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§ 53 PolG
Polizeigesetz (PolG)
Landesrecht Baden-Württemberg

ZWEITER ABSCHNITT – Maßnahmen der Polizei → DRITTER UNTERABSCHNITT – Einzelmaßnahmen

Titel: Polizeigesetz (PolG)
Normgeber: Baden-Württemberg
Amtliche Abkürzung: PolG
Gliederungs-Nr.: 2050
Normtyp: Gesetz

§ 53 PolG – Erhebung von Telekommunikationsverkehrsdaten und Nutzungsdaten

(1) Der Polizeivollzugsdienst kann ohne Wissen der betroffenen Person Verkehrsdaten im Sinne des § 96 Absatz 1 des Telekommunikationsgesetzes und Nutzungsdaten im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 2 Nummern 2 und 3 des Telemediengesetzes erheben über

  1. 1.

    die in den §§ 6 und 7 genannten Personen sowie unter den Voraussetzungen des § 9 über die dort genannten Personen, soweit bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine konkrete Gefahr vorliegt für Leib, Leben oder Freiheit einer Person, für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten ist,

  2. 2.

    eine Person, bei der bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes auf eine zumindest ihrer Art nach konkretisierte Weise eine Straftat begehen wird, die sich gegen die in Nummer 1 genannten Rechtsgüter richtet und dazu bestimmt ist,

    1. a)

      die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern,

    2. b)

      eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder

    3. c)

      die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen,

    und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen können,

  3. 3.

    eine Person, deren individuelles Verhalten die konkrete Wahrscheinlichkeit begründet, dass sie innerhalb eines überschaubaren Zeitraums eine Straftat begehen wird, die sich gegen die in Nummer 1 genannten Rechtsgüter richtet und dazu bestimmt ist,

    1. a)

      die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern,

    2. b)

      eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder

    3. c)

      die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen,

    und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen können,

  4. 4.

    eine Person, bei der bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie für eine Person nach Nummer 1 bestimmte oder von dieser herrührende Mitteilungen entgegennimmt oder weitergibt, oder

  5. 5.

    eine Person, bei der bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Person nach Nummer 1 deren Telekommunikationsanschluss oder Endgerät benutzen wird.

Datenerhebungen dürfen nur durchgeführt werden, wenn sonst die Erfüllung der polizeilichen Aufgabe gefährdet oder wesentlich erschwert würde. Die Datenerhebung darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

(2) Eine Maßnahme nach Absatz 1 bedarf der Anordnung durch das Gericht. Die Anordnung wird nur auf Antrag erlassen. Der Antrag ist durch die Leitung eines regionalen Polizeipräsidiums oder des Landeskriminalamts schriftlich zu stellen und zu begründen. Diese können die Antragsbefugnis auf besonders beauftragte Beamte des höheren Dienstes übertragen.

(3) Im Antrag sind anzugeben

  1. 1.

    die Person, gegen die sich die Maßnahme richtet, soweit möglich, mit Name und Anschrift,

  2. 2.

    die Rufnummer oder eine Kennung des Telekommunikationsanschlusses oder des Endgerätes, bei dem die Datenerhebung über eine in Absatz 1 genannte Person durchgeführt wird oder eine Bezeichnung des Nutzers der Telemedien, dessen Daten erhoben werden,

  3. 3.

    Art, Umfang und Dauer der Maßnahme,

  4. 4.

    der Sachverhalt und

  5. 5.

    eine Begründung.

Abweichend von Nummer 2 genügt eine räumlich und zeitlich hinreichende Bezeichnung der Telekommunikation oder Telemediennutzung, sofern andernfalls die Erreichung des Zwecks der Maßnahme aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(4) Die Anordnung des Gerichts ergeht schriftlich. In ihr sind anzugeben

  1. 1.

    die Person, gegen die sich die Maßnahme richtet, soweit möglich, mit Name und Anschrift,

  2. 2.

    die Rufnummer oder eine Kennung des Telekommunikationsanschlusses oder des Endgerätes, bei dem die Datenerhebung über eine in Absatz 1 genannte Person durchgeführt wird oder eine Bezeichnung des Nutzers der Telemedien, dessen Daten erhoben werden,

  3. 3.

    Art, Umfang und Dauer der Maßnahme unter Benennung des Endzeitpunktes,

  4. 4.

    die wesentlichen Gründe.

Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend. Die Anordnung ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als einen Monat ist zulässig, solange die Voraussetzungen für die Maßnahme fortbestehen.

(5) Bei Gefahr im Verzug kann eine Maßnahme nach Absatz 1 von der Leitung eines regionalen Polizeipräsidiums oder des Landeskriminalamts angeordnet werden. Diese können die Anordnungsbefugnis auf besonders beauftragte Beamte des höheren Dienstes übertragen. Diese Anordnung bedarf der Bestätigung des Gerichts. Sie ist unverzüglich herbeizuführen.

(6) Aufgrund der Anordnung einer Maßnahme nach Absatz 1 hat jeder, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, dem Polizeivollzugsdienst die Maßnahme zu ermöglichen und die erforderlichen Auskünfte unverzüglich zu erteilen. Von der Auskunftspflicht sind auch zukünftige Verkehrsdaten und Nutzungsdaten umfasst. Ob und in welchem Umfang hierfür Vorkehrungen zu treffen sind, bestimmt sich nach dem Telekommunikationsgesetz und der Telekommunikations-Überwachungsverordnung. Für die Entschädigung der Diensteanbieter ist § 23 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes entsprechend anzuwenden.

(7) Abweichend von Absatz 2 darf eine Maßnahme nach Absatz 1, die allein auf die Ermittlung des Aufenthaltsortes einer vermissten, suizidgefährdeten oder hilflosen Person gerichtet ist, durch die Leitung eines regionalen Polizeipräsidiums oder des Landeskriminalamts angeordnet werden. Diese können die Anordnungsbefugnis auf besonders beauftragte Beamte übertragen.

(8) Die Maßnahme ist abzubrechen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht mehr vorliegen. Der Abbruch ist dem Gericht und den nach Absatz 6 Verpflichteten mitzuteilen.