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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 01.02.2011, Az.: AnwZ (B) 74/07
Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft aus gesundheitlichen Gründen wegen des Vorliegens eines Querulantenwahns oder einer vergleichbaren gesundheitlichen Störung
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 01.02.2011
Referenz: JurionRS 2011, 10584
Aktenzeichen: AnwZ (B) 74/07
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AGH Bayern - 02.04.2007 - AZ: BayAGH I - 34/04

BGH - 22.11.2010 - AZ: AnwZ (B) 74/07

nachgehend:

BGH - 30.11.2011 - AZ: AnwZ (B) 74/07

Verfahrensgegenstand:

Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
hier: Anhörungsrüge und Gegenvorstellung

BGH, 01.02.2011 - AnwZ (B) 74/07

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Ernemann,
den Richter Dr. Schmidt-Räntsch,
die Richterin Dr. Fetzer,
den Rechtsanwalt Dr. Frey und
die Rechtsanwältin Dr. Hauger
am 1. Februar 2011
beschlossen:

Tenor:

Die Anhörungsrüge und die Gegenvorstellung des Antragstellers gegen den Senatsbeschluss vom 22. November 2010 werden zurückgewiesen. Die Kosten der Anhörungsrüge trägt der Antragsteller.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich mit seiner Anhörungsrüge gegen den am Schluss der mündlichen Verhandlung am 22. November 2010 verkündeten und ihm am 10. Dezember 2010 zugestellten Senatsbeschluss vom 22. November 2010 (veröffentlicht in [...]), durch den der Senat die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen die Zurückweisung seines Antrags auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 14. Oktober 2004 über den Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft aus gesundheitlichen Gründen nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 BRAO durch den Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen hat.

II.

2

Die nach § 215 Abs. 3 BRAO i.V.m. § 42 Abs. 6 Satz 2 BRAO a.F. und § 29a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 FGG a.F. statthafte Anhörungsrüge ist unbegründet. Der Senat hat bei seiner Entscheidung weder Verfahrensstoff noch Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen der Antragsteller nicht zuvor gehört worden ist. Zu berücksichtigendes Vorbringen des Antragstellers ist nicht übergangen, sein Anspruch auf rechtliches Gehör auch nicht in sonstiger Weise verletzt worden.

3

1.

Unerheblich sind die Einwände des Antragstellers gegen die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs.

4

Dieser hätte den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zwar nicht mit der Begründung zurückweisen dürfen, dieser habe dem Sachverständigen Professor Dr. N. nicht die Einwilligung zur Einsichtnahme in die Vorgänge erteilt, die in der Gutachtenanordnung der Antragsgegnerin vom 4. Februar 2002 aufgeführt sind. Dieser Fehler ist aber im Verfahren vor dem Senat geheilt worden. Der Senat ist im Verfahren über die sofortige Beschwerde des Antragstellers nicht an die Feststellungen des Anwaltsgerichtshofs gebunden, sondern verpflichtet, den Sachverhalt selbst von Amts wegen aufzuklären. Das ist hier auch geschehen. Der Senat hat den Antragsteller mit Hinweis- und Auflagenbeschluss vom 2. November 2007 aufgefordert, ein Ergänzungsgutachten des Sachverständigen vorzulegen und diesem die Einwilligung zu erteilen, in sämtliche Vorgänge Einsicht zu nehmen, und nach der Weigerung des Antragstellers, es beizubringen, mit Beweisbeschlüssen vom 7. April 2008 und vom 31. Mai 2010 selbst die veranlassten Sachverständigengutachten eingeholt.

5

2.

Ausgeschlossen ist der Antragsteller mit dem weiteren Einwand, der Gutachtenauftrag der Antragsgegnerin vom 4. April 2002 sei rechtswidrig gewesen. Diese Gutachtenanordnung ist nach Bestätigung durch den Senat (Beschluss vom 27. April 2005 - AnwZ (B) 45/04) bestandskräftig und für das vorliegende Verfahren bindend.

6

3.

Eine Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs ergibt sich auch nicht daraus, dass der Senat davon ausgegangen ist, bei dem Antragsteller werde ein gesundheitlicher Grund gesetzlich vermutet, die ihn auf Dauer unfähig mache, den Beruf des Rechtsanwalts ordnungsgemäß auszuüben.

7

a)

Dass und aus welchen Gründen die Voraussetzungen für eine solche Vermutung nach dem hier anzuwendenden § 15 BRAO in der 2004 geltenden Fassung vorliegen, hat der Senat in dem angefochtenen Beschluss dargelegt. Fraglich konnte hier nur sein, das Vorliegen welcher gesundheitlichen Störung bei dem Antragsteller geklärt werden sollte und ob diese den Tatbestand des § 14 Abs. 2 Nr. 3 BRAO ausfüllen konnte. Darauf hat der Senat die Beteiligten mit Beschluss vom 2. November 2007 hingewiesen. Er ist auf Grund der Stellungnahmen der Beteiligten zu diesem Hinweis zu der Würdigung gelangt, dass mit der Gutachtenanordnung nicht nur eine psychische Erkrankung im technischen Sinne, sondern auch das Vorliegen eines Querulantenwahns oder einer vergleichbaren gesundheitlichen Störung aufgeklärt werden sollte. Welchen Vortrag des Antragstellers der Senat dabei übergangen haben soll, legt der Antragsteller nicht dar.

8

b)

Der Senat hat im Übrigen auch keine Beweislastentscheidung getroffen. Seine Würdigung der eingeholten Gutachten hat vielmehr ergeben, dass die gegen den Antragsteller streitende gesetzliche Vermutung nicht nur nicht widerlegt, sondern bestätigt wird. Damit hat er die Voraussetzungen für den Widerruf nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 BRAO auch positiv festgestellt.

9

4.

Auch bei der Würdigung der Gutachten hat der Senat den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör nicht verletzt. Der Antragsteller hat von seinem Recht, den Sachverständigen Professor Dr. E. mündlich zu befragen, keinen Gebrauch gemacht. Entgegen seinem Vorbringen in der Anhörungsrüge hat er in der mündlichen Verhandlung nicht beantragt, den Sachverständigen zu laden. Das steht auf Grund des Sitzungsprotokolls fest, nachdem der Antrag des Antragstellers auf dessen Berichtigung durch Beschluss vom 16. Dezember 2010 zurückgewiesen worden ist. Der Antragsteller hat sich in der mündlichen Verhandlung auch sonst nicht mehr mit dem Gutachten, sondern im Wesentlichen mit der von ihm jetzt so genannten "Machtfrage" befasst. Dabei ist er immer wieder in allgemeine Betrachtungen abgeglitten, die einen Bezug zum Fall nicht mehr erkennen ließen.

10

Auch unter Berücksichtigung der schriftlichen Stellungnahme des Antragstellers zu dem Gutachten war der Senat nicht gehalten, den Sachverständigen zum Termin zu laden. Denn dieser ließ sich nicht entnehmen, in welche Richtung eine weitere Aufklärung hätte herbeigeführt werden sollen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 1957 - IV ZR 290/56, BGHZ 24, 9, 15 und Beschluss vom 5. September 2006 - VI ZR 176/05, NJW-RR 2007, 212).

11

5.

Die hilfsweise erhobene Gegenvorstellung ist jedenfalls unbegründet. Die Entscheidung des Senats ist vorbehaltlich eines Aufgreifens nach § 215 Abs. 3 BRAO i.V.m. § 42 Abs. 6 Satz 2 BRAO a.F. und § 29a FGG a.F. abschließend. Das Vorbringen des Antragstellers gibt auch in der Sache keinen Anlass, die angegriffene Senatsentscheidung abzuändern.

Ernemann
Schmidt-Räntsch
Fetzer
Frey
Hauger

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