Bundesauftragsverwaltung
1. Definition
Als Bundesauftragsverwaltung wird die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder im Auftrag des Bundes bezeichnet. Tatsächlich handelt es sich um Landesverwaltung.
Die Bundesauftragsverwaltung ist eine Form der Gesetzesausführungszuständigkeit (Verwaltungskompetenzen).
2. Anwendungsbereich
Sollen Bundesgesetze durch die Bundesauftragsverwaltung ausgeführt werden, ist dies in den jeweiligen Gesetzen ausdrücklich vorgeschrieben. Eine allgemeine Erfassung der betroffenen Gesetze sieht das Grundgesetz nicht vor.
Beispiele:
Art. 90 GG: Verwaltung der Bundesautobahnen und Fernstraßen
Art. 104a Abs. 3 GG: Finanzhilfen des Bundes
Art. 87b Abs. 2 GG: Verwaltung der Bundeswehr
Die Fälle der Auftragsverwaltung ergeben sich entweder unmittelbar aus dem Grundgesetz (z.B. Art. 90 Abs. 2 GG und Art. 108 Abs. 3 GG) oder aufgrund einer grundgesetzlichen Ermächtigung durch einfaches Gesetz (Art. 87c GG i.V.m. § 24 Abs. 1 AtG; Art. 104a Abs. 3 S. 2 GG i.V.m. §§ 39,56 BAföG).
3. Kontrolle des Bundes
Die Aufsicht erstreckt sich auf die Gesetzmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der Ausführung. Die Landesbehörden unterstehen den Weisungen der zuständigen obersten Bundesbehörden.
Bundesgesetzliche Regelungen zur Einrichtung der Behörden, die Bundesgesetze im Auftrage des Bundes auszuführen haben, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Diese Bestimmung dient dem Schutz der Verwaltungshoheit der Länder.
Es besteht jedoch kein Zustimmungserfordernis für bundesgesetzliche Regelungen des Verwaltungsverfahrens. Soweit die Länder Bundesgesetze als eigene Angelegenheit ausführen sind sie grundsätzlich nicht nur befugt, die Gesetze selbst - durch eigene Behörden - auszuführen, sondern auch berechtigt, innerhalb des jeweiligen materiellrechtlichen Rahmens über die Art und Weise der Gesetzesausführung selbst zu befinden. Ihnen steht nicht nur die Wahrnehmungskompetenz, sondern auch die Sachkompetenz zu (BVerfG 04.05.2010 - 2 BvL 8/07).
4. Abgrenzung
Auftragsverwaltung ist nicht immer dann gegeben, wenn die Länder Bundesgesetze ausführen. Vielmehr werden auch Bundesgesetze - der bundesstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland (Bundesstaat) entsprechend - von den Ländern als "eigene Angelegenheit" ausgeführt (Landeseigener Vollzug von Bundesgesetzen).
Dem Bund steht hier, anders als bei der Auftragsverwaltung kein umfassendes Weisungsrecht und keine Fachaufsicht, sondern nur die Rechtsaufsicht und ein Einzelweisungsrecht in besonderen Fällen zu.
Landeseigener Vollzug von Bundesgesetzen
BVerfG 19.02.2002 - 2 BvG 2/00 (Abgrenzung der Kompetenzen)
BVerfG 03.07.2000 - 2 BvG 1/96 (Begrenzung der Bundesauftragsverwaltung bei Fernstraßen)
BVerfG 02.03.1999 - 2 BvF 1/94 (Erlass von Verwaltungsvorschriften)
BVerwG 11.03.1981 - 4 B 237/80
BAG 29.03.1962 - 2 AZR 365/61 (Bundesauftragsverwaltung als Landesverwaltung)
Nicolaus: Vertragsabschluss- und Prozessführungsbefugnis in der Bundesauftragsverwaltung am Beispiel fernstraßenrechtlicher Folgekostenverfahren; Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - NVwZ 2003, 929
Shirvani: Informales Verwaltungshandeln und Bundesauftragsverwaltung. Zugleich eine Würdigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Biblis-Urteil. Anmerkung zu BVerfG, U. v. 19.02.2002 - 2 BvG 2/00; Bayerische Verwaltungsblätter - BayVBl. 2005, 164