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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 21.07.2016, Az.: BVerwG 3 B 42.15
Aufnahme eines Krankenhauses mit der geplanten Fachabteilung der neurologischen Frührehabilitation der Phase B in den Krankenhausplan
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 21.07.2016
Referenz: JurionRS 2016, 21832
Aktenzeichen: BVerwG 3 B 42.15
ECLI: ECLI:DE:BVerwG:2016:210716B3B42.15.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

VGH Baden-Württemberg - 16.04.2015 - AZ: 10 S 100/13

BVerwG, 21.07.2016 - BVerwG 3 B 42.15

Redaktioneller Leitsatz:

Zur gerichtlichen Beurteilung der Frage, ob ein medizinisch-therapeutisches Konzept in seinem Schwerpunkt auf eine Krankenhausbehandlung oder eine Rehabilitationsmaßnahme gerichtet ist, können als ausreichendes Erkenntnismittel die BAR-Empfehlungen herangezogen werden, denen die Qualität eines antizipierten Sachverständigengutachtens zukommt. Auf dieser Grundlage bedarf es zur Bewertung der Frage keines besonderen medizinischen Sachverstandes, weshalb die zusätzliche Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens grundsätzlich nicht erforderlich ist.

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Juli 2016
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Wysk und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 16. April 2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 12 500 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Aufnahme des Krankenhauses der Beigeladenen in den Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg.

2

Im Oktober 2007 beantragte die Klägerin die Planaufnahme für 20 Betten der von ihr geplanten Fachabteilung der neurologischen Frührehabilitation der Phase B. Mit Bescheid vom 17. August 2009 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die ... Kliniken seien eine Rehabilitationseinrichtung und kein Krankenhaus. Zudem verfüge die geplante Fachabteilung nicht über die erforderliche medizinische Leistungsfähigkeit. Selbst wenn man die Einrichtung als leistungsfähig ansehen würde, käme sie bei der dann zu treffenden Auswahlentscheidung nicht zum Zuge, weil andere Kliniken, darunter die Klinik der Beigeladenen, vorrangig zu berücksichtigen seien. Die dagegen erhobene Verpflichtungsklage ist Gegenstand des Parallelverfahrens BVerwG 3 B 41.15.

3

Mit Änderungsfeststellungsbescheid vom 31. August 2009 erhöhte der Beklagte die in den Krankenhausplan aufgenommene Bettenzahl der Klinik der Beigeladenen im Fachbereich Neurologie von bisher 38 auf 52 Betten. Zur Begründung führte er aus, der Antrag der Beigeladenen konkurriere teilweise hinsichtlich des Einzugsbereichs mit dem Antrag der Klägerin. Da diese jedoch Bedarf und Leistungsfähigkeit nicht hinreichend belegt habe, sei keine Auswahlentscheidung zu ihren Gunsten zu treffen. Die dagegen gerichtete Anfechtungsklage der Klägerin ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Im Berufungsurteil wird ausgeführt, die in dem Bescheid (hilfsweise) vorgenommene Auswahlentscheidung leide nicht an einem Rechtsfehler zu Lasten der Klägerin. Im maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung habe die von ihr geplante Abteilung für neurologische Frührehabilitation der Phase B nicht die Voraussetzungen einer leistungsfähigen Akutklinik erfüllt. Das vorgelegte medizinisch-therapeutische Konzept in der Fassung vom 7. Mai 2008 sei nicht auf eine Krankenhausbehandlung, sondern auf eine Rehabilitationsmaßnahme gerichtet gewesen.

4

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt nicht vor. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.

5

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrages nicht gegen seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 und 2 VwGO) verstoßen.

6

Die Klägerin hatte beantragt, zum Beweis der Tatsache, dass das von ihr vorgelegte medizinisch-therapeutische Konzept vom 7. Mai 2008 die medizinischen Anforderungen der Phase B der BAR-Empfehlungen erfülle, ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen. Das Gericht ist dem mit der Begründung nicht nachgekommen, das beantragte Gutachten stelle kein geeignetes Beweismittel zur Klärung der Beweisfrage dar, weil die Gesamtwürdigung der Zielrichtung des Konzepts dem Gericht vorbehalten sei. Entscheidungserheblich sei allein, ob das Konzept in seinem Schwerpunkt auf eine Krankenhausbehandlung oder eine Rehabilitationsmaßnahme gerichtet gewesen sei. Als Maßstab hierfür könnten die BAR-Empfehlungen herangezogen werden, denen die Qualität eines antizipierten Sachverständigengutachtens zukomme. Die Würdigung des Konzepts anhand dieses Maßstabs erfordere keinen besonderen medizinischen Sachverstand (UA S. 30 f.). Hieraus ergibt sich entgegen dem Beschwerdevorbringen kein Verfahrensfehler. Der Verwaltungsgerichtshof hat den Beweisantrag im Einklang mit dem Prozessrecht abgelehnt. Zwar dürfte die Einholung eines Sachverständigengutachtens hier nicht schon deshalb als ungeeignet anzusehen sein, weil die Beweisfrage "die Rechtsanwendung betrifft und dem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich ist" (UA S. 30). Denn ein Sachverständigengutachten kann die eigene Sachverhaltsund Beweiswürdigung des Tatrichters nicht ersetzen, möglicherweise aber unterstützen (BVerwG, Beschluss vom 2. August 2013 - 6 BN 1.13 - Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 99 Rn. 50). Die weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs lassen jedoch erkennen, dass er die Ablehnung des Beweisantrags tragend damit begründet hat, mit den BAR-Empfehlungen läge ihm ein ausreichendes Erkenntnismittel zur Bewertung der Zielrichtung des medizinisch-therapeutischen Konzepts vor. Er hat auch schlüssig dargelegt, dass er für diese Bewertung keines besonderen medizinischen Sachverstandes bedurfte. Gab es mithin keine klärungsbedürftigen Tatsachen, die den Verwaltungsgerichtshof zur Einholung des beantragten medizinischen Sachverständigengutachtens veranlassen mussten, durfte er das Beweismittel im Ergebnis als ungeeignet ansehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Juni 2015 - 6 B 59.14 - Rn. 51).

7

2. Soweit die Klägerin darüber hinaus einen Verstoß gegen die Denkgesetze und die richterliche Aufklärungspflicht sowie das Vorliegen einer Überraschungsentscheidung rügt, weil der Verwaltungsgerichtshof bei der Bewertung des Konzepts vom 7. Mai 2008 auf die Fachplanung Neurologische Frührehabilitation 2012 abgestellt habe, genügt das Beschwerdevorbringen nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Die Klägerin legt weder dar, dass die von ihr in Bezug genommenen Ausführungen in dem angefochtenen Urteil entscheidungserheblich sind, noch setzt sie sich in der gebotenen Weise mit der Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs auseinander, dass die nach der Fachplanung 2012 erforderlichen apparativen Einrichtungen in den BAREmpfehlungen von 1995 vorgezeichnet seien.

8

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

Dr. Philipp

Dr. Wysk

Dr. Kuhlmann

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