Rechtswörterbuch

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Freiheitsstrafe

 Normen 

§ 38 StGB

§ 57a StGB

 Information 

1. Allgemein

Die im Gesetz angedrohten Freiheitsstrafen unterteilen sich in:

  • nur lebenslange Freiheitsstrafen (Mord oder Völkermord)

  • lebenslange oder zeitige Freiheitsstrafen (z.B. besonders schwere Brandstiftung)

  • nur zeitige Freiheitsstrafen (z.B. Körperverletzung)

Hinweis:

Als "Ersatzfreiheitsstrafe" wird eine Freiheitsstrafe bezeichnet, die an die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe tritt.

2. Zeitige Freiheitsstrafe

Die Höhe einer zeitigen, d.h. zeitlich begrenzten Freiheitsstrafe wird grundsätzlich in einem zeitlichem Rahmen vorgegeben.

Das Höchstmaß der zeitigen Freiheitsstrafe ist fünfzehn Jahre, ihr Mindestmaß ein Monat. Die Strafgesetze ordnen nie eine bestimmte Freiheitsstrafe für ein Delikt an, sondern geben dem Gericht einen Rahmen für einen Ermessensspielraum vor. Eine Freiheitsstrafe kann zur Bewährung ausgesetzt werden.

Auch bei der Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe darf das Höchstmaß von 15 Jahren nicht überschritten werden.

3. Lebenslange Haftstrafe

Die lebenslange Freiheitsstrafe kann verhängt werden, wenn sie im anzuwendenden Gesetz besonders vorgesehen ist (z.B. bei Totschlag).

Grundsätzlich bedeutet "Lebenslang" bis zum Lebensende. Das Bundesverfassungsgericht hat aber entschieden, dass auch ein derart Verurteilter eine Chance auf Entlassung haben muss.

Daher kann ein Verurteilter nach 15 Jahren erstmals beantragen, auf Bewährung freigelassen zu werden. Dazu müssen folgende Voraussetzungen vorliegen, die in § 57a StGB geregelt sind:

  • Fünfzehn Jahre der Strafe sind verbüßt.

  • Im Urteil wurde seinerzeit nicht die besondere Schwere der Schuld festgestellt.

  • Die Voraussetzungen des § 57 StGB liegen vor, d.h. eine günstige Sozialprognose besteht und der Gefangene willigt ein.

    Dabei hat das zu entscheidende Gericht sich von Verfassungs wegen um eine möglichst breite Tatsachenbasis für die Prognose zu bemühen und alle prognoserelevanten Umstände besonders sorgfältig zu klären. Vollzugslockerungen haben für die Prognose besondere Bedeutung (BVerfG 30.04.2009 - 2 BvR 2009/08).

Liegen die Voraussetzungen vor, hat der Gefangene einen Rechtsanspruch auf die Entlassung und die Aussetzung seiner Reststrafe zur Bewährung.

Hat das Gericht im Urteil "eine besondere Schwere der Schuld" festgestellt, entscheidet nach 15 Jahren eine Strafvollstreckungskammer, wie viele Jahre der Häftling noch zu verbüßen hat, bevor eine Entlassung auf Bewährung infrage kommt.

Auch bei der Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe ist ein Härteausgleich für erledigte, an sich gesamtstrafenfähige Vorstrafen im Vollstreckungsmodell zu gewähren (BGH 20.01.2010 - 2 StR 403/09).

4. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 47 Abs. 3 StPO ist die Rechtsgrundlage für die zunächst weitere Inhaftierung des Gefangenen nach einer erfolgreichen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

Wird mit der Wiedereinsetzung die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung durchbrochen, so werden die vorherigen Haft- und Unterbringungsbefehle sowie sonstige Anordnungen, die unmittelbar vor dem Eintritt der Rechtskraft bestanden haben, wieder wirksam.

Die Anforderungen des Art. 104 GG, nach dem die Freiheit der Person nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden kann, wird durch § 47 Abs. 3 S. 2 StPO Rechnung getragen. Danach hat das die Wiedereinsetzung gewährende Gericht zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Haft- bzw. Unterbringungsbefehls noch vorliegen. Liegen die Voraussetzungen nicht mehr vor, sind die Anordnungen aufzuheben, andernfalls ist zumindest eine Haftprüfung vorzunehmen.

Hintergrund der Norm ist das Urteil BVerfG 18.08.2005 - 2 BvR 1357/05, nach dem die damalige Praxis der Haftfortführung nach einem erfolgreichen Wiedereinsetzungsantrag ohne gesetzliche Grundlage für verfassungswidrig erklärt wurde.

 Siehe auch 

Bewährung

Bewährungshilfe

Geldstrafe

Haftbefehl

Strafen

Sicherungsverwahrung

Therapieunterbringung

Verdacht

BVerfG 05.08.2010 - 2 BvR 729/08 (fehlende Erprobung des Gefangenen in Lockerungen)

BVerfG 06.07.2005 - 2 BvR 2259/04 (keine Aussetzung der Auslieferung eines US-Bürgers bei drohender lebenslanger Freiheitsstrafe)

BVerfG 23.09.1991 - 2 BvR 1327/89

Bilsdorfer: Klarere Strafzumessungsregeln bei Steuerhinterziehung; Neue Juristische Wochenschrift 2009, 476

Hillenbrand: Die kurze Freiheitsstrafe: eine zu häufige Ausnahme; StrafRechtsReport - StRR 2015, 168

Kudlich/Koch: Das Ringen um die richtige Strafzumessung; Neue Juristische Wochenschrift 2018, 2762

Mosbacher: Freiheit durch Säumnis: Keine Haftfortdauer bei Wiedereinsetzung; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2005, 3110