Rechtswörterbuch

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach Themen im Rechtswörtebuch zu suchen!

Wölfe

 Normen 

§ 45a BNatSchG

Naturschutzgesetze der Länder

BT-Drs. 19/10899 (zu § 45a BNatSchG "Umgang mit dem Wolf")

 Information 

Die Rückkehr des Wolfs (Canis lupus) nach Deutschland führt insbesondere zu Konflikten mit der Weidetierhaltung. Die nachstehende Regelung verfolgt das Ziel, die Rechtssicherheit bei der Erteilung von Ausnahmen von den artenschutzrechtlichen Zugriffsverboten zu erhöhen. Zudem sollen spezifische Regelungen zum Umgang mit dem Wolf getroffen werden.

Der zum 13. März 2020 neu eingefügte § 45a Abs. 1 S. 1 BNatSchG sieht nach landesrechtlichem Vorbild ein Fütterungsverbot für wildlebende Exemplare der Art Wolf vor. Das Füttern von Wölfen kann nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/10899) zu starker Gewöhnung an den Menschen führen und ist nicht zu tolerieren, da von derart konditionierten Wölfen eine Gefahr für Menschen ausgehen kann. Die meisten Wölfe, die in diese Vorfälle involviert waren, zeigten zuvor ein stark an die Nähe des Menschen gewöhntes Verhalten. Daher erscheint ein gesetzliches Fütterungsverbot sinnvoll.

Satz 2 nimmt Maßnahmen der zuständigen Naturschutzbehörde von dem Verbot aus. Satz 3 bestimmt, dass die Regelung des § 45 Abs. 5, wonach es vorbehaltlich jagdrechtlicher Vorschriften zulässig ist, verletzte, hilflose oder kranke Tiere aufzunehmen, für den Wolf keine Anwendung findet. Eine Aufnahme verletzter Wölfe durch Private ist aufgrund des Risikos einer Gewöhnung an den Menschen nicht angemessen.

Abs. 2 Satz 1 stellt klar, dass zur Abwendung drohender ernster landwirtschaftlicher Schäden durch Nutztierrisse erforderlichenfalls auch mehrere Tiere eines Rudels oder auch ein ganzes Wolfsrudel entnommen werden können. Damit eine Maßnahme dem Ausnahmegrund des § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 BNatSchG zugeordnet werden kann, muss sie geeignet sein, Schäden vorzubeugen, sie zu vermeiden oder zu verringern. Auch ergibt sich bereits aus allgemeinen Erwägungen des Gefahrenabwehrrechts, dass grundsätzlich das schadensverursachende Tier selbst zu entnehmen ist. Es muss mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass es sich etwa um einen Riss durch Hunde oder um eine bloße Nachnutzung durch den Wolf handelt. Nicht immer lassen sich bereits eingetretene Schäden durch genetische Untersuchungen einem bestimmten Tier eines Rudels eindeutig zuordnen.

Auch kann der schadensverursachende Wolf bzw. die schadensverursachenden Wölfe trotz eindeutiger genetischer Zuordnung bei Fehlen besonderer, leicht erkennbarer äußerer Merkmale (z.B. besondere Fellzeichnung) nicht in der Landschaft erkannt und von anderen Wolfsindividuen unterschieden werden. In diesem Fall ist zur Entnahme des schadensverursachenden Wolfes lediglich eine Anknüpfung über die enge zeitliche und räumliche Nähe zu bisherigen Rissereignissen möglich. Nach einer so begründeten Entnahme eines Einzeltieres muss abgewartet werden, ob mit der Entnahme die Nutztierrisse aufhören bzw. soweit möglich mittels genetischer Untersuchung ermittelt werden, ob tatsächlich das schadensverursachende Tier entnommen wurde. Wenn dies nicht der Fall ist, dürfen sukzessive weitere Wölfe getötet werden, bei denen die vorgenannten Bedingungen vorliegen. Dies kann im Einzelfall bis zur Entnahme des gesamten Rudels gehen.

Gemäß Abs. 2 Satz 2 gilt die in Abs. 2 Satz 1 geregelte Möglichkeit des Abschusses weiterer Wölfe auch für Entnahmen im Interesse der Gesundheit des Menschen nach § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 BNatSchG. Dies ist nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/10899) insbesondere in Fällen bedeutsam, in denen ein Wolf einen Menschen verletzt, ihn verfolgt oder sich ihm gegenüber unprovoziert aggressiv gezeigt hat. Die weiteren Voraussetzungen des § 45 Abs. 7 für die Ausnahmeerteilung sind zu beachten.

Abs. 3 sieht vor, dass Wolfshybriden durch die zuständige Behörde der Natur zu entnehmen sind. Hybriden stellen durch die Einbringung von Haustiergenen in die Wildtierpopulation eine Gefahr für die Wildtierpopulation dar. Die IUCN listet Hybridisierung als einen der Faktoren, der die Zuordnung einer Art zu einer der Rote-Liste-Kategorien "vom Aussterben bedroht", "gefährdet" oder "verwundbar", rechtfertigt. In der Empfehlung Nr. 173 (2014) des Übereinkommens über die Erhaltung der europäischen wild lebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (Berner Konvention) werden die Vertragsparteien der Berner Konvention, zu denen auch Deutschland gehört, daher aufgefordert, die staatlich kontrollierte Entfernung von nachgewiesenen Wolf-Hund-Hybriden aus wilden Wolfspopulationen sicherzustellen. Vor einer Entnahme muss anhand einer morphologischen Beurteilung durch Fachleute und/oder molekulargenetischer Untersuchungen zweifelsfrei nachgewiesen worden sein, dass es sich bei dem betroffenen Tier um einen Hybriden handelt. In Deutschland sind in den vergangenen 20 Jahren lediglich zwei Wolf-Hund-Hybridisierungsereignisse nachgewiesen worden, einmal im Jahr 2003 und einmal im Jahr 2017. Wolfshybriden, bei denen in den vier vorhergehenden Generationen in direkter Linie eine oder mehrere Exemplare der Art Wolf vorkommen, sind vom Schutz des § 44 Abs. 1 erfasst. § 45a Abs. 3 sieht daher eine Legalausnahme von den Verboten des § 44 Absatz 1 Nummer 1 und Nummer 3 vor. Bei erwachsenen Tieren wird in der Regel nur ein Abschuss in Betracht kommen. Dies ergibt sich nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/10899) bereits daraus, dass die dauerhafte Haltung eines in freier Wildbahn aufgewachsenen Tieres in Gefangenschaft zu länger andauernden, erheblichen Leiden bei dem Tier führen kann, wenn es sich - so auch die bisherigen Erfahrungen zum Wolf - um eine Tierart handelt, die sich an ein Leben in Gefangenschaft nicht anpassen kann.

Abs. 4 regelt die Mitwirkung von Jagdausübungsberechtigten im betroffenen Gebiet bei der Entnahme von Wölfen in Durchführung einer nach § 45 Absatz 7 erteilten artenschutzrechtlichen Ausnahme auf freiwilliger Basis. Soweit Jagdausübungsberechtigte ihr Einverständnis erteilen, sind sie durch die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständige Behörde bei der Bestimmung geeigneter Personen nach Möglichkeit vorrangig zu berücksichtigen. Satz 2 stellt in Konkretisierung von § 65 klar, dass die Jagdausübungsberechtigten eine Entnahme durch von der Naturschutzbehörde beauftragte Dritte zu dulden haben. Nach Satz 3 sind die Jagdausübungsberechtigten in geeigneter Weise zu benachrichtigten und ihnen ist nach Möglichkeit Gelegenheit zur Mitwirkung an der Entnahme zu geben. Die Benachrichtigung soll möglichst vor Beginn der Maßnahmen erfolgen, hiervon kann insbesondere in Eilfällen abgesehen werden.

 Siehe auch 

Artenschutz

Naturschutz

Tierschutz

Meyer-Ravenstein: Notstandsrechte gegenüber dem Wolf; Agrar- und Umweltrecht - AuUR 2019, 202

Wüstenberg: Der böse Hund im Wolf. Abschuss frei?; Thüringer Verwaltungsblätter - ThürVBl. 2019, 55