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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 19.12.2013, Az.: V ZB 145/13
Erledigung eines Rechtsmittels gegen eine Haftanordnung bei gleichzeitigem Erfolg eines anderen Rechtsmittels gegen eine weitere Haftanordnung
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 19.12.2013
Referenz: JurionRS 2013, 53326
Aktenzeichen: V ZB 145/13
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Kiel - 16.09.2013 - AZ: 43 XIV 318 B

LG Kiel - 19.09.2013 - AZ: 3 T 227/13

Rechtsgrundlagen:

§ 13 GVG

§ 17 Abs. 1 S. 2 GVG

BGH, 19.12.2013 - V ZB 145/13

Redaktioneller Leitsatz:

Die in § 417 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 FamFG vorgeschriebene Begründung der erforderlichen Dauer der Freiheitsentziehung ist unverzichtbarer Bestandteil eines zulässigen Haftantrags. Auch bei Haftanträgen zur Sicherung der Zurückschiebung in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union auf der Grundlage eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmeersuchens nach Art. 16 ff. der Dublin-II-Verordnung bedarf es konkreter Angaben dazu, in welchem Verfahren die Zurückschiebung erfolgt und innerhalb welchen Zeitraums Überstellungen in den betreffenden Mitgliedstaat üblicherweise möglich sind. Pauschale Angaben zu den Fristen für die Beantwortung des Ersuchens und für die Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat reichen nicht aus.

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Dezember 2013 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richter Dr. Lemke und Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:

Tenor:

Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden der Bundesrepublik Deutschland auferlegt.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.

Gründe

I.

1

Der Betroffene, ein pakistanischer Staatsangehöriger, reiste am 28. August 2013 von Österreich ohne Ausweisdokumente und Aufenthaltstitel in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am nächsten Tag wurde er von Beamten der beteiligten Behörde festgenommen. Diese beantragte am 29. August 2013 bei dem Amtsgericht schriftlich die vorläufige Freiheitsentziehung im Wege der einstweiligen Anordnung für die Zeit vom 30. August 2013 bis zum 11. Oktober 2013. In dem Termin zur Anhörung des Betroffenen vor dem Amtsgericht stellte die beteiligte Behörde diesen Antrag mit der Maßgabe, dass keine einstweilige Anordnung, sondern die Anordnung von Abschiebungshaft beantragt wird.

2

Mit Beschluss vom 30. August 2013 hat das Amtsgericht gegen den Betroffenen mit sofortiger Wirkung Haft zur Sicherung der Zurückschiebung bis zum 11. Oktober 2013 angeordnet. Die dagegen gerichtete Beschwerde und den Antrag des Betroffenen, festzustellen, dass er durch den Beschluss des Amtsgerichts in seinen Rechten verletzt worden sei, hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich eine Rechtsbeschwerde des Betroffenen, über die am heutigen Tag ebenfalls entschieden worden ist. In dem dortigen Verfahren (V ZB 139/13) hat der Senat mit Beschluss vom 1. Oktober 2013 die Vollziehung der Haft einstweilen ausgesetzt.

3

Mit Schriftsatz vom 13. September 2013 hat der Betroffene überdies beantragt, die Haftanordnung aufzuheben. Diesen Antrag hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben. Gegen den Beschluss des Landgerichts vom 19. September 2013 richtet sich die Rechtsbeschwerde, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist. Dieses hat der Betroffene mit Schriftsatz vom 8. November 2013 für erledigt erklärt, weil das verfolgte Rechtsschutzziel Feststellung, dass die Zurückweisung des Haftaufhebungsantrags durch das Amtsgericht und die Zurückweisung der Beschwerde durch das Landgericht ihn in seinen Rechten verletzt haben nicht in beiden Rechtsbeschwerdeverfahren nebeneinander verfolgt werden könne.

II.

4

1. Die auch in einem Haftaufhebungsverfahren (§ 426 Abs. 2 Satz 1 FamFG) gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 FamFG statthafte (Senat, Beschluss vom 28. April 2011 V ZB 292/10, [...] Rn. 7 ff. insoweit nicht in FGPrax 2011, 200 abgedruckt) und auch im Übrigen zulässige (§ 71 FamFG) Rechtsbeschwerde ist in der Hauptsache mit der Entlassung des Betroffenen aus der Haft und mit dem Ablauf der angeordneten Haftdauer erledigt. Der Betroffene kann deshalb nur noch die Feststellung verlangen, durch die angefochtenen Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts in seinen Rechten verletzt worden zu sein (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Februar 2010 V ZB 172/09, FGPrax 2010, 150, 151). Dasselbe Rechtsschutzziel verfolgt er in dem Verfahren V ZB 139/13. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG in Verbindung mit § 13 GVG, § 2 EGGVG darf er jedoch nicht beide Verfahren nebeneinander mit diesem Ziel betreiben (vgl. Senat, Beschluss vom 26. Mai 2011 V ZB 318/10, [...] Rn. 11). Deshalb ist die in dem vorliegenden Verfahren erhobene Rechtsbeschwerde gegenstandslos geworden. Sie kann jedoch auf den Kostenpunkt beschränkt werden; das ist hier durch die Erledigungserklärung des Betroffenen geschehen (vgl. Senat, Beschluss vom 7. April 2011 V ZB 11/10, FGPrax 2011, 163 Rn. 4).

5

2. Die Kostenentscheidung ist gemäß § 83 Abs. 2 in Verbindung mit § 81 Abs. 1 Satz 1, § 430 FamFG, § 128c Abs. 3 Satz 2 KostO, Art. 5 EMRK nach billigem Ermessen zu treffen (vgl. Senat, Beschluss vom 7. April 2011 V ZB 11/10, aaO Rn. 9). Eine Entscheidung über die Kosten zugunsten des Rechtsbeschwerdeführers hat danach zu ergehen, wenn sein Rechtsmittel ohne die Erledigung der Hauptsache begründet gewesen wäre (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Februar 1983 V ZB 18/82, BGHZ 86, 393, 396). So verhält es sich hier, weil auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen festzustellen gewesen wäre, dass die Zurückweisung des Haftaufhebungsantrags und die Zurückweisung der dagegen gerichteten Beschwerde ihn in seinen Rechten verletzt haben. Zur Begründung wird auf die Entscheidung des Senats vom heutigen Tag in der Sache V ZB 139/13 verwiesen.

III.

6

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 128c Abs. 3 Satz 2, § 30 Abs. 2 KostO.

Stresemann

Lemke

Schmidt-Räntsch

Brückner

Weinland

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