Rechtswörterbuch

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach Themen im Rechtswörtebuch zu suchen!

Erbengemeinschaft - ungeteilt

 Normen 

§§ 2032 - 2041 BGB

§ 1629a BGB

 Information 

1. Allgemein

Gesamtheit der Erben eines Erblassers bis zur Auseinandersetzung.

Die ungeteilte Erbengemeinschaft ist eine der fünf Gesamthandsformen.

Hinweis:

Die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ist nicht zwingend. Die Erbengemeinschaft kann die Erbschaft gemeinschaftlich fortsetzen bzw. muss dies machen, wenn der Erblasser die Auseinandersetzung ausgeschlossen hat oder die Voraussetzungen der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nicht vorliegen.

In diesen Fällen gelten die Beschränkungen einer Gesamthandsgemeinschaft.

2. Ordnungsgemäße Verwaltung

Die Verwaltung des Nachlasses steht allen Erben gemeinschaftlich zu. Die zur Erhaltung notwendigen Maßregeln kann jeder Miterbe ohne Mitwirkung der anderen treffen.

Ein gemeinschaftliches Handeln der Erbengemeinschaft erfordert keine Gleichzeitigkeit. Es genügt das Handeln einzelner unter vorheriger Zustimmung oder nachträglicher Genehmigung der anderen.

Gemäß dem Urteil BGH 28.09.2005 - IV ZR 82/04 gehören zu den mitwirkungspflichtigen Verwaltungsmaßregeln der einzelnen Miterben auch Verfügungen über einzelne Nachlassgegenstände.

Nach neuerer Rechtsprechung des BGH ist bei der Ausübung von Gestaltungsrechten im Rahmen eines bestehenden Vertragsverhältnisses eine Mehrheitsentscheidung der Erbengemeinschaft bei Vorliegen eines Verfügungsgeschäfts zulässig (BGH 08.04.2015 - IV ZR 161/14). Stellt sich die Kündigung eines Darlehens gegenüber einem Miterben als Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung dar, bedarf es dafür nicht der Einstimmigkeitsvoraussetzung, ausreichend ist die Stimmenmehrheit der Erbengemeinschaft (OLG Schleswig 18.09.2014 - 3 U 82/13).

3. Erwerb von Gegenständen für den Nachlass

Miterben können in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit Eigentum für den Nachlass nur im Rahmen von § 2041 BGB erwerben. Diese Beschränkung gilt auch für den Erwerb von Grundeigentum.

Gemäß § 2041 BGB können Gegenständen für den Nachlass durch die folgenden drei Formen erworben werden. Danach gehört das zum Nachlass,

  • was auf Grund eines zum Nachlass gehörenden Rechts, also eines schuldrechtlichen oder dinglichen Anspruchs erworben wird (Rechtssurrogation),

  • was für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung von Nachlassgegenständen kraft Gesetzes erworben wird (Ersatzsurrogation)

  • was durch ein Rechtsgeschäft erworben wird, das sich auf den Nachlass bezieht (Beziehungssurrogation).

    Der BGH hat zu den Voraussetzungen der Beziehungssurrogation wie folgt Stellung genommen:

    "Daher ist die im Falle der Beziehungsurrogation erforderliche Beziehung zwischen Rechtsgeschäft und Nachlass (...) - nach allgemeiner Auffassung gegeben, wenn der Erwerb nach der Willensrichtung des rechtsgeschäftlich Handelnden dem Nachlass zu Gute kommen soll (subjektive Komponente) und weiter ein innerer Zusammenhang mit dem Nachlass besteht (objektive Komponente), der auch in einer wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit begründet sein kann" (BGH 30.06.2017 - V ZR 232/16).

4. Erbteilserwerb durch Dritte

Übertragen Miterben ihre Anteile am Nachlass jeweils zu gleichen Bruchteilen auf mehrere Erwerber, entsteht eine Bruchteilsgemeinschaft nur an den Erbteilen. Hinsichtlich des Nachlasses bleiben die Inhaber der Erbteile gesamthänderisch verbunden (BGH 22.10.2015 - V ZB 126/14).

5. Fortführung eines Handelsgeschäfts

Ein Handelsgeschäft kann in der Rechtsform der ungeteilten Erbengemeinschaft gemeinschaftlich zeitlich unbeschränkt fortgeführt werden, ohne dass eine Handelsgesellschaft gegründet werden muss. Dieses Recht haben aber nur die Miterben, nicht auch deren Nachkömmlinge, denen sämtliche Geschäftsanteile übertragen wurden, auch wenn die Miterben nur Vorerben waren und ihre Nachkömmlinge als Nacherben vorgesehen waren. Zwischen dem Vorerben bzw. Nacherben besteht keine Erbengemeinschaft.

Die Fortführung des Handelsgeschäfts mit einem minderjährigem Kind bedarf, solange kein Gesellschaftsvertrag geschlossen wird, nicht der Zustimmung des Familiengerichts. Diese Möglichkeit der Eltern, Minderjährige dadurch unbeschränkt finanziell zu verpflichten, ist vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig bezeichnet worden.

Infolgedessen wurde die Minderjährigenhaftungsbeschränkung in § 1629a BGB geregelt. Danach haftet der Minderjährige für Verbindlichkeiten, die seine Eltern oder andere vertretungsberechtigte Personen in seinem Namen begründet haben oder die aufgrund eines Erwerbs von Todes wegen angefallen sind, nur mit seinem bei Eintritt der Volljährigkeit vorhandenen Vermögen.

Zugunsten der Gläubiger wirkt aber eine gesetzliche Vermutung nach Absatz 4: Handelte es sich bei dem Minderjährigen um ein Mitglied einer Erbengemeinschaft oder einer Gesellschaft und verlangt der Volljährige nicht innerhalb der ersten drei Monate der Volljährigkeit die Auseinandersetzung oder kündigt er das Gesellschaftsverhältnis, gelten die Verbindlichkeiten im Zweifel als nach dem Eintritt der Volljährigkeit entstanden, die Haftungsbeschränkung greift nicht ein.

 Siehe auch 

Erbauseinandersetzungsklage

Erbengemeinschaft

Erbenhaftung

Erbfolge

Erbrecht des Ehegatten

Erbschaft

Erbschaftsbesitzer

Erbschaftsteuer

Erbschein

Ersatzerbe

Minderjährigenhaftungsbeschränkung

Nacherbe

Testament

Testamentsvollstrecker

BGH 19.09.2012 - XII ZR 151/10 (Ermächtigung eines Teilhabers zur Einziehung einer Nachlassforderung)

BGH 08.11.1984 - II ZR 223/83

BGH 27.10.1986 - II ZR 148/86

Raue: Die ordnungsgemäße Verwaltung eines GmbH-Anteils durch eine Erbengemeinschaft; GmbH-Rundschau - GmbHR 2015, 121

Mahlmann: Die Vertretung Minderjähriger in einer Erbengemeinschaft bei der Veräußerung von Nachlassgegenständen; Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge - ZEV 2009, 320

Raue: Die ordnungsgemäße Verwaltung eines GmbH-Anteils durch eine Erbengemeinschaft; GmbH-Rundschau - GmbHR 2015, 121