Rechtswörterbuch

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Rechtsakte der EU

 Normen 

EUV

Art. 288 - 299 AEUV

 Information 

1. Allgemein

Das europäische Recht umfasst alle Regelungen, die die EU-Mitgliedstaaten untereinander sowie mit anderen Staaten/Organisationen getroffen haben. Es ist zwischen der nationalen und der internationalen Rechtsebene als eine Art supranationales Recht zu verstehen. Das Recht der EU ist eine unabhängige Rechtsordnung, die gegenüber den nationalen Rechtsvorschriften Vorrang hat.

Man unterscheidet drei Formen des Gemeinschaftsrechts:

  • das Primärrecht

  • das Sekundärrecht (d.h. die Rechtsakte der EU)

  • die völkerrechtlichen Abkommen der EU mit anderen Staaten/Organisationen, z.B. der geplanten Beitritt der EU zur Europäische Menschenrechtskonvention

2. Primärrecht

Das Primärrecht der EU kann als eine Art Verfassung der Europäischen Union angesehen werden. Es ist jedoch nicht mit der eigentlichen Europäischen Verfassung zu verwechseln. Hierarchisch steht das Primärrecht über dem Sekundärrecht.

Das Primärrecht umfasst

  • den Vertrag über die Europäische Union

  • den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

  • die Protokolle zu den Verträgen

  • die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts:

    Die allgemeinen Grundsätze des EU-Rechts wurden durch den Europäischen Gerichtshof entwickelt. Es handelt sich dabei u.a. um folgende Grundsätze:

    • Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel

    • Willkürverbot

    • Grundsatz des Vertrauensschutzes

    • Grundsatz der Rechtssicherheit

    • Recht auf einen fairen Prozess

Grundsätzlich gelten die Vorschriften des Primärrechts nur für die Organe der EU. Sie sind für natürliche und juristische Personen der Mitgliedsländer jedoch bei Vorliegen der folgenden Voraussetzungen unmittelbar anwendbar, d.h. sie begründen unmittelbar Rechte und Pflichten:

  • Die Vorschrift muss nicht in das Recht der Mitgliedstaaten umgesetzt werden.

  • Sie ist hinreichend bestimmt.

  • Sie verleiht dem Einzelnen Rechte und Pflichten.

3. Rechtsakte der EU / Sekundärrecht

Die Rechtsakte der EU werden von den Organen der EU aufgrund der in dem Primärrecht geregelten Grundlagen zur Ausübung ihrer Zuständigkeiten erlassenen.

Rechtsgrundlagen sind die Art. 288 - 299 AEUV.

Gemäß Art. 288 AEUV bestehen folgende Rechtsakte der EU:

  1. a)

    Verbindliche Rechtsakte:

    • EU-Verordnung:

      Die EU-Verordnung ist das eigentliche Gesetz der EU. Sie dient der unmittelbaren und generellen Regelung des Lebenssachverhalts. Sie ist in allen Teilen verbindlich und gilt unmittelbar, d.h. ohne jeden zusätzlichen nationalen Mitwirkungsakt in den einzelnen Mitgliedsländern. Sie genießt Vorrang vor dem nationalen Recht. Eine EU-Verordnung muss im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden, um in Kraft treten zu können.

    • EU-Richtlinien:

      Die EU-Richtlinie ist ein Rahmengesetz. Die Mitgliedsstaaten haben dieses Rahmengesetz mit eigenem Recht auszufüllen. Sie ist im Hinblick auf das zu erreichende Ziel verbindlich, überlässt aber den nationalen Stellen die Wahl der Mittel. Auch EU-Richtlinien sind im Amtsblatt der EU zu veröffentlichen.

    • Beschlüsse (vormals als Entscheidungen bezeichnet)

  2. b)

    Unverbindliche Rechtsakte:

    • Empfehlungen

    • Stellungnahmen

Rechtsakte des Sekundärrechts werden im Amtsblatt der Europäischen Union der Reihen L und C veröffentlicht (http://eur-lex.europa.eu/JOIndex.do?ihmlang=de).

Daneben sind sonstige Handlungsformen anerkannt, die in Art. 288 AEUV nicht gesondert aufgeführt sind. Hierbei handelt es sich u.a. um allgemeine Leitlinien, Urteile und Beschlüsse des Gerichtshofes der Europäischen Union und des Gerichts der Europäischen Union oder Rahmenregelungen, wie z.B. im Beihilfenrecht der EU.

 Siehe auch 

Europäische Union - Organe

Legislative

Verstärkte Zusammenarbeit

Vertragsverletzungsverfahren in der EU

Jarass: Bedeutung der EU-Rechtsschutzgewährleistung für nationale und EU-Gerichte; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2011, 1393

Pechstein/Kubicki: Gültigkeitskontrolle und Bestandskraft von EU-Rechtsakten; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2005, 1825