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§ 27c PolG
Polizeigesetz (PolG)
Landesrecht Baden-Württemberg

ZWEITER ABSCHNITT: – Maßnahmen der Polizei → Vierter Unterabschnitt: – Einzelmaßnahmen

Titel: Polizeigesetz (PolG)
Normgeber: Baden-Württemberg
Amtliche Abkürzung: PolG
Gliederungs-Nr.: 2050
Normtyp: Gesetz

§ 27c PolG – Elektronische Aufenthaltsüberwachung zur Verhütung terroristischer Straftaten (1)

(1) Red. Anm.:

Außer Kraft am 16. Januar 2021 durch Artikel 5 Satz 2 des Gesetzes vom 6. Oktober 2020 (GBl. S. 735). Zur weiteren Anwendung s. Artikel 4 des Gesetzes vom 6. Oktober 2020 (GBl. S. 735)

(1) Der Polizeivollzugsdienst kann eine Person dazu verpflichten, ein technisches Mittel, mit dem der Aufenthaltsort dieser Person elektronisch überwacht werden kann, ständig in betriebsbereitem Zustand am Körper bei sich zu führen und dessen Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen, wenn

  1. 1.

    bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person innerhalb eines übersehbaren Zeitraums auf eine zumindest ihrer Art nach konkretisierte Weise eine Straftat im Sinne des § 27b Absatz 1 begehen wird, oder

  2. 2.

    deren individuelles Verhalten eine konkrete Wahrscheinlichkeit dafür begründet, dass sie innerhalb eines übersehbaren Zeitraums eine Straftat im Sinne des § 27b Absatz 1 begehen wird,

um diese Person durch die Überwachung und die Datenverwendung von der Begehung dieser Straftaten abzuhalten.

(2) Der Polizeivollzugsdienst verarbeitet mit Hilfe der von der betroffenen Person mitgeführten technischen Mittel automatisiert Daten über deren Aufenthaltsort sowie über etwaige Beeinträchtigungen der Datenerhebung. Soweit es technisch möglich ist, ist sicherzustellen, dass innerhalb der Wohnung der betroffenen Person keine über den Umstand ihrer Anwesenheit hinausgehenden Aufenthaltsdaten erhoben werden. Die Daten dürfen ohne Einwilligung der betroffenen Person nur verwendet werden, soweit dies erforderlich ist für die folgenden Zwecke:

  1. 1.

    zur Verhütung oder zur Verfolgung von Straftaten im Sinne des § 27b Absatz 1,

  2. 2.

    zur Feststellung von Verstößen gegen Aufenthaltsvorgaben nach § 27b Absatz 1 und Kontaktverbote nach § 27b Absatz 2,

  3. 3.

    zur Verfolgung einer Straftat nach § 84b,

  4. 4.

    zur Abwehr einer erheblichen gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer dritten Person oder

  5. 5.

    zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der technischen Mittel.

Zur Einhaltung der Zweckbindung nach Satz 3 hat die Verarbeitung der Daten automatisiert zu erfolgen, und es sind die Daten gegen unbefugte Kenntnisnahme besonders zu sichern. Für die Kennzeichnung der Daten gilt § 23b Absatz 12 entsprechend. Die in Satz 1 genannten Daten sind spätestens zwei Monate nach ihrer Erhebung zu löschen, soweit sie nicht für die in Satz 3 genannten Zwecke verwendet werden. Jeder Abruf der Daten ist zu protokollieren. Die Protokolle müssen es ermöglichen, das Datum, die Uhrzeit und, so weit wie möglich, die Identität der Person festzustellen, die die personenbezogenen Daten abgerufen hat. Die Protokolldaten dürfen nur verwendet werden, um einer dazu befugten Stelle die Prüfung zu ermöglichen, ob die Maßnahmen rechtmäßig durchgeführt worden sind. Sie sind nach zwölf Monaten zu löschen. Werden innerhalb der Wohnung der betroffenen Person über den Umstand ihrer Anwesenheit hinausgehende Aufenthaltsdaten erhoben, dürfen diese nicht verwendet werden und sind unverzüglich nach Kenntnisnahme zu löschen. Die Tatsache ihrer Kenntnisnahme und Löschung ist zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie ist nach zwölf Monaten zu löschen.

(3) Der Polizeivollzugsdienst kann bei den zuständigen Polizeien des Bundes und der Länder, sonstigen öffentlichen Stellen sowie anderen Stellen im Rahmen der geltenden Gesetze personenbezogene Daten über die betroffene Person erheben, soweit dies zur Durchführung der Maßnahme nach den Absätzen 1 und 2 erforderlich ist.

(4) Zur Durchführung der Maßnahme nach Absatz 1 hat die zuständige Polizeidienststelle

  1. 1.

    Daten des Aufenthaltsortes der betroffenen Person an Strafverfolgungsbehörden und andere Polizeidienststellen weiterzugeben, wenn dies zur Verhütung oder zur Verfolgung einer Straftat im Sinne des § 27b Absatz 1 erforderlich ist,

  2. 2.

    Daten des Aufenthaltsortes der betroffenen Person an andere Polizeidienststellen weiterzugeben, sofern dies zur Durchsetzung von Maßnahmen nach Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 erforderlich ist,

  3. 3.

    Daten des Aufenthaltsortes der betroffenen Person an die zuständige Strafverfolgungsbehörde zur Verfolgung einer Straftat nach § 84b weiterzugeben,

  4. 4.

    Daten des Aufenthaltsortes der betroffenen Person an andere Polizeidienststellen weiterzugeben, sofern dies zur Abwehr einer erheblichen gegenwärtigen Gefahr im Sinne von Absatz 2 Satz 3 Nummer 4 erforderlich ist,

  5. 5.

    eingehende Systemmeldungen über Verstöße nach Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 entgegenzunehmen und zu bewerten,

  6. 6.

    die Ursache einer Meldung zu ermitteln; hierzu kann die zuständige Polizeidienststelle Kontakt mit der betroffenen Person aufnehmen, sie befragen, sie auf den Verstoß hinweisen und ihr mitteilen, wie sie dessen Beendigung bewirken kann,

  7. 7.

    eine Überprüfung der bei der betroffenen Person vorhandenen technischen Geräte auf ihre Funktionsfähigkeit oder Manipulation und die zu der Behebung einer Funktionsbeeinträchtigung erforderlichen Maßnahmen, insbesondere den Austausch der technischen Mittel oder von Teilen davon, einzuleiten,

  8. 8.

    Anfragen der betroffenen Person zum Umgang mit den technischen Mitteln zu beantworten.

(5) Maßnahmen nach Absatz 1 bedürfen der Anordnung durch das Amtsgericht, in dessen Bezirk die zuständige Polizeidienststelle ihren Sitz hat. Die Anordnung wird vom Gericht nur auf Antrag erlassen. Der Antrag ist durch die Leitung eines regionalen Polizeipräsidiums, des Polizeipräsidiums Einsatz oder des Landeskriminalamts schriftlich zu stellen und zu begründen. § 31 Absatz 5 Sätze 2 bis 4 ist entsprechend anzuwenden. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung von einer der in Satz 3 genannten Personen getroffen werden. Diese Anordnung bedarf der Bestätigung des in Satz 1 genannten Gerichts. Sie ist unverzüglich herbeizuführen.

(6) Im Antrag sind anzugeben

  1. 1.

    die Person, gegen die sich die Maßnahme richtet, mit Name und Anschrift,

  2. 2.

    Art, Umfang und Dauer der Maßnahme,

  3. 3.

    die Angabe, ob gegenüber der Person, gegen die sich die Maßnahme richtet, eine Aufenthaltsvorgabe nach § 27b Absatz 1 oder ein Kontaktverbot nach § 27b Absatz 2 besteht,

  4. 4.

    der Sachverhalt sowie

  5. 5.

    eine Begründung.

(7) Die Anordnung ergeht schriftlich. In ihr sind anzugeben

  1. 1.

    die Person, gegen die sich die Maßnahme richtet, mit Name und Anschrift,

  2. 2.

    Art, Umfang und Dauer der Maßnahme sowie

  3. 3.

    die wesentlichen Gründe.

(8) Die Anordnung ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als drei Monate ist möglich, soweit die Anordnungsvoraussetzungen fortbestehen. Liegen die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vor, ist die Maßnahme unverzüglich zu beenden.