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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 30.10.2013, Az.: I ZR 203/12
Wettbewerbswidrigkeit von Sportwetten ohne die nach dem Glücksspielstaatsvertrag erforderliche Erlaubnis
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 30.10.2013
Referenz: JurionRS 2013, 47937
Aktenzeichen: I ZR 203/12
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

OLG Naumburg - 27.09.2012 - AZ: 9 U 73/11

Rechtsgrundlage:

Art. 267 AEUV

BGH, 30.10.2013 - I ZR 203/12

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Oktober 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Dr. h.c. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

beschlossen:

Tenor:

Das Verfahren wird in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in dem dort anhängigen Verfahren C-156/13 ausgesetzt.

Gründe

1

I. Die Klägerin ist die staatliche Lottogesellschaft des Landes Sachsen-Anhalt. Die Beklagten zu 1 und 4 gehören der B. -Unternehmensgruppe an, die auf der Internetseite "www. " in deutscher Sprache unter anderem Sportwetten anbietet. Die Beklagten zu 2, 3, 5 und 6 sind oder waren Organe der Beklagten zu 1 oder 4.

2

Die Klägerin hält das Angebot von Sportwetten durch die Beklagten ohne die nach dem Glücksspielstaatsvertrag erforderliche Erlaubnis für wettbewerbswidrig. Sie nimmt die Beklagten auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.

3

II. Die Aussetzung des Verfahrens ist in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO auch ohne gleichzeitiges Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union zulässig, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von der Beantwortung derselben Frage abhängt, die bereits in einem anderen Rechtsstreit dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV vorgelegt wurde (BGH, Beschluss vom 31. Mai 2012 - I ZR 29/10, [...] Rn. 5).

4

1. Der Senat hat im Verfahren I ZR 171/10 (GRUR 2013, 527 = WRP 2013, 515 [BGH 24.01.2013 - I ZR 171/10] Digibet) dem Gerichtshof der Europäischen Union mit Beschluss vom 24. Januar 2013 folgende Fragen zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV vorgelegt:

1. Stellt es eine inkohärente Beschränkung des Glücksspielsektors dar,

- wenn einerseits in einem als Bundesstaat verfassten Mitgliedstaat die Veranstaltung und die Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet nach dem in der überwiegenden Mehrheit der Bundesländer geltenden Recht grundsätzlich verboten ist und - ohne Rechtsanspruch - nur für Lotterien und Sportwetten ausnahmsweise erlaubt werden kann, um eine geeignete Alternative zum illegalen Glücksspielangebot bereitzustellen sowie dessen Entwicklung und Ausbreitung entgegenzuwirken,

- wenn anderseits in einem Bundesland dieses Mitgliedstaats nach dem dort geltenden Recht unter näher bestimmten objektiven Voraussetzungen jedem Unionsbürger und jeder diesem gleichgestellten juristischen Person eine Genehmigung für den Vertrieb von Sportwetten im Internet erteilt werden muss und dadurch die Eignung der im übrigen Bundesgebiet geltenden Beschränkung des Glücksspielvertriebs im Internet zur Erreichung der mit ihr verfolgten legitimen Ziele des Allgemeinwohls beeinträchtigt werden kann?

2. Kommt es für die Antwort auf die erste Frage darauf an, ob die abweichende Rechtslage in einem Bundesland die Eignung der in den anderen Bundesländern geltenden Beschränkungen des Glücksspiels zur Erreichung der mit ihnen verfolgten legitimen Ziele des Allgemeinwohls aufhebt oder erheblich beeinträchtigt?

Falls die erste Frage bejaht wird:

3. Wird die Inkohärenz dadurch beseitigt, dass das Bundesland mit der abweichenden Regelung die in den übrigen Bundesländern geltenden Beschränkungen des Glücksspiels übernimmt, auch wenn die bisherigen, großzügigeren Regelungen des Internetglücksspiels in diesem Bundesland hinsichtlich der dort bereits erteilten Konzessionen noch für eine mehrjährige Übergangszeit fortgelten, weil diese Genehmigungen nicht oder nur gegen für das Bundesland schwer tragbare Entschädigungszahlungen widerrufen werden könnten?

4. Kommt es für die Antwort auf die dritte Frage darauf an, ob während der mehrjährigen Übergangszeit die Eignung der in den übrigen Bundesländern geltenden Beschränkungen des Glücksspiels aufgehoben oder erheblich beeinträchtigt wird?

5

2. Die Vorlagefragen sind auch im Streitfall entscheidungserheblich. Dem Vorlageverfahren und dem vorliegenden Verfahren liegen in den maßgeblichen Punkten weitgehend übereinstimmende Sachverhaltsgestaltungen zugrunde. Die dritte und vierte Vorlagefrage berücksichtigen bereits die erneute Änderung des Glücksspielrechts in Schleswig-Holstein durch das Gesetz zur Änderung glücksspielrechtlicher Gesetze vom 1. Februar 2013 (GVOBl Schleswig-Holstein 2013, S. 64). Der Senat hält es daher für angemessen, das vorliegende Verfahren in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO wegen Vorgreiflichkeit des beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits auszusetzen.

Bornkamm

Pokrant

Schaffert

Kirchhoff

Koch

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