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§ 61 PolG
Polizeigesetz (PolG)
Landesrecht Baden-Württemberg

ZWEITER ABSCHNITT – Maßnahmen der Polizei → DRITTER UNTERABSCHNITT – Einzelmaßnahmen

Titel: Polizeigesetz (PolG)
Normgeber: Baden-Württemberg
Amtliche Abkürzung: PolG
Gliederungs-Nr.: 2050
Normtyp: Gesetz

§ 61 PolG – Datenübermittlung im internationalen Bereich

(1) Die Polizei kann unter Beachtung des § 15 und nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 personenbezogene Daten an Polizei- und Justizbehörden sowie an sonstige für die Verhütung oder Verfolgung von Straftaten zuständige öffentliche Stellen in anderen als den in § 60 Absatz 1 genannten Staaten (Drittstaaten) und an andere als die in § 60 Absatz 1 genannten zwischen- und überstaatlichen Stellen (internationale Organisationen) übermitteln, soweit dies erforderlich ist

  1. 1.

    zur Erfüllung einer ihr obliegenden Aufgabe oder

  2. 2.

    zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder zur Verhütung erheblicher Straftaten.

(2) Eine Übermittlung im Sinne des Absatzes 1 ist zulässig, wenn

  1. 1.

    die empfangende Stelle für die in § 11 Absatz 1 genannten Zwecke zuständig ist und

  2. 2.

    die Europäische Kommission einen Angemessenheitsbeschluss gefasst hat.

Die Übermittlung personenbezogener Daten hat trotz des Vorliegens eines Angemessenheitsbeschlusses und des zu berücksichtigenden öffentlichen Interesses an der Datenübermittlung zu unterbleiben, wenn im Einzelfall ein datenschutzrechtlich angemessener und die elementaren Menschenrechte wahrender Umgang mit den Daten beim Empfänger nicht hinreichend gesichert ist oder sonst überwiegende schutzwürdige Interessen einer betroffenen Person entgegenstehen. Bei der Beurteilung ist maßgeblich zu berücksichtigen, ob der Empfänger im Einzelfall einen angemessenen Schutz der übermittelten Daten garantiert. Wenn personenbezogene Daten, die aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union übermittelt oder zur Verfügung gestellt wurden, nach Satz 1 übermittelt werden sollen, muss diese Übermittlung zuvor von der zuständigen Stelle des anderen Mitgliedstaats genehmigt werden. Übermittlungen ohne vorherige Genehmigung sind nur dann zulässig, wenn die Übermittlung erforderlich ist, um eine unmittelbare und ernsthafte Gefahr für die öffentliche Sicherheit eines Staates oder für die wesentlichen Interessen eines Mitgliedstaats abzuwehren und die vorherige Genehmigung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann; in diesem Fall ist die Stelle des anderen Mitgliedstaats, die für die Erteilung der Genehmigung zuständig gewesen wäre, unverzüglich über die Übermittlung zu unterrichten. Bei einer Übermittlung von Daten nach Satz 1 ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass der Empfänger die übermittelten Daten nur dann an andere Drittstaaten oder andere internationale Organisationen weiterübermittelt, wenn die ursprünglich übermittelnde Stelle diese Übermittlung zuvor genehmigt hat. Bei der Entscheidung über die Erteilung der Genehmigung sind alle maßgeblichen Faktoren zu berücksichtigen, insbesondere die Schwere der Straftat, der Zweck der ursprünglichen Übermittlung und das in dem Drittstaat oder der internationalen Organisation, an den oder an die die Daten weiterübermittelt werden sollen, bestehende Schutzniveau für personenbezogene Daten. Eine Genehmigung darf nur dann erfolgen, wenn auch eine direkte Übermittlung an den anderen Drittstaat oder die andere internationale Organisation zulässig wäre. Die Zuständigkeit für die Erteilung der Genehmigung kann auch abweichend geregelt werden.

(3) Liegt entgegen Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 kein Angemessenheitsbeschluss vor, ist eine Übermittlung im Sinne des Absatzes 1 nach Maßgabe von Absatz 2 auch dann zulässig, wenn

  1. 1.

    in einem rechtsverbindlichen Instrument geeignete Garantien für den Schutz personenbezogener Daten vorgesehen sind oder

  2. 2.

    nach Beurteilung aller Umstände, die bei der Übermittlung eine Rolle spielen, die Auffassung gerechtfertigt ist, dass geeignete Garantien für den Schutz personenbezogener Daten bestehen.

Übermittlungen nach Satz 1 Nummer 2 sind zu dokumentieren. Die Dokumentation hat den Zeitpunkt der Übermittlung, die Identität des Empfängers, den Grund der Übermittlung und die übermittelten personenbezogenen Daten zu enthalten. Sie ist der Aufsichtsbehörde für den Datenschutz auf Anforderung zur Verfügung zu stellen. Die Aufsichtsbehörde für den Datenschutz ist jährlich über Übermittlungen zu unterrichten, die aufgrund einer Beurteilung nach Satz 1 Nummer 2 erfolgt sind. In dieser Unterrichtung können die Empfänger und die Übermittlungszwecke angemessen kategorisiert werden.

(4) Liegt entgegen Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 kein Angemessenheitsbeschluss vor und liegen auch keine geeigneten Garantien im Sinne des Absatzes 3 vor, ist eine Übermittlung im Sinne des Absatzes 1 nach Maßgabe von Absatz 2 auch dann zulässig, wenn die Übermittlung erforderlich ist

  1. 1.

    zum Schutz lebenswichtiger Interessen einer natürlichen Person,

  2. 2.

    zur Wahrung berechtigter Interessen der betroffenen Person,

  3. 3.

    zur Abwehr einer gegenwärtigen und erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit eines Staates,

  4. 4.

    im Einzelfall für die in § 11 Absatz 1 genannten Zwecke oder

  5. 5.

    im Einzelfall zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit den in § 11 Absatz 1 genannten Zwecken.

Von einer Übermittlung nach Satz 1 ist abzusehen, wenn die Grundrechte der betroffenen Person das öffentliche Interesse an der Übermittlung überwiegen. Für Übermittlungen nach Satz 1 gilt Absatz 3 Sätze 2 bis 6 entsprechend.

(5) Die Polizei kann in besonderen Einzelfällen personenbezogene Daten nach Maßgabe des Absatzes 1 unmittelbar an andere als die in Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 genannten Stellen in Drittstaaten übermitteln, wenn die Übermittlung für die Erfüllung ihrer Aufgaben unbedingt erforderlich ist und

  1. 1.

    im konkreten Fall keine Grundrechte der betroffenen Person das öffentliche Interesse an einer Übermittlung überwiegen,

  2. 2.

    die Übermittlung an die in Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 genannten Stellen wirkungslos oder ungeeignet wäre, insbesondere weil sie nicht rechtzeitig durchgeführt werden kann, und

  3. 3.

    dem Empfänger die Zwecke der Verarbeitung mitgeteilt werden und er darauf hingewiesen wird, dass die übermittelten Daten nur in dem Umfang verarbeitet werden dürfen, in dem ihre Verarbeitung für diese Zwecke erforderlich ist.

Im Fall des Satzes 1 sind die in Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 genannten Stellen unverzüglich über die Übermittlung zu unterrichten, sofern dies nicht wirkungslos oder ungeeignet ist. Für Übermittlungen nach Satz 1 gilt Absatz 3 Sätze 2 bis 6 entsprechend.

(6) Die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung trägt die Polizei. Die Polizei hat die Übermittlung und ihren Anlass aufzuzeichnen. Die empfangende Stelle ist darauf hinzuweisen, dass die übermittelten Daten ohne Zustimmung der übermittelnden Stelle nur zu dem Zweck verarbeitet werden dürfen, zu dem sie übermittelt worden sind. Ferner ist ihr der bei der Polizei vorgesehene Löschungszeitpunkt mitzuteilen. Besteht Grund zu der Annahme, dass durch eine weitere Übermittlung der Daten der der Erhebung dieser Daten zugrundeliegende Zweck gefährdet würde, kann die Polizei bestimmte von ihr übermittelte Daten so kennzeichnen oder mit einem Hinweis versehen, dass vor einer weiteren Übermittlung ihre Zustimmung einzuholen ist.

(7) Völkerrechtliche Vereinbarungen über eine polizeiliche Zusammenarbeit, die Regelungen zur Übermittlung personenbezogener Daten an Drittländer oder internationale Organisationen enthalten und von den Mitgliedstaaten vor dem 6. Mai 2016 geschlossen wurden, bleiben unberührt.