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Personenbedingte Kündigung

 Normen 

§ 1 Abs. 2 KSchG

 Information 

1. Einführung

Die personenbedingte Kündigung ist eine der drei Möglichkeiten, durch die eine Kündigung, bei der das Kündigungsschutzgesetz zu beachten ist, sozial gerechtfertigt und somit wirksam wird.

Eine personenbedingte Kündigung liegt vor, wenn die zur Kündigung führenden Gründe vom Arbeitnehmer nicht steuerbar sind, sondern in seiner Person oder seinen Eigenschaften liegen.

Vor dem Ausspruch einer personenbedingten Kündigung muss der Arbeitnehmer nicht abgemahnt worden sein.

Die wichtigsten personenbedingten Kündigungsgründe sind im Einzelnen:

2. Leistungsschwäche

2.1 Minderleistung eines Mitarbeiters allgemein

Bei der Minderleistung eines Mitarbeiters ("Low Performer") ist zunächst zu unterscheiden, ob es sich um eine willentliche Minderleistung handelt oder ob der Arbeitnehmer trotz aller Anstrengungen nicht die vertraglich geschuldete Leistung erbringen kann.

Aber aufgrund der schwierigen Abgrenzung ist im Zweifel zur Sicherheit von einer willentlichen Minderleistung auszugehen:

"Auch bei einem leitenden Mitarbeiter setzt eine auf Leistungsmängel gestützte Kündigung in der Regel eine vorangegangene vergebliche Abmahnung voraus" (LAG Köln 23.05.2002 - 7 Sa 71/02).

Dies gilt auch für Führungskräfte:

"Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, wonach das Fehlen sog. Führungseigenschaften bei einem leitenden Mitarbeiter stets auf einer von der Natur mitgegebenen Veranlagung beruhe, die nicht an das subjektive Wollen gebunden sei" (LAG Köln siehe oben).

Bei einer in der Person des Mitarbeiters begründeten Minderleistung ist es für den Erfolg eines etwaigen Kündigungsschutzprozesses förderlich, wenn der Arbeitgeber zunächst versucht hat, die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers durch Qualifikationsmaßnahmen / Fortbildungen zu steigern.

2.2 Krankheitsbedingte Leistungsminderung

Voraussetzung einer Kündigung ist, dass die Leistungsminderung zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führt (BAG 26.09.1991 - 2 AZR 132/91). Zudem darf im Unternehmen kein leidensgerechter Arbeitsplatz zur Verfügung stehen.

Dies wird im Rahmen einer Interessenabwägung geprüft.

3. Krankheit

Die "Krankheitsbedingte Kündigung" ist ein Unterfall der personenbedingten Kündigung.

4. Suchterkrankung

Eine Kündigung kann durch Gründe in der Person des Arbeitnehmers bedingt sein, wenn im Kündigungszeitpunkt die Prognose gerechtfertigt ist, der Arbeitnehmer biete aufgrund einer Alkoholerkrankung dauerhaft nicht die Gewähr, seine vertraglich geschuldete Tätigkeit ordnungsgemäß zu erbringen:

Für die anzustellende Prognose kommt es entscheidend darauf an, ob die Bereitschaft des Arbeitnehmers besteht, eine Entziehungskur oder Therapie durchzuführen. Lehnt er dies ab, kann in aller Regel davon ausgegangen werden, dass er von seiner Alkoholabhängigkeit in absehbarer Zeit nicht geheilt wird.

Eine Alkoholerkrankung berechtigt den Arbeitgeber nicht nur dann zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses, wenn sie mit beträchtlichen Fehlzeiten des Arbeitnehmers einhergeht. Eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen kann sich auch daraus ergeben, dass die Verrichtung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit mit einer beachtlichen Selbst- und Fremdgefährdung des Arbeitnehmers oder dritter Personen verbunden ist und der Arbeitnehmer mangels Fähigkeit zur Alkoholabstinenz nicht die erforderliche Gewähr dafür bietet, bei seiner Arbeitsleistung einschlägige Unfallverhütungsvorschriften ausnahmslos zu beachten (BAG 20.03.2014 - 2 AZR 565/12).

5. Fehlende Eignung

Hierunter wird die mangelnde persönliche bzw. fachliche Eignung des Mitarbeiters gefasst. Diese kann auch nachträglich aufgrund der veränderten Arbeitsanforderungen des Betriebes eintreten (z.B. Umstellung auf IT). Beruht die mangelnde Eignung auf einem fehlenden Willen des Arbeitnehmers, so sind die Grundsätze der verhaltensbedingten Kündigung anwendbar.

Außerdienstlich begangene Straftaten eines im öffentlichen Dienst mit hoheitlichen Aufgaben betrauten Arbeitnehmers können auch dann zu einem Eignungsmangel führen, wenn es an einem unmittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis fehlt. Ein solcher Eignungsmangel kann etwa gegeben sein, wenn das außerdienstliche strafbare Verhalten die konkrete Besorgnis begründet, der Arbeitnehmer könne auch im dienstlichen Zusammenhang mit den gesetzlichen Vorgaben in Konflikt geraten (BAG 10.04.2014 - 2 AZR 684/13).

"Eine Kündigung ist trotz Vorliegens von Gründen in der Person des Arbeitnehmers wegen Fehlens der Eignung für die vertraglich geschuldete Tätigkeit durch diese nicht "bedingt" iSv. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn die Möglichkeit besteht, den Arbeitnehmer zu anderen (ggf. auch schlechteren) Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen, unter denen sich die eingetretene Vertragsstörung nicht mehr, zumindest nicht mehr in erheblicher Weise auswirkt. Das gilt auch bei Eignungsmängeln aufgrund außerdienstlicher Straftaten, es sei denn, dem Arbeitnehmer fehlte aufgrund ihrer zwangsläufig die Eignung für sämtliche in Betracht kommenden Tätigkeiten" (BAG 20.06.2013 - 2 AZR 583/12).

6. Fehlende Arbeitsvoraussetzungen

Wird dem Arbeitnehmer eine Arbeitsvoraussetzung (Fahrerlaubnis, Fluglizenz, Gewerbeerlaubnis etc.) nachträglich entzogen, so kann eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein. Es bestehen folgende Grundsätze:

  • Nach der Rechtsprechung gilt im Kündigungsschutzrecht allgemein der Grundsatz, dass eine Beendigungskündigung erst in Betracht kommt, wenn der Arbeitnehmer während der Dauer des Entzugs nicht an einem anderen Arbeitsplatz vorübergehend weiterbeschäftigt werden kann - unter Umständen auch zu schlechteren Arbeitsbedingungen (LAG Mecklenburg-Vorpommern 04.07.2007 - 2 TaBV 5/07).

  • Die Entziehung der Fahrerlaubnis eines Berufskraftfahrers ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung abzugeben. Dies gilt auch für den Fall, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis infolge einer privaten Trunkenheitsfahrt erfolgte (LAG Schleswig-Holstein 03.07.2014 - 5 Sa 27/14).

  • Dieser Grundsatz ist auf eine Maklerbetreuerin einer Versicherungsgesellschaft (oder eine vergleichbaren Angestellten) nicht übertragbar, wenn dieser zwar ein Dienstfahrzeug für die Besuchsfahrten zu den Maklern zur Verfügung gestellt worden ist, der Nutzungsvertrag es jedoch zulässt, dass das Firmenfahrzeug von Dritten gefahren werden darf und die Arbeitnehmerin während der Sperrzeit angeboten hat, sich von einem Verwandten fahren zu lassen (LAG Schleswig-Holstein 03.07.2014 - 5 Sa 27/14).

  • Der Entzug bzw. der Verlust einer Betriebsfahrberechtigung kann grundsätzlich nicht dem Verlust einer behördlich bzw. gesetzlich vorgeschriebenen Fahrerlaubnis gleichgestellt werden. Solche innerbetrieblichen Fahrerlaubnisse werden nach vom Arbeitgeber selbst aufgestellten Regeln zusätzlich zum Führerschein erteilt bzw. können wieder entzogen werden (BAG 05.06.2008 - 2 AZR 984/06).

7. Haft des Mitarbeiters

Das Bundesarbeitsgericht hat mit der Entscheidung BAG 25.11.2010 - 2 AZR 984/08 die Voraussetzungen einer haftbedingten Kündigung aufgestellt:

"Voraussetzung einer - ordentlichen wie außerordentlichen - Kündigung wegen haftbedingter Arbeitsverhinderung ist, dass der Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig erhebliche Zeit nicht in der Lage sein wird, seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen (...). Die Nichterfüllung der Arbeitspflicht muss sich außerdem nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken. Da der Arbeitgeber im Fall der haftbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers typischerweise von der Lohnzahlungspflicht befreit ist (...), hängt es von der Dauer sowie von Art und Ausmaß der betrieblichen Auswirkungen ab, ob die Inhaftierung geeignet ist, einen Grund zur Kündigung abzugeben (...). Der Darlegung konkreter Betriebsablaufstörungen bedurfte es angesichts der vom Kläger noch zu verbüßenden, 24 Monate übersteigenden Freiheitsstrafe nicht."

Der Arbeitgeber kann jedoch ggf. verpflichtet sein, den Arbeitnehmer bei der Erreichung möglicher Maßnahmen der Vollzugslockerung, insbesondere der Erlangung des Freigängerstatus zu unterstützen, sofern dies für ihn selbst nicht risikobehaftet ist (BAG 24.03.2011 - 2 AZR 790/09).

8. Verdacht einer Straftat

Siehe den Beitrag "Verdachtskündigung".

 Siehe auch 

AIDS

Arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer

Außerordentliche Kündigung

Betriebliches Eingliederungsmanagement

Betriebsbedingte Kündigung

Krankheitsbedingte Kündigung

Kündigung

Kündigungsfrist - Arbeitsrecht

Kündigungsschutz

Leidensgerechter Arbeitsplatz

Verhaltensbedingte Kündigung

Verhaltensbedingte Kündigung - Einzelfälle

BAG 23.05.2013 - 2 AZR 120/12 (Voraussetzungen einer personenbedingten Kündigung wegen Arbeitsverhinderung durch Untersuchungshaft)

BAG 24.02.2011 - 2 AZR 636/09 (Kündigung aufgrund der Weigerung der Ausführung der Arbeit aus religiösen Gründen)

BAG 26.11.2009 - 2 AZR 272/08 (Personenbedingte Kündigung wegen Entzug der Zugangsermächtigung zum Umgang mit Verschlusssachen)

BAG 18.09.2008 - 2 AZR 976/06 (Kündigung einer studentischen Hilfskraft bei Exmatrikulation)

BAG 11.12.2003 - 2 AZR 667/02 (Kündigung wegen Minderleistung)

BAG 12.04.2002 - 2 AZR 148/01 (Kündigung gerechtfertigt, wenn in den nächsten 24 Monaten keine andere Prognose)

BAG 29.04.1999 - 2 AZR 431/98 (Voraussetzungen einer Kündigung wegen einer Langzeiterkrankung)

Friemel/Walk: Neues zur Schlecht- und Minderleistung; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2010, 1557

Hubert: Personenbedingte Kündigung; Arbeitsrecht des öffentliches Dienstes - AöD 2012, 361

Howald; Krankheits- / Personenbedingte Kündigung im öffentlichen Dienst; Zeitschrift für das öffentliche Arbeits- und Tarifrecht - öAT 2015, 140

Korinth: Die, nicht krankheitsbedingte, personenbedingte Kündigung. Voraussetzungen, Anwendungsbeispiele und aktuelle Rechtsprechung; Arbeits-Rechts-Berater - ArbRB 2019, 220

Sartorius/Rambach: Die personenbedingte Kündigung, Zeitschrift für die Anwaltspraxis - ZAP 2010, 603