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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 10.11.2011, Az.: 5 StR 397/11
Ablehnung eines Beweisantrages aufgrund tatsächlicher Bedeutungslosigkeit i.S.d. § 244 Abs. 3 S. 2 StPO
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 10.11.2011
Referenz: JurionRS 2011, 30101
Aktenzeichen: 5 StR 397/11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Berlin - 12.04.2011

Verfahrensgegenstand:

besonders schwerer Raub u.a.

BGH, 10.11.2011 - 5 StR 397/11

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. November 2011 beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 12. April 2011, soweit es diesen Angeklagten betrifft, gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

1

Das Landgericht - Jugendkammer - hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in zwei Fällen sowie wegen je zweier Fälle des vollendeten und versuchten Diebstahls - jeweils in Tateinheit mit Amtsanmaßung - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Seine Revision hat mit einer Beweisantragsrüge Erfolg.

2

1.

Gegenstand der Verurteilung waren je zwei erfolgreiche und zwei erfolglose Trickdiebstähle am 11. und 12. April 2010, mit denen sich die Täter nach amtsanmaßend durchgeführten Verkehrskontrollen in den Besitz hochwertiger Kraftfahrzeuge brachten bzw. bringen wollten. Zentrales Beweismittel zu Lasten des Angeklagten K. war die Zeugenaussage seines schwerkriminellen Jugendfreundes Ka. , dem K. von diesen Taten berichtet hatte. Gleiches gilt hinsichtlich der Verurteilungen wegen mittäterschaftlich begangener Raubüberfälle vom 12. April 2010 auf Mitarbeiter einer Postbankfiliale und vom 29. April 2010 auf einen Juwelier. Der auf dem Überwachungsfilm des Juweliergeschäfts identifizierte und wegen Raubes bereits rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilte Ka. hatte neben dem später geständigen S. den Angeklagten K. als weiteren Mittäter benannt. Hinsichtlich des Banküberfalls hatte Ka. bekundet, K. habe sich ihm gegenüber der Begehung dieser letztlich erfolglosen Tat berühmt.

3

Ka. hatte im Laufe der Hauptverhandlung seine ursprüngliche Zeugenaussage hinsichtlich der Mitwirkung des K. bei dem Überfall auf den Juwelier widerrufen.

4

Eine Stütze der belastenden Aussage des Ka. hat das Landgericht darin gefunden, dass K. am 14. April 2010 den am 9./10. Februar 2010 gestohlenen Pkw Peugeot 307 fuhr, in dem einen Tag später Indizgegenstände gefunden worden waren, die zur Begehung des Postbanküberfalls und der Trickdiebstähle naheliegend verwendet worden waren und weitere Gegenstände, die aus der Postbankfiliale stammten. Ferner hatte eine Postmitarbeiterin den Angeklagten K. als mittäglichen auffälligen Kunden der Postbank fast sicher wiedererkannt (UA S. 29).

5

Zu dem Täterfahrzeug hatte Ka. bekundet, I. und K. hätten ihm erzählt (UA S. 32), dass I. die Schlüssel entwendet und an K. weitergegeben hätte. Ferner hätte K. ihm gesagt, dass er den Peugeot für den Postbanküberfall und die Trickdiebstähle benutzt hätte (UA S. 33).

6

2.

Angesichts dieser, fast ausschließlich auf die - zum Teil sogar widerrufenen - Aussagen des Ka. gestützten Beweisführung hätte das Landgericht einen gegen die Glaubhaftigkeit der Bekundungen des Ka. gerichteten Antrag nicht - wie geschehen - ohne inhaltliche Begründung als bedeutungslos zurückweisen dürfen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 1990 - 1 StR 13/90, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 11).

7

a)

Dass es sich bei dem auf die Wiedergabe selbst erlebten Geschehens durch den Zeugen R. gerichteten Antrag um einen Beweisantrag handelt, versteht sich von selbst. Dieser Zeuge sollte bekunden, am 5. Mai 2010 Beifahrer in einem von Ka. gesteuerten und aus dessen Sorge vor einer Polizeikontrolle wegen zu schneller Fahrt verunfallten Pkw gewesen zu sein. Hierdurch werde die nach der Festnahme des Ka. getätigte polizeiliche Aussage, er sei Beifahrer und K. der Fahrer gewesen, als (weitere) Falschbelastung des K. durch Ka. belegt.

8

b)

Mit der vom Landgericht gewählten einzigen Ablehnungsbegründung, es handele sich um eine Indiztatsache und die Strafkammer werde den nur möglichen Schluss nicht ziehen, Ka. habe bezüglich der Belastung des K. (im Übrigen) gelogen, wird eine tatsächliche Bedeutungslosigkeit im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO nicht dargelegt. Es ermangelt der gebotenen Einfügung und Würdigung der Beweistatsache in das bisher gewonnene Beweisergebnis (BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2007 - 5 StR 451/07, StV 2008, 121, 122). Das Landgericht hat - auch im Blick auf die weiteren von der Revision beanstandeten und mit identischer Begründung abgelehnten Anträge, die indes zum Teil wegen fehlender Anschriften der Zeugen und nicht dargelegter Konnexität keine Beweisanträge sind - letztlich gar nicht auf die Bedeutungslosigkeit der behaupteten Beweistatsache abgestellt, sondern hat jenseits davon eine tatsächliche Beeinflussung des Beweisergebnisses durch die beantragte Beweiserhebung ausschließen wollen. Darin liegt eine unzulässige Beweisantizipation (vgl. BGH aaO).

9

3.

Die Sache bedarf demnach neuer Aufklärung und Bewertung. Da sich das Verfahren nur noch gegen den erwachsenen Angeklagten K. richtet, ist eine allgemeine Strafkammer für zuständig zu erklären (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2011 - 5 StR 44/11 mwN).

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