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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 15.06.2016, Az.: BVerwG 20 F 8.15
Auskunftsbegehren des Betroffenen über die zu seiner Person beim Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg gespeicherten Daten; Vorlage der vollständigen und ungeschwärzten Verfahrensakte; Erschwerung der künftigen Erfüllung der Aufgaben der Sicherheitsbehörden einschließlich deren Zusammenarbeit mit anderen Behörden durch die Bekanntgabe des Akteninhalts
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 15.06.2016
Referenz: JurionRS 2016, 20018
Aktenzeichen: BVerwG 20 F 8.15
ECLI: ECLI:DE:BVerwG:2016:150616B20F8.15.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

VGH Baden-Württemberg - 26.03.2015 - AZ: 14 S 310/15

BVerwG, 15.06.2016 - BVerwG 20 F 8.15

Redaktioneller Leitsatz:

  1. 1.

    Ein Nachteil für das Wohl des Landes i.S.v. § 99 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 VwGO ist unter anderem dann gegeben, wenn und soweit die Bekanntgabe des Akteninhalts die künftige Erfüllung der Aufgaben der Sicherheitsbehörden einschließlich deren Zusammenarbeit mit anderen Behörden erschweren würde. Personenbezogene Daten sind grundsätzlich ihrem Wesen nach geheimhaltungsbedürftig i.S.v. § 99 Abs. 1 S. 2 Alt. 3 VwGO. Geschützt sind nicht nur personenbezogene Daten, die ohne weiteres zur Identifikation der Person führen; auch Äußerungen und Angaben zur Sache können geheimhaltungsbedürftig sein, wenn die Mitteilungen Rückschlüsse auf die Person erlauben und in Abwägung mit den Interessen des Klägers ein berechtigtes Interesse an einer Geheimhaltung besteht. Im Fall des Informantenschutzes tritt neben das grundrechtlich abgesicherte Interesse des Betroffenen, seine persönlichen Daten geheim zu halten, das öffentliche Interesse, die Wahrnehmung der öffentlichen Aufgaben sicherzustellen. Sind Behörden - wie insbesondere die Verfassungsschutzämter - bei der Erfüllung ihrer Aufgaben auf Angaben Dritter angewiesen, dürfen sie zum Schutz des Informanten dessen Identität geheim halten.

  2. 2.

    Nicht schutzwürdig ist der Name von allgemein bekannten RAF-Mitgliediern sowie der Zusammenhang ihrer Inhaftierung, der offenkundig ist.

  3. 3.

    Die Zurückhaltung von Eintragungen, die Aktenzeichen, Organisationskennzeichen und Arbeitstitel, Verfügungen, Aktenvermerke, Arbeitshinweise, Randbemerkungen und Querverweise sowie Hervorhebungen und Unterstreichungen betreffen, sind von dem Geheimhaltungsgrund des § 99 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 VwGO gedeckt. Diese Informationen sind grundsätzlich geeignet, vor allem im Rahmen einer umfangreichen Gesamtschau, die künftige Aufgabenerfüllung der Verfassungsschutzbehörden zu erschweren, weil sich daraus Rückschlüsse auf Arbeitsweisen und Methoden der Erkenntnisgewinnung ableiten lassen.

  4. 4.

    Die Zusicherung lebenslanger Vertraulichkeit stellt einen berechtigten Geheimhaltungsgrund dar. Der Informantenschutz ist nicht von der begründeten Befürchtung abhängig, dass der Informant sich im Fall einer Offenlegung möglichen Repressalien ausgesetzt sieht. Entscheidend ist vielmehr, dass der Bruch einer zugesagten oder berechtigterweise erwarteten lebenslangen Vertraulichkeit gegenüber dem Informanten generell geeignet wäre, die Aufgabenwahrnehmung der Behörde zu beeinträchtigen, indem die künftige Gewinnung von Informationen erschwert würde.

In der Verwaltungsstreitsache
hat der Fachsenat des Bundesverwaltungsgerichts für Entscheidungen nach
§ 99 Abs. 2 VwGO
am 15. Juni 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Fleuß und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann
beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 26. März 2015 geändert. Die Sperrerklärung des Beigeladenen vom 24. März 2014 ist auch rechtswidrig, soweit sie sich auf die Schwärzung des Namens des antragstellenden Inhaftierten auf Blatt 327, 1. Zeile der Sachakten und auf die Schwärzung der Namen von vier weiteren Inhaftierten auf demselben Aktenblatt sowie auf die Schwärzung des Namens auf Blatt 341, 3. Absatz der Sachakten bezieht.

Die weitergehende Beschwerde des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Gründe

I

1

Der Kläger begehrt in dem diesem Zwischenverfahren zugrunde liegenden Hauptsacheverfahren Auskunft über die zu seiner Person beim Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg (im Folgenden: Landesamt für Verfassungsschutz) gespeicherten Daten.

2

Nach Anforderung durch das Verwaltungsgericht übersandte das Landesamt für Verfassungsschutz unter Bezugnahme auf die Sperrerklärung des beigeladenen Innenministeriums Baden-Württemberg vom 5. April 2013 eine unvollständige und teilweise geschwärzte Verfahrensakte (1 Ordner) zum Auskunftsersuchen des Klägers. Die Vorlage der vollständigen und ungeschwärzten Verfahrensakte lehnte der Beigeladene in der Sperrerklärung vom 5. April 2013 unter Verweis auf den Schutz der Funktionsfähigkeit des Verfassungsschutzes, den Schutz der Informationsquellen und den Schutz der Persönlichkeitsrechte und sonstiger Belange Dritter ab.

3

Durch Beschluss vom 9. Juli 2013 forderte das Verwaltungsgericht das beklagte Land Baden-Württemberg auf, sämtliche zu dem Kläger gespeicherten Daten - "vollständiger Ausdruck zum Datensatz des Klägers, Kopien der Originalaktenstücke" - vorzulegen. Zur Begründung führte es aus, der Auskunftsanspruch nach § 13 Abs. 1 Satz 1 des Landesverfassungsschutzgesetzes (LVSG BW) beziehe sich nicht nur auf die in Dateien über den Kläger gespeicherten Daten, sondern auch auf die in diesen Dateien in Bezug genommenen Sachakten, soweit sie die Person des Klägers beträfen. Ohne Vorlage der Dateien und Aktenstücke könne nicht überprüft werden, ob die bisherige Auskunftserteilung des Beklagten vollständig sei und ob der begehrten Auskunft Gründe im Sinne des § 13 Abs. 2 Satz 1 LVSG BW entgegenstünden.

4

Daraufhin übersandte das Landesamt für Verfassungsschutz weitere vier Aktenbände (Sachaktenkopien) mit teilweise entnommenen und teilgeschwärzten Seiten. Die Offenlegung der vollständigen Sachakten zum Auskunftsersuchen des Klägers verweigerte der Beigeladene mit Sperrerklärung vom 24. März 2014 unter Verweis auf den Schutz der Funktionsfähigkeit des Verfassungsschutzes, den Schutz der Informationsquellen und den Schutz der Persönlichkeitsrechte und sonstiger Belange Dritter.

5

Auf Antrag des Klägers legte das Verwaltungsgericht das Verfahren mit Beschluss vom 9. Februar 2015 dem Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Verweigerung einer vollständigen und ungeschwärzten Vorlage der angeforderten Akten vor.

6

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den angefochtenen Beschluss festgestellt, dass die Weigerung der Vorlage im Einzelnen bezeichneter Aktenteile rechtswidrig sei. Im Übrigen seien die beiden Sperrerklärungen des Beigeladenen nicht zu beanstanden, weil insoweit die geltend gemachten Geheimhaltungsgründe vorlägen und auch die hierauf bezogenen Ermessenserwägungen keinen Rechtsfehler aufwiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

II

7

Die Beschwerde ist zu einem geringen Teil begründet. Über die Feststellung des Fachsenats des Verwaltungsgerichtshofs hinaus ist die Sperrerklärung vom 24. März 2014 auch insoweit rechtswidrig, als sie sich auf die im Entscheidungsausspruch genannten Aktenteile bezieht. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet. Insoweit hat der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs zu Recht entschieden, dass die Weigerung des Beigeladenen, die angeforderten Unterlagen vollständig und ungeschwärzt vorzulegen, rechtmäßig ist.

8

1. Im Ergebnis zutreffend hat der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs den Antrag des Klägers auf Entscheidung gemäß § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO als zulässig erachtet.

9

a) Gegenstand dieses Antrags ist die Weigerung des Beigeladenen, die von dem Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 9. Juli 2013 angeforderten Akten vollständig und ungeschwärzt vorzulegen. Danach richtet sich der Antrag des Klägers zum einen gegen die Sperrerklärung zu den Sachakten vom 24. März 2014. Antragsgegenstand ist zum anderen die Sperrerklärung zu der Verfahrensakte vom 5. April 2013, jedoch nur insoweit, als sie den Ausdruck zum Datensatz des Klägers in der Amtsdatei des Landesamts für Verfassungsschutz betrifft (Bl. 24 bis 72 der Verfahrensakte). Denn die Aktenanforderung des Verwaltungsgerichts vom 9. Juli 2013 beschränkt sich auf diese Unterlage der Verfahrensakte.

10

b) Bezogen auf diesen Antragsgegenstand liegt die für eine Sachentscheidung des Fachsenats erforderliche förmliche Verlautbarung der Entscheidungserheblichkeit der zurückgehaltenen Akten und Aktenteile durch das Gericht der Hauptsache vor. Das Verwaltungsgericht hat mit seinem Beschluss vom 9. Juli 2013 ausreichend dargelegt, dass und warum es die angeforderten Unterlagen für die Entscheidung des Rechtsstreits für erheblich hält.

11

c) Sollte der Kläger darüber hinaus die Feststellung begehren, dass die Weigerung der Vorlage der übrigen aufgrund der Sperrerklärung vom 5. April 2013 zurückgehaltenen Unterlagen rechtswidrig ist, wäre sein Antrag insoweit unzulässig. Hinsichtlich jener Aktenteile der Verfahrensakte fehlt es an der erforderlichen Darlegung ihrer Entscheidungserheblichkeit durch das Gericht der Hauptsache. Mit seinem Beschluss vom 9. Juli 2013 hat das Verwaltungsgericht die Entscheidungserheblichkeit der Verfahrensakte allein für den Ausdruck zum Datensatz des Klägers in der Amtsdatei bejaht. Deshalb lässt sich auch die lediglich formularmäßige Aktenanforderung durch gerichtliche Verfügungen vom 13. Oktober 2011 (Eingangsverfügung), 5. Dezember 2012, 14. und 29. Januar 2013 nicht als ausreichende Verlautbarung der Vorlagepflicht nach § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO ansehen.

12

2. Der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs hat das Vorliegen der mit den Sperrerklärungen differenzierend für die einzelnen Aktenbestandteile geltend gemachten Weigerungsgründe nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO unter Anlegung der zutreffenden rechtlichen Maßstäbe geprüft. Danach ist ein Nachteil für das Wohl des Landes im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 VwGO unter anderem dann gegeben, wenn und soweit die Bekanntgabe des Akteninhalts die künftige Erfüllung der Aufgaben der Sicherheitsbehörden einschließlich deren Zusammenarbeit mit anderen Behörden erschweren würde (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 21. August 2012 - 20 F 5.12 - Rn. 4 und vom 25. Januar 2016 - 20 F 10.14 [ECLI:DE:BVerwG:2016:250116B20F10.14.0] - Rn. 6, jeweils m.w.N.). Personenbezogene Daten sind grundsätzlich ihrem Wesen nach geheimhaltungsbedürftig im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 VwGO. Geschützt sind nicht nur personenbezogene Daten, die ohne weiteres zur Identifikation der Person führen; auch Äußerungen und Angaben zur Sache können geheimhaltungsbedürftig sein, wenn die Mitteilungen Rückschlüsse auf die Person erlauben und in Abwägung mit den Interessen des Klägers ein berechtigtes Interesse an einer Geheimhaltung besteht. Im Fall des Informantenschutzes tritt neben das grundrechtlich abgesicherte Interesse des Betroffenen, seine persönlichen Daten geheim zu halten, das öffentliche Interesse, die Wahrnehmung der öffentlichen Aufgaben sicherzustellen. Sind Behörden - wie dies namentlich auf die Verfassungsschutzämter zutrifft - bei der Erfüllung ihrer Aufgaben auf Angaben Dritter angewiesen, dürfen sie zum Schutz des Informanten dessen Identität geheim halten (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. Januar 2012 - 20 F 4.11 - Rn. 13 f. und vom 18. Februar 2014 - 20 F 10.13 - Rn. 5 m.w.N.).

13

3. Hiernach sind die Sperrerklärungen vom 5. April 2013 und 24. März 2014, soweit sie Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, ganz überwiegend nicht zu beanstanden.

14

a) Lediglich hinsichtlich der im Entscheidungsausspruch aufgeführten Eintragungen ist die Weigerung, diese ungeschwärzt vorzulegen, rechtswidrig. Der Schutz der Persönlichkeitsrechte und sonstiger Belange Dritter wird von der Sperrerklärung vom 24. März 2014 insoweit zu Unrecht in Anspruch genommen. Für die Eintragungen auf den Blättern 325, 326 und 328 hat der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs zutreffend angenommen, dass dieser Geheimhaltungsgrund die Schwärzung der Namen der dort genannten fünf Inhaftierten nicht rechtfertigt, weil es sich bei ihnen um dem Kläger bekannte RAF-Mitglieder handelt und der Zusammenhang ihrer Inhaftierung ebenfalls offenkundig ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. November 2011 - 20 F 22.10 - Rn. 37, vom 19. Juni 2013 - 20 F 10.12 - ZIP 2014, 442 Rn. 11 und vom 28. Juli 2015 - 20 F 3.15 [ECLI:DE:BVerwG:2015:280715B20F3.15.0] - ZD 2015, 602 Rn. 17). Dasselbe gilt für die Schwärzung der entsprechenden Namen auf Blatt 327. Nicht schutzwürdig ist auch der Name des allgemein bekannten RAF-Mitglieds auf Blatt 341 der Sachakten.

15

b) Im Übrigen bestätigt die Durchsicht der dem Senat ungeschwärzt vorliegenden Unterlagen, dass der Beigeladene nur Aktenteile vollständig zurückgehalten oder mit Schwärzungen vorgelegt hat, die gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geheimhaltungsbedürftig sind.

16

aa) Wie der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs dargelegt hat, ist die Zurückhaltung von Eintragungen, die Aktenzeichen, Organisationskennzeichen und Arbeitstitel, Verfügungen, Aktenvermerke, Arbeitshinweise, Randbemerkungen und Querverweise sowie Hervorhebungen und Unterstreichungen betreffen, von dem Geheimhaltungsgrund des § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 VwGO gedeckt. Diese Informationen sind grundsätzlich geeignet, vor allem im Rahmen einer umfangreichen Gesamtschau, die künftige Aufgabenerfüllung der Verfassungsschutzbehörden zu erschweren, weil sich daraus Rückschlüsse auf Arbeitsweisen und Methoden der Erkenntnisgewinnung ableiten lassen. Das gilt auch für die geschwärzten Zahlen der zugeordneten Kandidaten auf Blatt 479 der Sachakten. Die von dem Kläger beanstandete Differenzierung des Beigeladenen zwischen dieser Eintragung und der offengelegten Anzahl der Veranstaltungsteilnehmer an anderer Stelle in den Sachakten (z.B. Blatt 37) ist gerechtfertigt. Denn die Eintragung auf Blatt 479 hat einen weitergehenden Informationsgehalt.

17

Darüber hinaus sind in den zurückgehaltenen Aktenteilen Informationen enthalten, deren Sperrung dem Quellenschutz dient, die personenbezogene Daten von Behördenangehörigen und Mitarbeitern betreffen sowie Methoden der operativen Arbeit oder Zusammenarbeit mit anderen Behörden offenbaren. Das gilt in besonderer Weise für den Auszug aus der Amtsdatei des Landesamts für Verfassungsschutz (Bl. 24 bis 72 der Verfahrensakte) und für das als "Rekonstruktionsakte" bezeichnete Aktenstück (Bl. 663 ff. und 683 ff. der Sachakten), die aus diesem Grund in ihrer Gesamtheit geheimhaltungsbedürftig sind (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 5. April 2012 - 20 F 1.12 - Rn. 4 und vom 21. August 2012 - 20 F 5.12 - Rn. 10). Die Vermutung des Klägers, es handele sich um nicht geheimhaltungsbedürftige "Informationen auf höherem Abstraktionsniveau" oder "vom Einzelgeschehen abstrahierende Erkenntnisse", ist unzutreffend. Schließlich hat die Durchsicht der Akten ergeben, dass sich der Beigeladene hinsichtlich der Schwärzung von Daten sonstiger in den Unterlagen genannter Personen zu Recht auf den Weigerungsgrund des Persönlichkeitsschutzes Dritter beruft (BVerwG, Beschlüsse vom 4. März 2010 - 20 F 14.09 - NVwZ 2010, 844 Rn. 6 und vom 19. April 2010 - 20 F 13.09 - BVerwGE 136, 345 Rn. 22).

18

Danach durfte der Beigeladene aus den in der Sperrerklärung vom 24. März 2014 genannten Gründen auch die ungeschwärzte Vorlage der Blätter 520 und 647 der Sachakten verweigern.

19

Soweit der Beigeladene Aktenseiten vollständig zurückgehalten hat, hat die Überprüfung durch den Senat bestätigt, dass Teilschwärzungen nicht angezeigt waren, weil für jede Aktenseite - meist mehrere - Geheimhaltungsgründe vorliegen, die die Vorlageverweigerung der Unterlage insgesamt rechtfertigen.

20

bb) Dass der Beigeladene dem beschließenden Fachsenat Blatt 175 der Sachakten nicht ungeschwärzt vorgelegt hat, ist ausnahmsweise unschädlich, weil die Schwärzung, soweit sie nicht ohnehin bereits im Original vorhanden ist, nach den Erläuterungen in der Sperrerklärung vom 24. März 2014 erkennbar dem Geheimhaltungsgrund des Schutzes der Persönlichkeitsrechte und sonstiger Belange Dritter dient und nicht ersichtlich ist, dass die zurückgehaltenen Eintragungen personenbezogene Daten des Klägers betreffen. Ebenso ist es unschädlich, dass in der Sperrerklärung die teilgeschwärzten Blätter 441, 480 und 639 - wohl versehentlich - nicht aufgeführt werden. Die einschlägigen Weigerungsgründe des Schutzes der Persönlichkeitsrechte und sonstiger Belange Dritter (Bl. 441, 639) sowie des Schutzes der Arbeitsweise des Verfassungsschutzes (Bl. 480) erschließen sich ohne weiteres.

21

cc) Die gegen den Weigerungsgrund des Quellenschutzes gerichteten Einwendungen des Klägers greifen nicht durch. Der Fachsenat hat sich durch Einsichtnahme in die ungeschwärzten Unterlagen davon überzeugt, dass der Beigeladene unter Hinweis auf den Schutz von Informanten nur solche Aktenteile geschwärzt oder vollständig zurückgehalten hat, aus denen sich entweder unmittelbar die Person eines Informanten ergibt oder die Rückschlüsse auf eine bestimmte Person zulassen. Soweit der Beigeladene bei einer Vielzahl von Unterlagen jegliche Hinweise auf den Anlass, über den berichtet wird, zurückgehalten hat, ist das nicht zu beanstanden. Denn es handelt sich durchweg nicht um Veranstaltungen oder Zusammenhänge, bei denen die Identität der Quelle aufgrund der Anonymität eines großen nicht individualisierbaren Teilnehmerkreises verborgen bleiben würde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2015 - 20 F 2.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:280715B20F2.14.0] - Rn. 16).

22

Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Quellen heute keines Schutzes ihrer Identität mehr bedürften. Die von dem Beigeladenen geltend gemachte Zusicherung lebenslanger Vertraulichkeit stellt einen berechtigten Geheimhaltungsgrund dar (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. November 2011 - 20 F 22.10 - Rn. 29 f. und vom 21. Januar 2014 - 20 F 1.13 - Rn. 23, jeweils m.w.N.). Der Informantenschutz ist auch nicht von der begründeten Befürchtung abhängig, dass der Informant sich im Fall einer Offenlegung möglichen Repressalien ausgesetzt sieht. Entscheidend ist vielmehr, dass der Bruch einer zugesagten oder berechtigterweise erwarteten lebenslangen Vertraulichkeit gegenüber dem Informanten generell geeignet wäre, die Aufgabenwahrnehmung der Behörde zu beeinträchtigen, indem die künftige Gewinnung von Informationen erschwert würde (BVerwG, Beschluss vom 4. März 2016 - 20 F 1.16 [ECLI:DE:BVerwG:2016:040316B20F1.16.0] - Rn. 7 m.w.N.). Im Übrigen geht die Kritik des Klägers an den Ausführungen auf Seite 9 des angegriffenen Beschlusses fehl. Die in der Beschwerdeschrift den Blättern 340 f. zugeordneten Zitate aus den Sachakten betreffen tatsächlich die Blätter 350 f.

23

dd) Ob der Beigeladene mit den in der Sperrerklärung aufgeführten und dem Fachsenat vorgelegten Unterlagen der Aktenanforderung des Gerichts der Hauptsache in ihrem sachlichen Umfang vollauf entsprochen hat, ist vom Fachsenat nicht zu überprüfen. Gegenstand dieses Zwischenverfahrens ist allein die Rechtmäßigkeit der abgegebenen Sperrerklärungen (BVerwG, Beschlüsse vom 23. November 2011 - 20 F 22.10 - Rn. 11 und vom 25. Januar 2016 - 20 F 10.14 - Rn. 17).

24

ee) Dahinstehen kann, ob in diesem Zwischenverfahren der von dem Kläger im Beschwerdeverfahren vorgelegte Bescheid des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 8. April 2015 zu berücksichtigen ist, mit dem das Bundesamt dem Kläger nach § 15 Abs. 1 BVerfSchG Auskunft über zu seiner Person gespeicherte Daten erteilt und verschiedene über ihn in Akten vorliegende Erkenntnisse mitgeteilt hat. Denn die in den zu überprüfenden Sperrerklärungen in Anspruch genommenen Weigerungsgründe liegen unabhängig davon vor.

25

ff) Eine weiter gehende Begründung dazu, warum die geltend gemachten Weigerungsgründe konkret gegeben sind, ist nach § 99 Abs. 2 Satz 10 VwGO ausgeschlossen.

26

c) Soweit die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Vorlageverweigerung erfüllt sind, ist auch die nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO erforderliche Ermessensausübung nicht zu beanstanden. Der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs hat zutreffend ausgeführt, dass der Beigeladene in den Sperrerklärungen vom 24. März 2014 und 5. April 2013 - soweit sie Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind - eine auf den laufenden Rechtsstreit bezogene und auf einer Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten beruhende Ermessensentscheidung getroffen hat, die den rechtlichen Anforderungen genügt.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 und § 162 Abs. 3 VwGO.

Prof. Dr. Rubel

Dr. Fleuß

Dr. Kuhlmann

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