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Art. 19 BayVSG
Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG)
Landesrecht Bayern

Teil 2 – Befugnisse → Kapitel 2 – Nachrichtendienstliche Mittel

Titel: Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG)
Normgeber: Bayern
Amtliche Abkürzung: BayVSG
Gliederungs-Nr.: 12-1-I
Normtyp: Gesetz

Art. 19 BayVSG – Vertrauensleute (1)

(1) 1Für den Einsatz von Privatpersonen, deren planmäßige, dauerhafte Zusammenarbeit mit dem Landesamt Dritten nicht bekannt ist (Vertrauensleute), ist Art. 18 Abs. 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. 2Der Anordnung darf eine Anwerbungszeit von neun Monaten vorausgehen, die der vorherigen Anordnung der zuständigen Abteilungsleitung oder ihrer Vertretung bedarf. 3Eine einmalige Verlängerung um weitere neun Monate ist mit Zustimmung der Behördenleitung oder ihrer Vertretung zulässig, wenn die Eignung der Person noch nicht hinreichend beurteilt werden kann.

(2) 1Als Vertrauensleute dürfen Personen nicht angeworben und eingesetzt werden, die

  1. 1.

    nicht voll geschäftsfähig, insbesondere minderjährig sind,

  2. 2.

    von den Geld- oder Sachzuwendungen für die Tätigkeit auf Dauer als alleinige Lebensgrundlage abhängen würden,

  3. 3.

    an einem Aussteigerprogramm teilnehmen,

  4. 4.

    Mitglied des Europäischen Parlaments, des Deutschen Bundestages, eines Landesparlaments oder Mitarbeiter eines solchen Mitglieds sind oder

  5. 5.

    im Bundeszentralregister mit einer Verurteilung wegen eines Verbrechens oder zu einer Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist, eingetragen sind.

2Eine Ausnahme von Satz 1 Nr. 5 ist zulässig, wenn die Verurteilung nicht als Täter eines Totschlags (§§ 212, 213 des Strafgesetzbuches) oder einer allein mit lebenslanger Haft bedrohten Straftat erfolgt ist und der Einsatz zur Aufklärung von Bestrebungen unerlässlich ist, die auf die Begehung von schweren oder besonders schweren Straftaten gerichtet sind. 3Im Falle einer Ausnahme nach Satz 2 ist der Einsatz nach höchstens sechs Monaten zu beenden, wenn er zur Erforschung der in Satz 2 genannten Bestrebungen nicht zureichend gewichtig beigetragen hat. 4Auch im Weiteren ist die Qualität der gelieferten Informationen fortlaufend zu bewerten.

(3) Informationen von Vertrauenspersonen dürfen vom Landesamt nur verarbeitet werden, wenn zuvor ihre Verwertbarkeit nach Art. 8a Abs. 1 Satz 4 und 5 geprüft wurde.

(1) Red. Anm.:

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Vom 9. Mai 2022 (BGBl. I S. 789)

Aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. April 2022 - 1 BvR 1619/17 - wird folgende Entscheidungsformel veröffentlicht:

  1. 1.

    Artikel 15 Absatz 3 des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes (BayVSG) vom 12. Juli 2016 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 145), das zuletzt durch § 3 des Gesetzes zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes und weiterer Rechtsvorschriften vom 23. Juli 2021 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 418) geändert worden ist, verstößt gegen Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes und ist nichtig.

  2. 2.

    Artikel 9 Absatz 1 Satz 1, Artikel 10 Absatz 1, Artikel 12 Absatz 1, Artikel 18 Absatz 1, Artikel 19 Absatz 1, Artikel 19a Absatz 1, Artikel 25 Absatz 1 Nummer 1 2. Alternative, Artikel 25 Absatz 1 Nummer 3, Artikel 25 Absatz 1a, Artikel 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Nummer 3, Artikel 25 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2, Artikel 8b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Artikel 8b Absatz 3 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz sind mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1, Artikel 10 Absatz 1, Artikel 13 Absatz 1 und 4 des Grundgesetzes nicht vereinbar.

  3. 3.

    Bis zu einer Neuregelung, längstens jedoch bis zum 31. Juli 2023, gelten die für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärten Vorschriften mit den folgenden Maßgaben fort:

    Maßnahmen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Satz 1 und gemäß Artikel 10 Absatz 1 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz dürfen nur zur Abwehr einer dringenden Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes, für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für Sachen, deren Erhaltung im besonderen öffentlichen Interesse geboten ist, ergriffen werden und nur dann, wenn geeignete polizeiliche Hilfe für das bedrohte Rechtsgut ansonsten nicht rechtzeitig erlangt werden kann. Dabei ist Artikel 8a Absatz 1 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz mit der Maßgabe der widerleglichen Vermutung anzuwenden, dass Erkenntnisse, die bei einer Wohnraumüberwachung gewonnen werden, den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen.

    Auf der Grundlage von Artikel 12 Absatz 1 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz dürfen technische Mittel nicht so eingesetzt werden, dass die Bewegungen des Mobilfunkendgeräts einer beobachteten Person über einen längeren Zeitraum hinweg nachverfolgt werden.

    Eine Maßnahme nach Artikel 18 Absatz 1 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz oder nach Artikel 19 Absatz 1 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz ist nach höchstens sechs Monaten zu beenden, wenn sie nicht zur Erforschung einer Bestrebung unerlässlich ist, die auf die Begehung besonders schwerer Straftaten gerichtet ist, welche die in § 3 Absatz 1 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG) vom 20. Dezember 1990 (Bundesgesetzblatt I Seite 2954), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes zur Anpassung des Verfassungsschutzrechts vom 5. Juli 2021 (Bundesgesetzblatt I Seite 2274), genannten Schutzgüter gefährden. Ist der Einsatz gezielt gegen bestimmte Personen gerichtet, ist Artikel 19a Absatz 2 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz entsprechend anzuwenden.

    Auf der Grundlage von Artikel 19a Absatz 1 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz dürfen technische Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen und zum Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes nur dann verdeckt eingesetzt werden, wenn dies zur Erforschung einer Bestrebung unerlässlich ist, die auf die Begehung besonders schwerer Straftaten gerichtet ist, welche die in § 3 Bundesverfassungsschutzgesetz genannten Schutzgüter gefährden und die weiteren gesetzlich vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind.

    Eine Übermittlung von mit nachrichtendienstlichen Mitteln erlangten personenbezogenen Daten und Informationen gemäß Artikel 25 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz ist nur zum Schutz eines Rechtsguts von herausragendem öffentlichem Interesse zulässig; dem entspricht eine Begrenzung auf besonders schwere Straftaten. Außerdem müssen die nach Maßgabe der Urteilsgründe an den jeweiligen Übermittlungsanlass zu stellenden Anforderungen erfüllt sein.

Die vorstehende Entscheidungsformel hat gemäß § 31 Absatz 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes Gesetzeskraft.