Rechtswörterbuch

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Rücknahme eines Verwaltungsaktes

 Normen 

§ 48 VwVfG

§ 50 VwVfG

§ 44 SGB X

§ 130 AO

 Information 

1. Allgemein

Aufhebung eines rechtswidrigenVerwaltungsaktes.

Es wird zwischen folgenden Formen der Rücknahme unterschieden:

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts ist die Sach- und Rechtslage bei seinem Erlass.

Die Rücknahme selbst ist ebenfalls ein Verwaltungsakt.

Die Rücknahmeregelung in § 48 VwVfG ist gegenüber Rücknahmeregelungen spezieller Gesetze subsidiär.

2. Die Rücknahme eines rechtswidrigen belastenden Verwaltungsakts

Ein rechtswidriger belastender Verwaltungsakt kann mit Wirkung für die Vergangenheit und für die Zukunft zurückgenommen werden. Die Rücknahme steht im Ermessen der Verwaltung.

Bei der Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes über eine Sozialleistung wird diese gemäß § 44 SGB X längstens für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erstattet.

Bei Leistungen nach dem SGB XII wird der rückwirkende Erstattungszeitraum gemäß § 116a SGB XII auf ein Jahr beschränkt.

3. Die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts

Bei rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakten ist zu differenzieren:

  1. a)

    Der Verwaltungsakt betrifft Geldleistungen oder teilbare Sachleistungen (Leistungsbescheide):

    Diese Leistungsbescheide dürfen nicht zurückgenommen werden, wenn der Adressat auf der Richtigkeit des Bescheides vertraut hat und sein Vertrauen schutzwürdig ist.

    Das Vertrauen ist schutzwürdig, wenn der Betroffene die Leistungen verbraucht hat oder Vermögensdispositionen getroffen hat, die er nicht oder nur schwer rückgängig machen kann.

    Nicht verbraucht ist Geld, das zur Kredittilgung verwendet wurde oder mit dem Sachwerte angeschafft wurden, die wertmäßig noch im Vermögen des Betroffenen vorhanden sind.

  2. b)

    Übrige Verwaltungsakte:

    Die Rücknahme des Verwaltungsakts steht im Ermessen der Behörde, begründet aber einen Anspruch auf den Ausgleich des Vertrauensschadens für den Betroffenen.

4. Frist

Die Rücknahmemöglichkeit eines rechtswidrigen Verwaltungsakts ist befristet. Die Behörde kann den Verwaltungsakt nur innerhalb eines Jahres zurücknehmen, nachdem sie von den die Rechtswidrigkeit begründenden Tatsachen Kenntnis erhalten hat.

Eine Ausnahme besteht, wenn der Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt wurde.

5. Zuständigkeit

Sachlich zuständig ist die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach den Gegebenheiten im Zeitpunkt der Rücknahme gemäß § 3 VwVfG.

Beispiel:

Der Führerschein wurde von dem Straßenverkehrsamt in Detmold ausgestellt. Der Inhaber wohnt nun in Göttingen. Örtlich zuständig für die Rücknahme ist nun das Straßenverkehrsamt in Göttingen.

 Siehe auch 

Abhilfebescheid

Verwaltungsakt

Widerruf eines Verwaltungsaktes

BVerwG 28.01.2010 - 3 C 17/09 (Ausgleich des Vermögensnachteils bei untergeordneter Mitverantwortung des Betroffenen für die Rechtswidrigkeit des zurückgenommenen Verwaltungsaktes)

BVerwG 22.10.2009 - 1 C 26/08 (Rücknahme einer rechtskräftig gerichtlich bestätigten Ausweisung)

BVerwG 20.12.1999 - 7 C 42/98 (Rechtswidrigkeit aufgrund sachlich unzuständiger Behörde)

BVerwG 22.09.1993 - 2 C 34/91 (Vertrauensschutz)

BVerwG 28.01.1993 - 2 C 15/91 (Kein Verbrauch bei Kredittilgung oder Anschaffung)

BVerwG 08.06.1989 - 5 C 38/86 (Rücknahme eines BaföG-Bescheides)

BVerwG 19.07.1985 - 4 C 24/82 (Fristbeginn)

Ehlers/Kallerhoff: Die Rücknahme von Verwaltungsakten; Jura 2009, 823

Hartmann: Rücknahme und Widerruf von Steuerverwaltungsakten nach § 130 AO und § 131 AO; Steuer & Studium - SteuerStud 2009, 15

Ludwigs: Der Anspruch auf Rücknahme rechtswidriger belastender Verwaltungsakte; Deutsches Verwaltungsblatt - DVBl. 2008, 1164

Sartorius/Bubeck: Die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes nach § 44 SGB X; Zeitschrift für die Anwaltspraxis - ZAP 2009, 72

Sosnitza: Rücknahme und Rückruf nach Art. 14, 19 Basisverordnung; Zeitschrift für das gesamte Lebensmittelrecht - ZLR 2009, 299