Rechtswörterbuch

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Aufenthaltsrecht für EU-Angehörige

 Normen 

FreizügG/EU

 Information 

1. Inhalt des Aufenthaltsrechts

1.1 Für EU-Bürger

Rechtsgrundlage des Aufenthaltsrechts von Unionsbürgern in der Bundesrepublik ist das Freizügigkeitsgesetz/EU.

FreizügigkeitsberechtigteUnionsbürger sowie ihre EU-Familienangehörigen benötigen gemäß § 2 FreizügG/EU für ihre Einreise und ihren Aufenthalt keinen Aufenthaltstitel und somit auch keine Aufenthaltserlaubnis. Auch wird keine Bescheinigung über das Aufenthaltsrecht erteilt.

Familienangehörigen, die nicht Unionsbürger sind (d.h. sie sind Drittstaatenangehörige), wird gemäß § 5 Abs. 1 FreizügG/EU von Amts wegen eine Aufenthaltskarte ausgestellt.

Das Aufenthaltsrecht einer nahestehenden Person (siehe zur Begriffsbestimmung § 1 Abs. 2 Nr. 4 FreizügG/EU) eines Unionsbürgers, die selbst nicht als Unionsbürger und nicht freizügigkeitsberechtigt ist, ist in § 3a FreizügG/EU geregelt.

1.2 Für britische Staatsangehörige

Das Aufenthaltsrecht für britische Staatsangehörige ist im Austrittsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich sowie § 16 FreizügG/EU geregelt.

2. Aufenthaltsrecht für Ehepartner der Unionsbürgers bei Scheidung

Ehegatten oder Lebenspartner, die nicht selbst Unionsbürger sind, behalten bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft ein Aufenthaltsrecht, wenn sie die für Unionsbürger geltenden Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 oder Nr. 5 FreizügG/EU erfüllen und die in § 3 Abs. 4 FreizügG/EU genannten Voraussetzungen vorliegen.

Entfallen die Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts nach der Begründung des ständigen Aufenthalts in Deutschland, so kann gemäß § 5 Abs. 5 FreizügG/EU die Aufenthaltskarte widerrufen werden:

Beispiel:

Innerhalb von drei Jahren nach der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland wird die Ehe zwischen dem Unionsbürger und dem Nicht-Unionsbürger geschieden.

Aber: Das BVerwG hat die Abhängigkeit des abgeleiteten Aufenthaltsrecht des drittstaatsangehörigen Ehegatten eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers vom Fortbestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft wie folgt eingeschränkt (BVerwG 28.03.2019 - BVerwG 1 C 9/18):

"Das abgeleitete Aufenthaltsrecht des drittstaatsangehörigen Ehegatten eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers (...) hängt nicht vom Fortbestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft ab. Für ein Begleiten im Sinne des § 3 Abs. 1 FreizügG/EU i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Richtlinie 2004/38/EG genügt nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft ein gleichzeitiger Aufenthalt der Eheleute im Aufnahmemitgliedstaat (...). Verlässt ein Unionsbürger nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft das Bundesgebiet, erlischt damit das abgeleitete unionsrechtliche Aufenthaltsrecht seines drittstaatsangehörigen Ehegatten (...). Kehrt der Unionsbürger später in das Bundesgebiet zurück, kann sich der hier verbliebene drittstaatsangehörige Ehegatte - auch wenn die Eheleute weiterhin getrennt leben - wieder auf ein abgeleitetes unionsrechtliches Aufenthaltsrecht berufen."

3. Aufenthaltsrecht von nahestehenden Personen

Gemäß dem zum 24.11.2020 neu eingefügten § 3a FreizügG/EU kann bei Vorliegen der in der Vorschrift aufgeführten Voraussetzungen einer nahestehenden Person eines Unionsbürgers, die selbst nicht als Unionsbürger und nicht freizügigkeitsberechtigt ist, auf Antrag das Recht zur Einreise und zum Aufenthalt im Bundesgebiet verliehen werden.

Der von dem Begriff "nahestehende Person" erfasste Personenkreis ist § 1 Abs. 2 Nr. 4 FreizügG/EU näher bestimmt. Dabei wurde mit Bedacht nicht der Be­griff des Familienangehörigen gewählt, um klarzustellen, dass die Vorschriften des Freizügigkeitsgesetzes/EU, die sonst für Familienangehörige gelten, nur Anwendung finden, wenn das Gesetz ausdrücklich auf sie verweist. Für die Definition in Nummer 4 Buchstabe a wurde auf die vorhandene Definition des § 1589 BGB zurückgegriffen, wonach Verwandte Personen sind, die voneinander oder beide von einer dritten Person abstammen. Aufzunehmen sind zudem Verschwägerte, die in den Anwendungsbereich der genannten Richtlinienbestimmung fallen, weil die Erleichterung des Aufenthalts Verschwägerter gerade Gegenstand des Falles war, der dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 5. September 2012 - C-83/11 - "Rahman" - zu Grunde lag.

4. Anspruch auf Eilrechtsschutz

Dabei hat der Familienangehörige auch einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe zur Wahrnehmung des Eilrechtsschutzes (VGH Baden-Württemberg 03.08.2018 - 11 S 1351/18):

"Einstweiliger Rechtsschutz ist in Verfahren, bei denen um das Bestehen eines Aufenthaltsrecht als drittstaatsangehöriger Familienangehörige eines Unionsbürgers gestritten wird, im Verfahren nach § 123 Abs. 1 bis 3 VwGO mit einem Antrag auf vorläufige Ausstellung einer Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU, gerichtet gegen den Rechtsträger der für die Ausstellung zuständigen Behörde, zu suchen. Ein Anordnungsgrund ist regelmäßig schon dann anzunehmen, wenn dem Antragsteller kein anderweitiges, bereits bescheinigtes Aufenthaltsrecht zukommt, denn die Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU kann beispielsweise bei einer polizeilichen Kontrolle dazu führen, dass der Inhaber keinerlei weiteren polizeilichen Maßnahmen wie beispielsweise Festhalten zur Klärung des Aufenthaltsstatus bei der Ausländerbehörde unterworfen wird."

 Siehe auch 

Berufsqualifikationen - Anerkennung

Ausländischer Arbeitnehmer

Freizügigkeit in der EU

Berlit: Aktuelle Rechtsprechung zum Aufenthaltsrecht 2017/18; Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - NVwZ 2019, 199

Wienbracke: "Innerhalb der Union ist die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet". Eine aktuelle Bestandsaufnahme zu Art. 45 AEUV; Europarecht - EuR 2012, 483