Rechtswörterbuch

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Vaterschaftsanfechtung - Ausländischer Elternteil

 Normen 

§ 1597a BGB

§ 79 Abs. 2 AufenthG

 Information 

1. Einführung

Als Vater eines Kindes wird juristisch gemäß § 1592 BGB der Mann angesehen, der

  • zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist

    oder

  • die Vaterschaft anerkannt hat

    oder

  • dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde.

Die Anerkennung erfolgt ohne eine Überprüfung der biologischen Verwandtschaft zwischen dem Kind und dem anerkennenden Vater. In der jüngsten Vergangenheit wurde wiederholt die Problematik des Missbrauchs der Anerkennung einer Vaterschaft im Ausländerrecht diskutiert. Dabei erfolgt die Vaterschaftsanerkennung insbesondere durch einen ausländischen Mann mit dem Ziel des Erhalts eines Aufenthaltstitels gemäß § 4 AufenthG. Oftmals handelt es sich dabei nicht um den biologischen Vater, und es besteht auch keine Bindung zu dem Kind bzw. ein Interesse an einer Bindung zu dem Kind. Durch die Anerkennung bestehende Unterhaltspflichten sind mangels einer Leistungsfähigkeit nicht zu befürchten.

Bezüglich der Folgen einer das Ausländerrecht betreffenden Vaterschaftsanerkennung sind u.a. folgende Fallkonstellationen zu unterscheiden:

  • Ein deutscher Mann erkennt die Vaterschaft für das Kind einer ausländischen unverheirateten Mutter an:

    1. a)

      Das Kind erwirbt gemäß § 4 StAG die deutsche Staatsangehörigkeit.

      Dabei ist die Staatsangehörigkeit an das Bestehen der Vaterschaft gekoppelt: "Wird auf die Vaterschaftsanfechtungsklage eines deutschen "Scheinvaters" festgestellt, dass dieser nicht der Vater des Kindes ist, verliert das Kind regelmäßig rückwirkend die durch Abstammung von ihm vermittelte deutsche Staatsangehörigkeit" (BVerwG 19.04.2018 - 1 C 1/17).

    2. b)

      Die Mutter des Kindes hat gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG einen Anspruch auf eine (befristete) Aufenthaltserlaubnis und später ggf. auf eine (unbefristete) Niederlassungserlaubnis.

  • Ein ausländischer Mann ohne ein gesichertes Aufenthaltsrecht erkennt die Vaterschaft an für das Kind einer deutschen oder ausländischen Mutter:

    Sofern das Kind die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt und die Eltern im Rahmen einer Sorgeerklärung das gemeinsame Sorgerecht haben, hat der Vater Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis.

Der Gesetzgeber wollte dem Missbrauch der Vaterschaftsanerkennung entgegenwirken. Als geeignetes Mittel wurde daher die Schaffung eines Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft durch die Behörden angesehen.

2. Anfechtung der Vaterschaft durch die zuständige Behörde

Das Recht der Anfechtung der Vaterschaft durch die zuständige Behörde wurde mit der Entscheidung BVerfG 17.12.2013 - 1 BvL 6/10 als absolut verbotene Entziehung der Staatsangehörigkeit bewertet und als somit gegen Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG verstoßend für nichtig erklärt!

Diese Form der Vaterschaftsanfechtung war in dem nunmehr aufgehobenen § 1600 Abs. 1 Nr. 5 sowie Abs. 3 BGB a.F. geregelt.

3. Verbot der missbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft

Mit dem am 29.07.2017 in Kraft getretenen § 1597a BGB wird das Problem der Vaterschaftsanerkennung zum Zwecke der Erlangung eines Aufenthaltsrechts, welches in der Regel mit der Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft einhergeht, neu geregelt:

Mit der Änderung wird ein präventiver Ansatz zur Verhinderung missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennungen gewählt. Missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen sollen bereits im Vorfeld mithilfe einer Missbrauchskontrolle durch die Ausländerbehörde verhindert werden, um die daran anknüpfenden statusrechtlichen Folgen erst gar nicht entstehen zu lassen. Zur Verhinderung von rechtsmissbräuchlichen Anerkennungen sind folgende Regelungen erlassen:

  • Zivilrechtliche Verbotsnorm im Abstammungsrecht: Durch die Schaffung der zivilrechtlichen Verbotsnorm im Abstammungsrecht (§ 1597a Abs. 1 BGB) wird klargestellt, dass die Anerkennung einer Vaterschaft von der Rechtsordnung missbilligt wird, wenn sie gezielt gerade zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltsrechts abgegeben wird.

  • Aussetzung der Beurkundung und verwaltungsrechtliches Verfahren der Ausländerbehörden (§ 1597a Abs. 2 BGB, § 79 Abs. 2 AufenthG):

    Sofern konkrete Anhaltspunkte für die Annahme eines Missbrauchs bestehen, muss die beurkundende Behörde oder die Urkundsperson die Beurkundung aussetzen und dies der zuständigen Ausländerbehörde mitteilen. Gleichzeitig wird mit § 85a AufenthG im Aufenthaltsgesetz ein verwaltungsrechtliches Prüfverfahren eingeführt, mit dem die zuständige Ausländerbehörde in Verdachtsfällen feststellt, ob eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft vorliegt. Den beurkundenden Behörden oder den Urkundspersonen wird durch die entsprechende Feststellung die Grundlage gegeben, die Beurkundung einer missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung bzw. einer hierzu missbräuchlichen Zustimmung der Mutter abzulehnen.

    Beantragt ein Ausländer, gegen den wegen des Verdachts einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit ermittelt wird, die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels, ist die Entscheidung über den Aufenthaltstitel bis zum Abschluss des Verfahrens, im Falle einer gerichtlichen Entscheidung bis zu deren Rechtskraft auszusetzen, es sei denn, über den Aufenthaltstitel kann ohne Rücksicht auf den Ausgang des Verfahrens entschieden werden.

  • Ablehnung der Beurkundung durch die beurkundenden Behörden oder Urkundspersonen:

    Solange die Beurkundung ausgesetzt ist, können die Anerkennung und die Zustimmung auch nicht bei einer anderen beurkundenden Behörde oder Urkundsperson wirksam beurkundet werden. Wird das Vorliegen einer missbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft festgestellt, so erlässt die Ausländerbehörde einen entsprechenden Verwaltungsakt. Sobald der Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist, ist die Beurkundung abzulehnen. Eine wirksame Beurkundung von Anerkennung und Zustimmung ist dann auch bei einer anderen beurkundenden Behörde oder Urkundsperson nicht mehr möglich.

 Siehe auch 

Feststellung der Vaterschaft

Klärung der Vaterschaft

Vaterschaftsanerkennung

Vaterschaftsanfechtung

OLG Hamm 20.11.2007 - 1 Ss 58/07 (Bindung der Strafgerichte an durch Anerkennung geschaffene Rechtslage)