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Trennungsunterhalt

 Normen 

§ 1361 BGB

 Information 

1. Allgemein

Als Trennungsunterhalt wird der Unterhalt bezeichnet, der vom Zeitpunkt der Trennung bis zur Rechtskraft der Scheidung gezahlt wird. Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen.

Voraussetzung ist, dass die Eheleute tatsächlich getrennt leben (ggf. auch gemeinsam in der bisherigen Ehewohnung), eine Unterhaltsbedürftigkeit besteht und eine Leistungsfähigkeit des Pflichtigen besteht. Die Höhe des Trennungsunterhalts beträgt bei fehlendem eigenen Einkommen des Unterhaltsbedürftigen ca. 3/7 des zugrunde liegenden Einkommens. Auszugehen ist vom derzeitigen Einkommen des Pflichtigen, das sich durch die mit der Trennung verbundene Änderung der Steuerklasse im Nettobetrag unter Umständen erheblich verringern kann.

Der Trennungsunterhalt umfasst den Elementarunterhalt, den Vorsorgeunterhalt, den trennungsbedingten Mehrbedarf und, anders als der nacheheliche Unterhalt, die Kosten einer Krankenversicherung.

Mindestens während des ersten Trennungsjahres besteht keine Pflicht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit für den bisher nicht berufstätigen Unterhaltspflichtigen. Grundsätzlich nimmt mit zunehmender Trennungsdauer die Eigenverantwortlichkeit des unterhaltsbedürftigen Partners zu. Mit Ablauf des ersten Trennungsjahres besteht der Anspruch nur noch, wenn besondere Gründe vorliegen, die auch für die Gewährung des nachehelichen Unterhalts gelten, wie z.B. minderjährige Kinder, fortgeschrittenes Alter, lange Ehedauer.

2. Voraussetzungen

Leben die Ehegatten getrennt, so kann gemäß § 1361 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BGB ein Ehegatte von dem anderen nach den ehelichen Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen.

Der BGH hat jetzt klargestellt, dass der Anspruch auf Trennungsunterhalt nicht voraussetzt, dass die Ehegatten zusammengelebt oder gemeinsam gewirtschaftet haben (BGH 19.02.2020 - XII ZB 358/19).

3. Zu berücksichtigendes Einkommen

Da während der Trennungszeit die Ehe noch besteht, nimmt der unterhaltsbedürftige Ehepartner grundsätzlich an den Einkommensveränderungen des unterhaltspflichtigen Partners unverändert teil.

Aber ein Karrieresprung wird nicht erfasst (OLG Brandenburg 03.06.2019 - 9 UF 49/19):

"Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bedarfsbemessung im Rahmen des Trennungsunterhalts sind die jeweils aktuell waltenden Verhältnisse. (...). Nacheheliche Einkommensverbesserungen werden aber nur dann bedarfssteigernd erfasst, wenn ihnen eine Entwicklung zugrunde liegt, die aus der Sicht zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war und diese Erwartung bereits auch die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hatte (...). Etwas anderes gilt also dann, wenn die neuen Umstände auf Veränderungen nach der Trennung beruhen, die auf einer unerwarteten und vom Normalfall erheblich abweichenden Entwicklung beruhen (...). Bei einem sog. Karrieresprung ist das erhöhte Einkommen nicht mehr eheprägend (...).

Auch beim Trennungsunterhalt ist eine Einkommensentwicklung nur beachtlich, wenn diese aus der Sicht zum Zeitpunkt der Trennung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war und diese Erwartung bereits auch die ehelichen Lebensverhältnisse bis zur Trennung geprägt hatte. Ein Karrieresprung ist also anzunehmen, wenn nach der Trennung bis zur Rechtskraft der Ehescheidung das Einkommen eines oder beider Ehegatten bis zur Scheidung eine unerwartete, vom Normalverlauf erheblich abweichende Entwicklung genommen hat, die somit für die Bestimmung des Trennungsunterhaltes nach § 1361 BGB außer Betracht bleiben muss."

Der Unterhaltsberechnung sind nur die Einkünfte zugrunde zu legen, die dem Ehepartner tatsächlich zur Verfügung standen, d.h. den ehelichen Lebensverhältnissen entsprachen. Insbesondere bei hohen Einkünften sind bei der Berechnung die Beträge außer Acht zu lassen, die der Vermögensbildung dienten. Dies gilt aber nur solange, wie der zum Leben und der zur Vermögensbildung verbrauchte Betrag zueinander in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Wenn z.B. durch die Sparsamkeit des Unterhaltspflichtigen die Familie einen weit unter dem Einkommen liegenden Lebensstandard pflegen musste, ist der für die Lebenshaltungskosten ausgegebene Betrag zu korrigieren und bei der Unterhaltsberechnung ist auch das zur Vermögensbildung verwendete Geld entsprechend zu berücksichtigen (BGH 04.07.2007 - XII ZR 141/05).

Bei Gesamteinkünften der Eheleute in Höhe von 8.839,49 EUR bzw. des Unterhaltspflichtigen in Höhe von 4.419,75 EUR ist der Trennungsunterhalt nach dem Halbteilungsgrundsatz zu berechnen. Eine konkrete Bedarfsbemessung ist nicht erforderlich (OLG Stuttgart 17.09.2015 - 11 UF 100/15).

Ein Anspruch auf Unterhalt kann auch dadurch entstehen, dass das Einkommen des für den Kindesunterhalt barunterhaltspflichtigen Ehegatten durch den Vorwegabzug des Kindesunterhalts unter das Einkommen des kinderbetreuenden Ehegatten absinkt (BGH 11.11.2015 - XII ZB 7/15).

4. Nutzungsvergütung für die Ehewohnung

Zieht einer der Partner aus der im gemeinsamen oder alleinigen Eigentum eines Ehepartners stehenden Ehewohnung aus und bleibt der andere in ihr wohnen, so kann der die Ehewohnung verlassende Partner für den Vorteil des mietfreien Wohnens gemäß § 1361b BGBNutzungsvergütung verlangen bzw. sich diese auf den Trennungsunterhalt anrechnen lassen.

Der Anspruch auf Zahlung der Nutzungsvergütung scheidet aus, wenn der Wohnvorteil des in der Ehewohnung verbleibenden Ehegatten bereits anderweitig familienrechtlich kompensiert wird, er insbesondere bei der Unterhaltsbemessung entweder bedarfsmindernd oder die Leistungsfähigkeit erhöhend berücksichtigt ist:

Dieser mietfreie Wohnwert fließt in die Trennungsunterhaltsberechnung ein. Dabei gelten nach der Rechtsprechung (BGH 28.03.2007 - XII ZR 21/05 und BGH 05.03.2008 - XII ZR 22/06) folgende Grundsätze:

  • Während der Trennungszeit ist der Vorteil mietfreien Wohnens nur in dem Umfang zu berücksichtigen, wie er sich als angemessene Wohnungsnutzung durch den in der Ehewohnung verblieben Ehegatten darstellt. Dabei ist auf den Mietzins abzustellen, den er auf dem örtlichen Wohnungsmarkt für eine dem ehelichen Lebensstandard entsprechende kleinere Wohnung zahlen müsste.

  • Dies gilt jedoch nicht mehr, wenn die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft ausgeschlossen ist, z.B. durch die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags oder den Abschluss einer Scheidungsfolgenvereinbarung.

  • Regelmäßig gezahlte Raten auf einen Kredit für die Ehewohnung sind während der Trennungszeit in voller Höhe (Zins und Tilgung) auf die Höhe des angemessenen Wohnvorteils als eheprägend zu berücksichtigen.

    Auch im Rahmen der Bedürftigkeit sind diese gezahlten Kreditraten bei der Bemessung des geschuldeten Trennungsunterhalts regelmäßig in voller Höhe (Zins und Tilgung) zu berücksichtigen, allerdings beschränkt auf die Summe aus eigenen Einkünften und Gebrauchsvorteilen dieses Ehegatten.

    Dies gilt nicht, wenn der andere Ehegatte nicht mehr von der mit der Tilgung einhergehenden Vermögensbildung profitiert und daher nur eine einseitige Vermögensbildung stattfindet, z.B. bei einer Zugewinngemeinschaft ab Zustellung des Scheidungsantrags. Eine Änderung der Rechtsprechung zeichnet sich hier aber ab.

Die Pflicht zur Berücksichtigung des mietfreien Wohnwerts gilt nach der Entscheidung BGH 15.02.2006 - XII ZR 202/03 auch dann, wenn die Wohnungsüberlassung an den bleibenden Ehegatten freiwillig erfolgt und nicht durch eine schwere Härte gerechtfertigt werden kann.

5. Kinder

Nach einem Urteil des OLG Bremen 19.02.2004 - 4 WF 10/04 ist der Anspruch auf Trennungsunterhalt subsidiär gegenüber dem Anspruch auf Unterhalt gegen den Kindesvater, wenn die Ehefrau aufgrund der Geburt eines von einem anderen als dem Ehemann abstammenden Kindes ihre Berufstätigkeit aufgegeben hat.

Die Geburt eines von einem anderen Mann abstammenden Kindes während der Trennungszeit begründet noch kein den Trennungsunterhalt ausschließendes Fehlverhalten (OLG Jena 18.11.2005 - 1 WF 436/05). Der Unterhalt der Mutter ergibt sich aus einer jeweils anteiligen Haftung des Ehemannes und Kindesvaters.

Hat die Ehefrau sowohl eheliche als auch nichteheliche Kinder zu betreuen, so haften die Unterhaltspflichtigen gemäß der Rechtsprechung des BGH anteilig (BGH 21.01.1998 - XII ZR 85/96).

Nach dem Urteil OLG Koblenz 03.12.2004 - 7 WF 1076/04 erfordert der Anspruch auf Trennungsunterhalt einer Ehefrau gegen den die Kinder versorgenden Ehemann, dass die Ehefrau ihrerseits ihre Pflicht zur Zahlung des Kindesunterhaltes erfüllt.

6. Rang des Trennungsunterhalts

Hat der Unterhaltspflichtige mehrere Unterhaltsansprüche zu erfüllen und reicht sein verfügbares Einkommen zur Erfüllung aller Ansprüche nicht aus, d.h. liegt ein Mangelfall vor, so sind die Unterhaltsansprüche in der in § 1609 BGB festgelegten Rangfolge zu erfüllen.

7. Dauer des Trennungsunterhalts

Wenn ein Mandant zwar Anspruch auf Trennungsunterhalt, aber nicht auf nachehelichen Unterhalt hat, so sollte im Scheidungstermin kein Rechtsmittelverzicht erklärt werden. Dadurch erhält der Mandant bis zur Rechtskraft des Urteils weiterhin Trennungsunterhalt!

 Siehe auch 

Lebensbedarf

Mangelfallberechnung

Trennungsbedingter Mehrbedarf

Überobligatorische Erwerbstätigkeit

Unterhalt - nachehelicher

Unterhalt - Spesen

Unterhalt - Verwirkung des Anspruchs

Verzug mit Unterhalt

Vorsorgeunterhalt

BGH 24.03.2010 - XII ZB 193/07 (Vollstreckbarkeit eines ausländischen Titels auf Zahlung von Trennungsunterhalt)

BGH 17.12.2008 - XII ZR 63/07 (Selbstbehalt beim Trennungsunterhalt)

BGH 06.10.2004 - XII ZR 319/01 (Obliegenheit zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit)

BGH 05.05.2004 - XII ZR 15/03(Berechnung des Trennungsunterhalts unter Anrechnung von Versorgungsleistungen für den neuen Lebenspartner)

BGH 12.07.1989 - IVb ZR 66/88 (Berücksichtigung des Wohnvorteils bei der Bemessung von Trennungsunterhalt)

BGH 08.06.1988 - IVb ZR 68/87 (Berechnung des Trennungsunterhalts)

BGH 15.01.1986 - IVb ZR 22/85 (Unterhaltzahlung durch Verwertung des Vermögens)

Born: Der Wohnvorteil im Unterhaltsrecht - ein fast unbemerkter Paradigmenwechsel; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2022, 2497

Eschenbruch/Schürmann/Menne: Der Unterhaltsprozess; 7. Auflage 2021

Gerhardt/von Heintschell-Heinegg/Klein: Handbuch des Fachanwalts Familienrecht; 12. Auflage 2021

Niepmann/Seiler: Die Entwicklung des Unterhaltsrechts seit Anfang 2020; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2020, 2597