Rechtswörterbuch

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Telearbeit

 Normen 

§ 2 Abs. 7 ArbStättV

§ 10 AZV

§§ 13, 15 BGleiG

 Information 

1. Allgemein

Als Telearbeit (bzw. Homeoffice) wird die Ausübung der Arbeit an einem fest eingerichteten Arbeitsplatz außerhalb des Betriebes bei gleichzeitiger elektronischer Verbindung mit dem Betrieb bezeichnet. Mit der Vereinbarung von Telearbeit wird der Ort der Arbeitsleistung festgelegt.

Telearbeitsplätze sind gemäß der Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 7 ArbStättV vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat. Ein Telearbeitsplatz ist vom Arbeitgeber erst dann eingerichtet, wenn Arbeitgeber und Beschäftigte die Bedingungen der Telearbeit arbeitsvertraglich oder im Rahmen einer Vereinbarung festgelegt haben und die benötigte Ausstattung des Telearbeitsplatzes mit Mobiliar, Arbeitsmitteln einschließlich der Kommunikationseinrichtungen durch den Arbeitgeber oder eine von ihm beauftragte Person im Privatbereich des Beschäftigten bereitgestellt und installiert ist.

Kennzeichnend für Telearbeit ist, dass die Arbeit ausschließlich oder teilweise an einer selbstgewählten Arbeitsstätte aufgrund einer Verbindung durch elektronische Kommunikationsmittel mit dem Betrieb geleistet wird.

Hinweis:

Abgrenzung zum Mobilen Arbeiten:

Hier übernimmt der Arbeitgeber nicht die Kosten der Einrichtung des gesamten Arbeitsplatzes (eine andere Vereinbarung ist möglich). Auch besteht kein fest eingerichteter Arbeitsplatz, sondern der Ort der Arbeitsleistung unterliegt der Gestaltungsfreiheit des Arbeitnehmers.

Die Abgrenzung bestimmt sich nach den allgemeinen Kriterien, siehe dazu Arbeitnehmer. Die Telearbeit in der Form der Heimarbeit kommt in der Praxis eher selten vor.

Die Telearbeit betrifft folgende Rechtsbereiche:

2. Formen der Telearbeit

Es bestehen u.a. folgende Formen der Telearbeit:

  • Telearbeit in einem in der Wohnung / dem Haus befindlichen Büro bzw. Arbeitsplatz.

    Dies ist sowohl als ständige Telearbeit als auch in der Form der alternierenden Telearbeit möglich. Bei der alternierenden Telearbeit arbeitet der Arbeitnehmer zeitweise im Betrieb und zeitweise an seinem Arbeitsplatz / Büro in seiner Wohnung / Haus (häufigste Form der Telearbeit).

  • Telearbeitszentren: Mehrere Telearbeiter arbeiten z.B. in einer Bürogemeinschaft zusammen.

  • On-Site-Telearbeit: Der Arbeitnehmer arbeitet dauerhaft vor Ort in den Räumlichkeiten des Kunden.

3. Anspruch auf Telearbeit

Es besteht kein Anspruch eines Arbeitnehmers / Beamten auf die Einrichtung eines Telearbeitsplatzes.

Der Arbeitgeber ist jedoch verpflichtet, im Rahmen seines Direktionsrechts nach den Grundsätzen des billigen Ermessens den Anspruch zu überprüfen (LAG Rheinland-Pfalz 18.12.2014 - 5 Sa 378/14).

Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn aufgrund krankheitsbedingter Minderleistung eine Arbeit an der ursprünglichen Arbeitsstätte nicht oder nicht in vollem Umfang ausgeübt werden kann. Die Entscheidung über die Gewährung der Telearbeit obliegt gemäß OVG Rheinland-Pfalz 29.07.2003 - 2 A 11099/03 der Leitung der jeweiligen Dienststelle aufgrund des mit der Leitung verbundenen Organisationsermessens.

Auch die Vorlage eines Attests, nach dem bei dem Arbeitnehmer ein erhöhtes Risiko einer Covid-19-Infektion besteht, rechtfertigt keinen Anspruch auf einen Homeoffice-Arbeitsplatz (ArbG Augsburg 07.05.2020 - 3 Ga 9/20).

Jedoch kann der Anspruch bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen im Rahmen einer Betriebsvereinbarung / Dienstvereinbarung oder eines Tarifvertrages geregelt werden.

4. Beendigung der Telearbeit

Eine Vereinbarung in einem Arbeitsvertrag bzw. einer Zusatzvereinbarung, welche die Beendigung einer vereinbarten alternierenden Telearbeit für den Arbeitgeber voraussetzungslos ermöglicht und nicht erkennen lässt, dass dabei auch die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind, ist unwirksam (LAG Düsseldorf 10.09.2014 - 12 Sa 505/14).

5. Vereinbarung über Telearbeit

Im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses sollte die Vereinbarung über die Telearbeit u.a. folgende Punkte enthalten:

  • Arbeitszeiten (vorgegebene Anwesenheitszeiten etc.)

  • Übernahme / Abrechnung der Kosten (Einrichtung des Arbeitsplatzes, Post, Telekommunikation, Versicherungen, Fahrkosten in den Betrieb)

  • Haftung für durch den Arbeitnehmer oder dessen Familienangehörige verursachte Schäden

  • Rückkehr in den Betrieb

  • Vorkehrungen zur Gewährleistung des Datenschutzes

  • Zutritts- und Kontrollrecht des Arbeitgebers / Betriebsrats

6. Anforderungen nach der Arbeitsstättenverordnung

Der Arbeitgeber hat nur begrenzt Einfluss auf die Arbeitsumgebung im Rahmen des Telearbeitsplatzes. Gemäß § 3 Abs. 3 ArbStättV gelten für Telearbeitsplätze daher nur § 3 ArbStättV (Gefährdungsbeurteilung), § 6 ArbStättV (Unterrichtung und Unterweisung) sowie die im Anhang 1 Nr. 6.3 ArbStättV geregelten Anforderungen an Bildschirmarbeitsplätze.

7. Mitbestimmung des Betriebsrats

Die Einführung der Telearbeit unterliegt gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats. Nicht zuletzt ist die Änderung eines Arbeitsverhältnisses in Telearbeit als eine Versetzung gemäß § 95 Abs. 3 BetrVG anzusehen: Versetzung im Sinne dieses Gesetzes ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist.

Dies gilt auch für die Beendigung: Die Beendigung alternierender Telearbeit stellt regelmäßig eine Versetzung dar, welche der Zustimmung des Betriebsrats bedarf (LAG Düsseldorf 10.09.2014 - 12 Sa 505/14).

8. Gesetzlicher Unfallschutz

Seit dem 18.06.2021 ist durch die Änderung des § 8 Abs. 1 SGB VII auch das mobile Arbeiten sowie das Arbeiten im Home-Office dem Arbeiten in der Arbeitsstätte des Arbeitgebers gleichgestellt.

In § 8 Abs. 2 Nr. 2a SGB VII wurde auch das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird, in den Versicherungsschutz einbezogen.

Zuvor hatte bereits das BSG den Sturz einer Arbeitnehmerin, die sich auf dem Weg in ihr Home-Office befand, als Arbeitsunfall anerkannt (BSG 27.11.2018 - B 2 U 28/17 R):

"Denn sie legte zum Unfallzeitpunkt einen versicherten Betriebsweg (...) zurück, als sie die Treppe hinabstieg, um in ihrem Büro ("Home Office"), das sich im Kellergeschoss befand, den mitgeführten Laptop anzuschließen und über diesen internetbasiert um 16.30 Uhr mit dem Geschäftsführer der Unternehmerin in Übersee zu telefonieren."

Auch die Rechtsprechung berücksichtigt nunmehr die individuelle Lebensgestaltung der im Homeoffice arbeitenden Arbeitnehmer:

Ein Beschäftigter, der auf dem morgendlichen erstmaligen Weg vom Bett ins Homeoffice stürzt, ist durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt. Dies hat das Bundessozialgericht entschieden (BSG 08.12.2021 - B 2 U 4/21 R): Der Kläger befand sich auf dem Weg zur Arbeitsaufnahme von seinem Schlafzimmer in das eine Etage tiefer gelegene häusliche Büro. Üblicherweise beginnt er dort unmittelbar zu arbeiten, ohne vorher zu frühstücken.

9. Beendigung der Telearbeit

Eine Vereinbarung in allgemeinen Arbeitsvertragsbedingungen, welche die Beendigung einer vereinbarten alternierenden Telearbeit für den Arbeitgeber voraussetzungslos ermöglicht und nicht erkennen lässt, dass dabei auch die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind, ist wegen Abweichung von dem gesetzlichen Leitbild des § 106 Satz 1 GewO unwirksam (LAG Düsseldorf 10.09.2014 - 12 Sa 505/14).

10. Steuerliche Besonderheiten

Die Absetzbarkeit der Einrichtung eines Telearbeitsplatzes als Werbungskosten bestimmt sich nach der Entscheidung BFH 23.05.2006 - VI R 21/03 nach den Umständen der späteren beruflichen Tätigkeit. Unerheblich ist, ob die Telearbeitsplatztätigkeit in dem Jahr der Geltendmachung der Kosten bereits begonnen wurde. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt wurden die Kosten der Einrichtung eines Telearbeitsplatzes als häusliches Arbeitszimmer für einen Arbeitnehmer anerkannt, der an drei Tagen der Woche in dem häuslichen Arbeitszimmer und an zwei Tagen der Woche im Betrieb tätig sein sollte bzw. später tätig war.

11. Streitwert

Der Streitwert eines Rechtsstreits über die Zulässigkeit der Arbeit des Arbeitsnehmers im Homeoffice beträgt ein Brutto-Monatsgehalt (LAG Köln 28.06.2021 - 2 Ta 89/21).

 Siehe auch 

Arbeit auf Abruf

Arbeitszeit

Feste freie Mitarbeit

Mobiles Arbeiten

Sabbatical

OVG Rheinland-Pfalz 24.11.2006 - 2 A 11005/06 (Reisekosten bei Telearbeit)

Boemke: Das Telearbeitsverhältnis. Vertragstypus und Vertragsgestaltung; Betriebs-Berater - BB 2000, 147

Huber: Arbeitsvertrag und betriebsverfassungsrechtliche Besonderheiten; Fachanwalt Arbeitsrecht - FAr 1999, 146

Lissner: Telearbeit im öffentlichen Dienst. Nur Werbeslogan oder Wegweiser?; Der öffentliche Dienst - DÖD 2014, 158

Nägele: Der Telearbeitsvertrag; Arbeitsrechts-Berater - ArbRB 2002, 313

Rieble/Picker: Arbeitsschutz und Mitbestimmung bei häuslicher Telearbeit; Zeitschrift für Arbeitsrecht - ZFA 2013, 383

Schmechel: Die Rolle des Betriebsrats bei der Einführung und Durchführung von Telearbeit; Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht - NZA 2004, 237