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Außertarifliche Angestellte

 Normen 

Gesetzlich nicht geregelt.

 Information 

1. Begriffsbestimmung

Außertarifliche Angestellte zeichnen sich dadurch aus, "dass sie kraft ihrer Tätigkeitsmerkmale oder ihrer Vergütungshöhe nicht mehr unter den persönlichen Geltungsbereich des einschlägigen Tarifvertrags fallen. Unerheblich ist, ob eine beiderseitige Tarifbindung besteht. Es genügt, dass das Arbeitsverhältnis an sich vom Geltungsbereich des Tarifvertrags erfasst wird" (BAG 25.04.2018 - 5 AZR 85/17).

Keine außertariflichen Angestellten sind Arbeitnehmer, die aufgrund ihrer fehlenden Gewerkschaftsmitgliedschaft nicht von dem Tarifvertrag erfasst werden.

Außertarifliche Angestellte sind grundsätzlich von leitenden Angestellten zu unterscheiden, in der Praxis sind jedoch beide Formen oftmals in derselben Position erfüllt.

2. Arbeitsvertrag

Die Arbeitsbedingungen eines außertariflichen Angestellten sind im Arbeitsvertrag zu regeln. Folge des mit der Stellung eines außertariflichen Angestellten oftmals verbundenen hohen Gehalts ist, dass an die Treuepflicht des Angestellten erhöhte Anforderungen gestellt werden und eine personenbedingte Kündigung unter erleichterten Voraussetzungen möglich ist.

Enthält der Arbeitsvertrag des außertariflichen Angestellten keine Regelung zur Arbeitszeit, so ist betriebsübliche Arbeitszeit für Vollzeitkräfte die in dem jeweiligen Betrieb von Vollzeitkräften regelmäßig geleistete Arbeitszeit. Bei tarifgebundenen Arbeitgebern ist dies regelmäßig die tarifliche Arbeitszeit. Die tarifliche Arbeitszeit ist danach betriebsüblich. Sie gilt deshalb auch für außertarifliche Angestellte, mit denen eine andere Arbeitszeit nicht vereinbart ist (BAG 15.05.2013 - 10 AZR 325/12).

3. Betriebsverfassungsrecht

Außertarifliche Angestellte, die nicht gleichzeitig auch die Voraussetzungen von leitenden Angestellten erfüllen, unterliegen dem Betriebsverfassungsgesetz. Es besteht jedoch kein Mitbestimmungsrecht bei der Vergütungsvereinbarung. Aber: Ist der bisherige tarifliche Arbeitnehmer nach einer Änderung seiner Tätigkeit nicht mehr einer Entgeltgruppe des Tarifvertrages zuzuordnen und wird somit zu einem außertariflichen Angestellten, so handelt es sich nach dem Urteil BAG 26.10.2004 - 1 ABR 37/03 um eine mitbestimmungspflichtige Umgruppierung.

Der Betriebsrat hat das Recht, die Gehaltslisten der außertariflichen Angestellten einzusehen.

Vor der Kündigung eines außertariflichen Angestellten ist der Betriebsrat anzuhören.

4. Gleichbehandlungsgrundsatz

Nach dem Urteil BAG 01.12.2004 - 5 AZR 664/03 kann der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt sein, wenn der Arbeitgeber einzelne außertarifliche Angestellte von einer Gehaltserhöhung ausspart.

5. Konstituive Ernennung zum AT-Angestellten

"Eine konstitutive Ernennung" zum außertariflichen Angestellten beinhaltet bei beiderseitiger Tarifgebundenheit eine arbeitsvertragliche Zusicherung, diesen Status durch Zahlung einer der Tarifentwicklung und ggf. einer tarifvertraglichen Abstandsklausel entsprechenden außertariflichen Vergütung zu erhalten" (BAG 03.09.2014 - 5 AZR 1020/12).

Dabei hat das BAG in dem obigen Urteil die folgende arbeitsvertragliche Formulierung als konstitutive Ernennung des Angestellten zum AT-Angestellten anerkannt:

"möchten wir die ... dienstvertraglichen Beziehungen ab 01.10.1989 auf eine neue Grundlage stellen".

Zudem hat das BAG in dem Urteil festgestellt: "Bei beiderseitiger Organisationszugehörigkeit darf nach § 4 Abs. 3 TVG zum Nachteil des Arbeitnehmers von den tariflichen Bestimmungen nur abgewichen werden, wenn der Tarifvertrag keine Anwendung mehr findet."

6. Betriebliche Übung bei der Gehaltserhöhung

"Ein außertariflicher Angestellter (...) muss grundsätzlich davon ausgehen, dass sich der Arbeitgeber seine Entscheidungsfreiheit für die künftige Gehaltsentwicklung erhalten will. (...). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Arbeitgeber bei der Frage, ob und ggf. in welcher Höhe er die Gehälter von AT-Angestellten erhöhen will, jeweils eine Fülle von auf die gesamtwirtschaftliche Lage, auf die wirtschaftliche Situation und die Gehaltspolitik seines Unternehmens sowie auf das Arbeitsverhältnis des einzelnen Arbeitnehmers bezogenen Gesichtspunkten in Betracht zu ziehen und gegeneinander abzuwägen. Diese Abwägung des Arbeitgebers mag über einen längeren Zeitraum hinweg tatsächlich zu jeweils gleichartigen Ergebnissen führen. Allein hieraus dürfen jedoch die Arbeitnehmer mangels abweichender konkreter Anhaltspunkte nicht schließen, der Arbeitgeber habe sich verpflichten wollen, auch in Zukunft stets dieselben Bemessungsfaktoren beizubehalten, also die Gehälter stets in gleicher Weise wie bisher zu erhöhen, und sich dadurch der Möglichkeit begeben wollen, veränderten Umständen in freier Entscheidung Rechnung zu tragen" (BAG 27.02.2019 - 5 AZR 354/18).

Dennoch können nach dem obigen Urteil auch bei einem außertariflichen Angestellten im Rahmen einer Gesamtschau hinreichend konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Gehaltserhöhung aufgrund einer betrieblichen Übung vorliegen:

"Von diesen Grundsätzen hat das Bundesarbeitsgericht eine Ausnahme gemacht, wenn der Arbeitgeber freiwillig - also ohne rechtliche Verpflichtung aufgrund von Tarifgebundenheit - die Entgelte der Beschäftigten entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet anhebt. In diesem Falle müssen für das Entstehen einer betrieblichen Übung auf weitere entsprechende Gehaltserhöhungen in der Folgezeit deutliche Anhaltspunkte in dem Verhalten des Arbeitgebers dafür sprechen, dieser wolle die Erhöhungen - auch ohne das Bestehen einer tarifvertraglichen Verpflichtung - künftig, dh. auf Dauer übernehmen (...). Denn die fehlende Tarifgebundenheit des Arbeitgebers verdeutlicht - für den Arbeitnehmer erkennbar - den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne Beitrittsprüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen."

 Siehe auch 

Aufsichtsrat

Dienstwagen

GmbH-Geschäftsführer

Tantieme

Tarifvertrag

Wettbewerbsverbot - Arbeitsrecht

Whistleblowing

Herdecke: "Außertarifliche" und "übertarifliche" Angestellte: Einhaltung des tariflichen Abstandsgebots?; Arbeit und Arbeitsrecht - AuA 2019, 46

Lembke: Die Gestaltung von Vergütungsvereinbarungen; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2010, 257