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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 07.05.2015, Az.: BVerwG 9 B 76.14
Gewährleistung einer sachverständigen Würdigung der im Rahmen der Flurbereinigung zu beurteilenden Sachverhalte; Geltendmachung eines Verstoßes des Flurbereinigungsgerichts gegen dessen Aufklärungspflicht
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 07.05.2015
Referenz: JurionRS 2015, 17340
Aktenzeichen: BVerwG 9 B 76.14
ECLI: [keine Angabe]

BVerwG, 07.05.2015 - BVerwG 9 B 76.14

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. Mai 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Korbmacher und Steinkühler
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Flurbereinigungsgerichts für Rheinland-Pfalz und das Saarland vom 18. Juni 2014 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf den Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet. Die gerügten Aufklärungsmängel und ein Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren liegen nicht vor.

2

Die Beschwerde meint, das Flurbereinigungsgericht habe seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) verletzt, weil es sich nicht die notwendigen örtlichen Kenntnisse über die durch die langen Schläge verursachten Bewirtschaftungsnachteile durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bzw. sachkundigen Augenschein verschafft habe. Solche Kenntnisse der örtlichen Gegebenheiten seien erforderlich gewesen, weil sich die dem Gericht vorliegende Untersuchung von Dr. O. über betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten der Strukturverbesserung im Weinbau auf die Weinbaubetriebe in der Region Pfalz beziehe, während die Kläger in der Region Rheinhessen ansässig seien. Das Vorbringen der Beschwerde lässt jedoch nicht erkennen, dass sich dem Flurbereinigungsgericht eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen. Im Flurbereinigungsverfahren ist zu berücksichtigen, dass durch die gemäß § 139 FlurbG vorgeschriebene besondere Besetzung des Flurbereinigungsgerichts eine sachverständige Würdigung der im Rahmen der Flurbereinigung zu beurteilenden Sachverhalte regelmäßig gewährleistet ist. Die eigene Sachkunde des Flurbereinigungsgerichts muss im "Normalfall", d.h. bei Sachverhalten mit denen das Flurbereinigungsgericht regelmäßig befasst ist, nicht besonders begründet werden. Ein Verstoß gegen dessen Aufklärungspflicht kommt hiernach nur in Betracht, wenn die Beurteilung der in Rede stehenden agrarwirtschaftlichen Fragen durch das Flurbereinigungsgericht schlechthin unvertretbar ist (BVerwG, Beschluss vom 4. Dezember 2014 - 9 B 75.14 - DÖV 2015, 346 = Rn. 8 m.w.N.). Dies ist vorliegend offensichtlich nicht der Fall.

3

Die Kenntnis der grundsätzlich unterschiedlichen Strukturen der Anbaugebiete an der Mosel, in Rheinhessen und in der Pfalz sowie der damit einhergehenden unterschiedlichen Bewirtschaftungsbedingungen und -anforderungen gehört zu dem agrarwirtschaftlichen Grundwissen des für diese Weinbauregionen zuständigen Flurbereinigungsgerichts. Dass der vom Flurbereinigungsgericht zu beurteilende Sachverhalt schwierig gelagert wäre oder besondere Spezialkenntnisse erforderte, folgt auch nicht aus dem Hinweis in der Beschwerdeschrift, dass für den vorliegenden Fall gerade betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte ausschlaggebend seien. Die Beurteilung betriebswirtschaftlicher Fragen, die sich im Rahmen der Agrarwirtschaft stellen, gehört zu dem normalen Streitstoff, über den ein Flurbereinigungsgericht regelmäßig zu befinden hat. Schließlich führt auch die Bezugnahme der Beschwerde auf das schriftsätzliche Vorbringen der Kläger in der Vorinstanz zu der Untersuchung von Dr. O. auf keinen Aufklärungsmangel. Es fehlt insoweit bereits an jeder Auseinandersetzung in der Beschwerdeschrift mit dem angegriffenen Urteil, das auf die Kritik der Kläger an der Untersuchung im Einzelnen eingeht und insbesondere den Einwand der Kläger zurückweist, Dr. O. sei von einer optimalen Schlaglänge von 150 m ausgegangen (UA S. 11).

4

Einen weiteren Aufklärungsmangel sieht die Beschwerde darin, dass das Flurbereinigungsgericht die Frage der Erosionsgefährdung des Austauschgrundstücks trotz entsprechender Beweisangebote nicht aufgeklärt habe, sondern der Auskunft des Vorsitzenden der Teilnehmergemeinschaft gefolgt sei, wonach die Erosionsgefahr aufgrund des Längsgefälles beherrschbar sei und die Bodenunterschiede keine Verkürzung der Zeilenlänge erforderlich machten. Ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht des Flurbereinigungsgerichts ist damit nicht dargetan. Die Beurteilung der Beeinträchtigung der Wirtschaftlichkeit durch die Gefahr von Erosionsschäden unter Berücksichtigung verschiedener Bodenqualitäten gehört zu der Art von agrarwirtschaftlichen Fragen, mit denen ein Flurbereinigungsgericht regelmäßig befasst ist; durch die gesetzlich vorgeschriebene Besetzung des Gerichts ist damit eigene Sachkunde der Richter gewährleistet. Dass besondere Umstände vorliegen, die die Sachkunde des Flurbereinigungsgerichts bei der Beurteilung der Aussage des Vorsitzenden der Teilnehmergemeinschaft übersteigen könnten, wird von der Beschwerde auch in diesem Zusammenhang nicht dargelegt. Daher kann auch die pauschale Rüge, das Flurbereinigungsgericht habe, indem es alle Beweisangebote der Kläger ignoriert und alle Äußerungen der Gegenseite als gegeben hingenommen habe, das Recht der Kläger auf ein faires Verfahren verletzt, keinen Erfolg haben.

5

Soweit die Beschwerde schließlich kritisiert, die unzureichende Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich der Schlaglängen habe zu einem Fehler bei der Beurteilung der durch die ungünstige Zuwegung hervorgerufenen Wertminderung geführt, kann sie schon deswegen damit keinen Erfolg haben, weil - wie dargelegt - der behauptete Aufklärungsmangel nicht vorliegt.

6

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Dr. Bier

Prof. Dr. Korbmacher

Steinkühler

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