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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 27.07.2011, Az.: BVerwG 8 PKH 4.11
Voliegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs im Falle des Entscheidens über den Antrag des Antragstellers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 27.07.2011
Referenz: JurionRS 2011, 21310
Aktenzeichen: BVerwG 8 PKH 4.11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

OVG Sachsen-Anhalt - 07.04.2011 - AZ: 4 K 332/09

BVerwG, 27.07.2011 - BVerwG 8 PKH 4.11

Redaktioneller Leitsatz:

Darüber, ob eine mündliche Verhandlung gemäß § 47 Abs. 5 S. 1 VwGO entbehrlich ist, entscheidet das Gericht nach richterlichem Ermessen. Eine Beschlussentscheidung ist vor diesem Hintergrund insbesondere dann angezeigt, wenn der Normenkontrollantrag wegen fehlender Antragsbefugnis unzulässig ist.

In der Verwaltungsstreitsache
...
hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Juli 2011
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert und
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg und Dr. Held-Daab
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Antragstellers, ihm für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 7. April 2011 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm Rechtsanwalt Joachim K., K...straße ..., beizuordnen, wird abgelehnt.

Gründe

1

Dem Gesuch um Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für ein noch einzuleitendes Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt ist nicht zu entsprechen. Zwar ist das Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe für die Nichtzulassungsbeschwerde als "Prozessgericht" (§ 166 VwGO, § 117 Abs. 1 ZPO) zuständig. Die Voraussetzungen für die Bewilligung sind aber nicht gegeben, weil die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO). Weder das Vorbringen des Antragstellers noch eine von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der Erfolgsaussicht (vgl. Beschluss vom 12. Februar 1965 - BVerwG 5 ER 224.64 - Buchholz 310 § 166 VwGO Nr. 5) lassen Anhaltspunkte für einen Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO erkennen.

2

Insbesondere liegt kein Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO und kein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) darin, dass das Oberverwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss über den Antrag des Antragstellers entschieden hat. Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden. Darüber, ob eine mündliche Verhandlung entbehrlich ist, entscheidet es nach richterlichem Ermessen (Beschluss vom 20. Dezember 1988 - BVerwG 7 NB 3.88 - BVerwGE 81, 139 <142 f.> m.w.N. = Buchholz 451.22 AbfG Nr. 30). Voraussetzung für eine Entscheidung durch Beschluss ist nicht, dass es sich um einen einfach gelagerten Fall handelt; es kommt vielmehr darauf an, ob der Entscheidung ein unstreitiger oder umfassend aufgeklärter Sachverhalt zugrunde liegt. Eine Beschlussentscheidung ist deshalb insbesondere dann angezeigt, wenn der Normenkontrollantrag wegen fehlender Antragstellungsbefugnis unzulässig ist (vgl. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 47 Rn. 87).

3

Da das Oberverwaltungsgericht den Normenkontrollantrag des Antragstellers wegen fehlender Antragsbefugnis für unzulässig hielt, was es bereits in seinem den Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers ablehnenden Beschluss vom 10. August 2010 dargelegt hatte, stellt sich die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nicht als ermessensfehlerhaft dar. Der Antragsteller hat in seiner Stellungnahme vom 24. März 2011, die auf die Anhörung des Oberverwaltungsgerichts zur Entscheidung durch Beschluss erging, zu seiner Antragsbefugnis keine Ausführungen gemacht, sondern sich auf den Hinweis beschränkt, dass die Begründung des Beschlusses vom 10. August 2010 nicht überzeugen könne. Das Gericht hatte deshalb auch keine Veranlassung anzunehmen, dass in einer mündlichen Verhandlung insoweit neue rechtliche Gesichtspunkte erörtert werden müssten.

4

Der Antragsteller war damals - wie im gesamten Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht bis zum Zeitpunkt der Beschlussfassung - ordnungsgemäß durch seinen ursprünglichen Prozessbevollmächtigten vertreten. Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten gemäß § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. In diesem sog. Anwaltsprozess wird eine Kündigung des Vollmachtvertrages erst durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Anwalts gegenüber dem Gericht rechtlich wirksam. Auf diese Regelung des § 87 Abs. 1 Alt. 2 ZPO, der gemäß § 173 VwGO im Verwaltungsprozess entsprechend anzuwenden ist, ist der Bevollmächtigte des Antragstellers durch Schreiben des Gerichts vom 29. März 2011 nach Mitteilung der Kündigung des Mandats durch den Antragsteller hingewiesen worden. Ein Verfahrensfehler, der zur Zulassung der Revision führen könnte, ist insoweit nicht ersichtlich.

5

Die Entscheidung erfolgte auch durch die gesetzlichen Richter. Die Besetzung des Oberverwaltungsgerichts ändert sich nicht, wenn es im Normenkontrollverfahren nicht aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil, sondern ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheidet (Entscheidung vom 18. September 1985 - BVerwG 2 N 1.84 - BVerwGE 72, 122 f. = Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 14). Ausweislich des Beschlusses vom 7. April 2011 hat das Oberverwaltungsgericht in der Besetzung von drei Richtern und zwei ehrenamtlichen Richtern entschieden, wie es § 4 Abs. 1 und 2 Satz 2 AG VwGO LSA vorsieht. Anhaltspunkte dafür, dass diese nicht zuständig gewesen wären, bestehen nicht.

6

Soweit der Antragsteller meint, gesetzliche Richter seien die Richter des Landesverfassungsgerichts, lässt die Beschwerdebegründung nicht erkennen, weshalb das Oberverwaltungsgericht, nach dessen Auffassung der Normenkontrollantrag unzulässig war, gleichwohl zur Vorlage an das Landesverfassungsgericht verpflichtet gewesen sein sollte.

7

Der vom Antragsteller gerügte Verstoß gegen das Willkürverbot liegt nicht vor. Ob der Antragsteller gemäß § 47 Abs. 2 VwGO antragsbefugt ist, ist eine Rechtsfrage, die einem "naturwissenschaftlich führbaren Beweis" nicht zugänglich ist.

8

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts lässt auch bei einer Prüfung der Erfolgsaussicht der vom Antragsteller beabsichtigten Beschwerde von Amts wegen keinen Grund gemäß § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision erkennen. Die Ausführungen zu § 47 Abs. 1 und 2 VwGO stützen sich überwiegend auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Im Übrigen liegt der Entscheidung nur Landesrecht zugrunde, das nicht revisibel ist (§ 137 Abs. 1 VwGO).

9

Da wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung die Bewilligung der Prozesskostenhilfe ausscheidet, entfällt auch die beantragte Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten gemäß § 121 ZPO.

Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert
Dr. von Heimburg
Dr. Held-Daab

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