungsversuch mit den Gläubigern.

  1. b)

    Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Einreichung eines Schuldenbereinigungsplans.

  1. c)

    Je nach dem Ergebnis des Schuldenbereinigungsplanverfahrens:

    • Durchführung der Schuldenbereinigung mit dem Schuldenbereinigungsplan als Titel

      oder

    • Durchführung des bis dahin ruhenden Verbraucherinsolvenzverfahrens mit der Wohlverhaltensphase.

  2. d)

    Erteilung der Restschuldbefreiung.

Der Absonderungsberechtigte wird in der Wohlverhaltensphase eines Verbraucherinsolvenzverfahrens nur dann bei der Verteilung berücksichtigt, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach der öffentlichen Bekanntmachung des Schlussverzeichnisses eine Erklärung gemäß § 190 InsO abgegeben hat (BGH 02.07.2009 - IX ZR 126/08).

Die Erwerbsobliegenheit des Schuldners entfällt, wenn ihm die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit aufgrund der Umstände des Einzelfalls nicht zugemutet werden kann. Dies kann auch im Hinblick auf die Betreuung minderjähriger Kinder in Betracht kommen. Als Grundlage der Beurteilung sind die zum Betreuungsunterhalt entwickelten familienrechtlichen Maßstäbe heranzuziehen (BGH 03.12.2009 - IX ZB 139/07).

 Siehe auch 

Insolvenz

Restschuldbefreiung

Schuldenbereinigungsplan

Schuldenbereinigungsplanverfahren

BGH 24.03.2011 - IX ZB 80/11 (Zuordnung bei nur gelegentlich ausgeübter wirtschaftlicher Nebentätigkeit bei gleichzeitiger und abhängiger Beschäftigung)

BGH 02.07.2009 - IX ZR 126/08 (Berücksichtigung eines Absonderungsberechtigten bei der Verteilung)

BGH 23.02.2005 - XII ZR 114/03 (Pflicht des Unterhaltsschuldners zur Einleitung des Verbraucherinsolvenzverfahrens)

Grote/Ahrens/Kohthe/Busch: Verfahrenskostenstundung, Restschuldbefreiung und Verbraucherinsolvenzverfahren; 8. Auflage 2018

Henning: Der Ablauf eines Verbraucherinsolvenzverfahrens; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2009, 2942

Pape: Die Entwicklung des Verbraucherinsolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahrens; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2020, 1931

Wimmer/Dauernheim/Wagner/Gietl: Handbuch des Fachanwalts Insolvenzrecht; 8. Auflage 2018