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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 18.06.2009, Az.: BVerwG 10 B 7.09
Entfallen des inneren Zusammenhangs zwischen einer länger zurückliegenden Verfolgung und einer späteren Ausreise durch die Annahme einer falschen Identität im Herkunftsland
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 18.06.2009
Referenz: JurionRS 2009, 16015
Aktenzeichen: BVerwG 10 B 7.09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

OVG Nordrhein-Westfalen - 15.10.2008 - AZ: OVG 8 A 40/08.A

BVerwG, 18.06.2009 - BVerwG 10 B 7.09

In der Verwaltungsstreitsache
...
hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Juni 2009
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Mallmann,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Beck und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Oktober 2008, berichtigt durch Beschluss vom 24. November 2008, wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

Dem Kläger kann die beantragte Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nicht gewährt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den nachstehenden Gründen keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

2

Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Dabei kann dahinstehen, ob sich dies schon aus dem Umstand ergibt, dass der Kläger während des Beschwerdeverfahrens am 9. April 2009 bei der Ausländerbehörde eine Verhandlungsniederschrift unterschrieben hat, in der es u.a. heißt, dass er dauerhaft nach Australien ausreise und deshalb die Rücknahme des Antrags auf Anerkennung als Asylberechtigter erkläre. Selbst wenn die von seiner Prozessbevollmächtigten gegen die Wirksamkeit dieser Erklärung vorgebrachten Einwände durchgreifen würden und die Beschwerde nicht schon wegen Fehlens eines Rechtsschutzbedürfnisses zu verwerfen wäre, ist die Beschwerde jedenfalls deshalb unzulässig, weil sie einen Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend darlegt.

3

Die Beschwerde stützt sich allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass eine bestimmte entscheidungserhebliche und verallgemeinerungsfähig zu beantwortende Rechtsfrage aufgeworfen wird, die einer Klärung im Revisionsverfahren bedarf. Eine solche Frage lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen. Die Beschwerde wendet sich dagegen, dass das Oberverwaltungsgericht bei Prüfung der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung des Klägers eine Vorverfolgung verneint hat und hält in diesem Zusammenhang die Frage für grundsätzlich bedeutsam,

"ob bei von Verfolgung Betroffenen, die über einen längeren Zeitraum in ihrer Heimat die Illegalität der sofortigen Ausreise bevorzugen und erst nach der Ausreise, die unter anderen Personalien erfolgt, eine Rückkehr nicht mehr möglich ist, eine Vorverfolgung abgelehnt werden kann, da der innere Zusammenhang zwischen der geltend gemachten Furcht vor Verfolgung und der zuvor erlittenen Verfolgung durch die Annahme der falschen Identität als aufgehoben gelte".

4

Damit und mit dem weiteren Vorbringen der Beschwerde wird eine bestimmte Rechtfrage in dem oben bezeichneten Sinne nicht aufgeworfen. Die Frage, ob die Annahme einer falschen Identität im Herkunftsland den inneren Zusammenhang zwischen einer länger zurückliegenden Verfolgung und einer späteren Ausreise entfallen lässt, ist eine den Tatsachengerichten vorbehaltene Frage der Sachverhalts- und Beweiswürdigung im Einzelfall. Sie lässt sich nicht verallgemeinerungsfähig beantworten und ist damit einer rechtsgrundsätzlichen Klärung im Revisionsverfahren nicht zugänglich. Die Beantwortung der Frage hängt nämlich wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles, insbesondere den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen und den tatsächlichen Gegebenheiten im jeweiligen Herkunftsland, ab, die sich einer abstrakten, generalisierenden Bewertung durch das Revisionsgericht entziehen. Abgesehen davon legt die Beschwerde auch nicht dar, dass das Berufungsgericht - wie die Fragestellung voraussetzt - eine Vorverfolgung des Klägers überhaupt wegen eines "durch die Annahme der falschen Identität aufgehobenen inneren Zusammenhangs mit einer zuvor erlittenen Verfolgung" verneint hat, und sich deshalb die Frage in dieser Form in einem Revisionsverfahren stellen würde. Die Beschwerde setzt sich nämlich nicht damit auseinander, dass das Berufungsgericht die im Einzelnen geltend gemachten Verfolgungsmaßnahmen überwiegend mangels ausreichender asylerheblicher Eingriffsintensität für die Annahme einer Vorverfolgung nicht als ausreichend angesehen hat (UA S. 12 ff.) und dass es hinsichtlich der Ereignisse um das Jahr 1999 einen ursächlichen Zusammenhang mit der Ausreise im Jahre 2004 schon im Hinblick auf den anschließenden längeren Aufenthalt des Klägers unter seinem eigenen Namen in Istanbul verneint hat (UA S. 11 f.). Dass es auf der Grundlage der für das Revisionsgericht verbindlichen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO) auf den Umstand ankommt, dass er zeitweise unter falscher Identität gelebt hat, legt die Beschwerde daher nicht dar. In Wahrheit wendet sie sich gegen die ihrer Ansicht nach unzutreffende Sachverhalts- und Beweiswürdigung bezüglich der vom Kläger geltend gemachten Vorfluchtgründe. Darauf kann eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO aber nicht gestützt werden.

5

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 3 Satz 5 Halbs. 2 VwGO).

6

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Satz 1 RVG.

Dr. Mallmann
Beck
Prof. Dr. Kraft

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