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Teilzeitarbeit - Verteilung der Arbeitszeit

 Normen 

§ 8 Abs. 2 - 5 TzBfG

§ 9a Abs. 3 TzBfG

§ 611a BGB

§ 315 BGB

 Information 

1. Allgemein

Grundsätzlich obliegt die Bestimmung über die Lage bzw. Verteilung der Arbeitszeit dem Arbeitgeber aufgrund des ihm obliegenden Direktionsrechts. Eine gesonderte Regelung besteht jedoch bei der Teilzeitarbeit:

Der die Verringerung seiner Arbeitszeit beantragende Arbeitnehmer soll in dem Antrag auf Teilzeitarbeit die von ihm gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben. Dabei kann der Arbeitnehmer sein Verlangen nach Verringerung der Arbeitszeit in der Weise mit einem konkreten Verteilungswunsch verbinden, dass er sein Änderungsangebot von der gewünschten Arbeitszeitverteilung abhängig macht.

Haben die Arbeitsvertragsparteien sich auf eine Teilzeitarbeit bzw. die weitere Verringerung der Arbeitszeit bei einer bereits bestehenden Teilzeitarbeit geeinigt, so ist die Frage der Verteilung der verringerten Arbeitszeit in der Praxis eine häufig umstrittene Frage. Dabei bestehen gemäß § 8 TzBfG folgende Vorgaben:

  1. a)

    Der Arbeitgeber hat der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen und ihre Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen (s.u.).

    Die Entscheidung ist dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung in Textform mitzuteilen.

    Hinweis:

    Zum 01.01.2020 wurde die von dem Arbeitgeber einzuhaltende Form von der Schriftform auf die Textform gelockert. Damit reicht es nunmehr aus, wenn die Erklärung dem Arbeitnehmer als Fax oder Mail zugeht, auch eine eigenhändige Unterschrift ist nicht mehr notwendig.

  2. b)

    Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Verteilung der Arbeitszeit kein Einvernehmen erzielt und hat der Arbeitgeber nicht spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Arbeitszeitverringerung die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit in Textform abgelehnt, gilt die Verteilung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers als festgelegt.

    Erklärt der Arbeitgeber anschließend eine Änderungskündigung mit dem Ziel, diesen Rechtszustand zu beseitigen, kann er im Kündigungsschutzrechtsstreit zur Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen grundsätzlich nur solche Tatsachen vortragen, die er dem Teilzeitverlangen des Arbeitnehmers vor Ablauf der einmonatigen Frist nicht hätte entgegenhalten können (BAG 20.01.2015 - 9 AZR 860/13).

  3. c)

    Der Arbeitgeber kann die festgelegte Verteilung der Arbeitszeit wieder ändern, wenn das betriebliche Interesse daran das Interesse des Arbeitnehmers an der Beibehaltung erheblich überwiegt und der Arbeitgeber die Änderung spätestens einen Monat vorher angekündigt hat.

Der Arbeitnehmer ist nicht auf das vertraglich vereinbarte Modell der Arbeitszeitverteilung beschränkt. § 8 TzBfG begründet nicht nur für die Verringerung der Arbeitszeit, sondern auch für ihre Verteilung bis zu den Grenzen des Rechtsmissbrauchs einen Anspruch auf Vertragsänderung (BAG 18.08.2009 - 9 AZR 517/08).

§ 11 Abs. 1 TVöD gewährt Beschäftigten unter den dort genannten Voraussetzungen nur einen Anspruch auf Verringerung der vertraglich festgelegten Arbeitszeit. Die Vorschrift begründet jedoch keine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitsvertrag hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit zu ändern (BAG 16.12.2014 - 9 AZR 915/13).

2. Entgegenstehende betriebliche Gründe

Der Verteilungswunsch des Arbeitnehmers kann aus betrieblichen Gründen abgelehnt werden. Gemäß § 8 Absatz 4 TzBfG ist ein entgegenstehender betrieblicher Grund insbesondere dann gegeben, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht.

Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18.02.2003 - 9 AZR 164/02 hat die Prüfung der entgegenstehenden betrieblichen Gründe in drei Schritten zu erfolgen:

  1. a)

    Zunächst ist das vom Arbeitgeber aufgestellte und durchgeführte Organisationskonzept festzustellen, das der vom Arbeitgeber als betrieblich erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung zugrunde liegt.

  2. b)

    Dann ist zu überprüfen, ob die vom Organisationskonzept bedingte Arbeitszeitregelung tatsächlich der gewünschten Änderung der Arbeitszeit entgegensteht.

  3. c)

    Abschließend ist zu prüfen, ob das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe so erheblich ist, dass die Erfüllung des Arbeitszeitwunsches des Arbeitnehmers zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Arbeitsorganisation, des Arbeitsablaufs, der Sicherung des Betriebs oder zu einer unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Belastung des Betriebs führen würde.

Ein betrieblicher Grund in diesem Sinne kann auch eine bestehende Betriebsvereinbarung sein, nach der die Lage der Arbeitszeit bei einer Teilzeitbeschäftigung verbindlich geregelt ist. Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16.03.2004 - 9 AZR 323/03 ist die Betriebsvereinbarung aber nur dann verbindlich, wenn durch den konkreten Arbeitszeitwunsch des Mitarbeiters die allgemeinen Interessen der Belegschaft berührt werden und somit ein kollektiver Bezug des Arbeitszeitverlangens vorliegt. Allgemeine Interessen sind immer dann betroffen, wenn eine Maßnahme sich auf den ganzen Betrieb oder eine Gruppe von Arbeitnehmern bezieht.

Lehnt der Arbeitgeber den Teilzeitarbeitsanspruch bzw. die von dem Arbeitnehmer vorgetragene Verteilung der Arbeitszeit mit entgegenstehenden betrieblichen Gründen ab, muss er auch darlegen, dass auch einer anderen Verteilung der Arbeitszeit durch Ausübung seines Direktionsrechts betriebliche Gründe entgegenstehen würden (BAG 08.05.2007 - 9 AZR 1112/06).

3. Rechtsmissbrauch

Bei der Beantragung der Teilzeitarbeit bestehen keine Vorgaben hinsichtlich des Umfangs der Vertragsänderung. Beantragt werden kann grundsätzlich auch eine minimale Arbeitszeitreduzierung. Aber: Liegen im Einzelfall besondere Umstände vor, die darauf schließen lassen, der Arbeitnehmer wolle die ihm gemäß § 8 TzBfG zustehenden Rechte zweckwidrig dazu nutzen, unter Inkaufnahme einer unwesentlichen Verringerung der Arbeitszeit und der Arbeitsvergütung eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit zu erreichen, auf die er ohne die Arbeitszeitreduzierung keinen Anspruch hätte, kann dies die Annahme eines gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßenden rechtsmissbräuchlichen Verringerungsverlangens rechtfertigen (BAG 11.06.2013 - 9 AZR 786/11).

 Siehe auch 

Arbeit auf Abruf

Arbeitsplatzteilung

Brückenteilzeit

Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse

Gleichbehandlungsgrundsatz

Teilzeitarbeit

Teilzeitarbeit - Erhöhung der Arbeitszeit

Teilzeitarbeit - Diskriminierungsverbot

Teilzeitarbeit - Öffentlicher Dienst

Überstunden

Sievers: TzBfG. Kommentar; 6. Auflage 2019