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§ 25a HSOG
Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) 
Landesrecht Hessen

ERSTER TEIL – Aufgaben und Befugnisse → Zweiter Abschnitt – Befugnisse

Titel: Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) 
Normgeber: Hessen
Amtliche Abkürzung: HSOG
Gliederungs-Nr.: 310-63
gilt ab: 12.07.2023
Normtyp: Gesetz
gilt bis: [keine Angabe]
Fundstelle: GVBl. I 2005 S. 14 vom 25.01.2005

§ 25a HSOG – Automatisierte Anwendung zur Datenanalyse

(1) 1Die Polizeibehörden dürfen rechtmäßig gespeicherte personenbezogene Daten auf einer Analyseplattform automatisiert zusammenführen. 2Sie dürfen nach Maßgabe der Sätze 3 bis 6 und der Abs. 2 bis 5 diese zusammengeführten Daten, auch gemeinsam mit weiteren rechtmäßig erhobenen personenbezogenen Daten, verknüpfen, aufbereiten und auswerten sowie für statistische Zwecke anwenden (automatisierte Anwendung zur Datenanalyse). 3Die automatisierte Anwendung zur Datenanalyse ist ein technisches Hilfsmittel, das es den Polizeibehörden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach Maßgabe der folgenden Absätze ermöglichen soll, ihre Bewertungen, Prognosen und Entscheidungen auf der Grundlage möglichst verlässlicher Tatsachenfeststellungen zu treffen. 4Sie erfolgt immer anhand anlassbezogener und zielgerichteter Suchkriterien. 5Sie wird manuell ausgelöst und läuft regelbasiert auf einer von Menschen definierten Abfolge von Analyse- und Verarbeitungsschritten ab. 6Eine direkte Anbindung an Internetdienste ist ausgeschlossen.

(2) 1Die Polizeibehörden können gespeicherte personenbezogene Daten mittels einer automatisierten Anwendung zur Datenanalyse weiterverarbeiten,

  1. 1.

    wenn dies zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten ist, oder wenn gleichgewichtige Schäden für die Umwelt zu erwarten sind, erforderlich ist (Abwehr konkreter Gefahren),

  2. 2.

    wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass innerhalb eines übersehbaren Zeitraumes auf eine zumindest ihrer Art nach konkretisierte Weise Straftaten mit erheblicher Bedeutung begangen werden und dies zur Verhinderung dieser Straftaten erforderlich ist (Abwehr konkretisierter Gefahren),

  3. 3.

    wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass schwere oder besonders schwere Straftaten begangen werden sollen, und die Weiterverarbeitung erforderlich ist, um diese Straftaten zu verhüten (Vorbeugende Bekämpfung von Straftaten).

2Zum Zweck der automatisierten Anwendung zur Datenanalyse können Vorgangsdaten, Falldaten, Daten aus den polizeilichen Auskunftssystemen, Verkehrsdaten, Telekommunikationsdaten, Daten aus Asservaten und Daten aus dem polizeilichen Informationsaustausch zusammengeführt werden. 3Datensätze aus gezielten Abfragen in gesondert geführten staatlichen Registern sowie einzelne gesondert gespeicherte Datensätze aus Internetquellen können ergänzend einbezogen werden. 4Bei einer Maßnahme nach Satz 1 Nr. 3 dürfen Verkehrsdaten nicht in die Analyse einbezogen werden.

(3) 1Bei der Anwendung zur automatisierten Datenanalyse gilt § 20 Abs. 1 und 2. 2Dies wird durch eine Verwaltungsvorschrift sichergestellt, die zu veröffentlichen ist. 3Sie beinhaltet ein Rollen- und Rechtekonzept und ein Konzept der Kategorisierung und Kennzeichnung personenbezogener Daten. 4Unter Berücksichtigung der in Abs. 2 Satz 1 nach Schutzgütern und Eingriffsschwellen unterschiedenen Lagebilder orientieren sich diese Konzepte an dem übergeordneten Ziel der Reduzierung des jeweils zu analysierenden Datenvolumens, der Angemessenheit der jeweils angewandten Analysemethode und des größtmöglichen Schutzes Unbeteiligter (funktionale Reduzierung der Eingriffsintensität).

  1. 1.

    1Das Rollen- und Rechtekonzept regelt die zweckabhängige Verteilung sachlich eingeschränkter Zugriffsrechte anhand von Phänomenbereichen. 2Maßstab für dieses Konzept sind das Gewicht der zu schützenden Rechtsgüter und der Grad der Dringlichkeit des polizeilichen Einschreitens. 3Es ist nach dem Prinzip auszugestalten, wonach mehr Berechtigte Zugriff auf weniger und wenige Berechtigte Zugriff auf mehr der in der Analyseplattform zusammengeführten Daten haben dürfen. 4Es müssen darin mindestens die einzelnen Phänomenbereiche, ihre Gewichtung und ihr Verhältnis zueinander umschrieben und die dienstrechtliche Stellung der Berechtigten, ihre Funktion und ihre spezifische Qualifizierung bezogen auf den Umfang der jeweiligen Berechtigung festgelegt werden.

  2. 2.

    Das Konzept der Kategorisierung und Kennzeichnung personenbezogener Daten regelt anhand der Maßstäbe des Veranlassungszusammenhangs und der Grundrechtsrelevanz, welche personenbezogenen Daten in welcher Weise in die automatisierte Analyse einbezogen werden dürfen.

    1. a)

      1Maßstab für dieses Konzept ist zum einen der sachliche Bezug der von der Analyse betroffenen Personen zum jeweiligen Phänomenbereich (Veranlassungszusammenhang). 2Es folgt dem Prinzip, wonach eine automatisierte Datenanalyse umso komplexer sein darf, je gewichtiger der Veranlassungszusammenhang ist, und dass sie umso einfacher sein muss, je weniger gewichtig der Veranlassungszusammenhang ist. 3Ausgangspunkt ist die Differenzierung nach einerseits verurteilten, beschuldigten, verdächtigen Personen und sonstigen Anlasspersonen sowie deren Kontaktpersonen und andererseits unbeteiligten Personen. 4Zum Schutz Unbeteiligter werden deren personenbezogene Vorgangsdaten in eine automatisierte Datenanalyse nicht einbezogen. 5Das Nähere regelt eine Verwaltungsvorschrift, die insbesondere für Verkehrsdaten eine Speicherfrist von regelmäßig zwei Jahren in der Analyseplattform vorsieht.

    2. b)

      1Maßstab für dieses Konzept ist zum anderen die Kategorisierung personenbezogener Daten nach der Schwere des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung bei ihrer Erhebung (Grundrechtsrelevanz). 2Es müssen abstrakte Regelungen getroffen werden, die der eingeschränkten Verwendbarkeit von Daten aus schwerwiegenden Grundrechtseingriffen Rechnung tragen, und es muss durch technisch-organisatorische Vorkehrungen sichergestellt werden, dass diese Regelungen praktisch wirksam werden. 3In die automatisierte Anwendung zur Datenanalyse werden keine personenbezogenen Daten einbezogen, die aus Wohnraumüberwachung und Online-Durchsuchung gewonnen wurden.

(4) 1Der Zugang zur automatisierten Anwendung zur Datenanalyse ist reglementiert (Zugriffskontrolle). 2Die Zugriffe unterliegen hierbei der ständigen Protokollierung. 3Jeder Fall der automatisierten Anwendung zur Datenanalyse ist von der Anwenderin oder dem Anwender zu begründen. 4Die Begründung dient der Selbstvergewisserung und der nachträglichen Kontrolle. 5Die Einzelheiten der Zugriffskontrolle und des notwendigen Inhalts der Begründung werden in einer Verwaltungsvorschrift geregelt. 6Die oder der behördliche Datenschutzbeauftragte ist zur Durchführung stichprobenartiger Kontrollen berechtigt.

(5) 1Die Einrichtung und wesentliche Änderung einer automatisierten Anwendung zur Datenanalyse erfolgen durch Anordnung der Behördenleitung oder einer oder eines von dieser beauftragten Bediensteten. 2Die oder der Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit ist vor der Einrichtung oder einer wesentlichen Änderung nach Satz 1 anzuhören; bei Gefahr im Verzug ist die Anhörung nachzuholen. 3Im Übrigen bleiben die Aufgaben und Befugnisse der oder des Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit unberührt.