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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 08.06.2016, Az.: BVerwG 4 B 14.16
Beurteilung der Zulässigkeit eines Vorhabens im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans; Abschließende Regelung der Art der baulichen Nutzung mit der Festsetzung "Gartenhausgebiet"
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 08.06.2016
Referenz: JurionRS 2016, 18941
Aktenzeichen: BVerwG 4 B 14.16
ECLI: ECLI:DE:BVerwG:2016:080616B4B14.16.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

VGH Baden-Württemberg - 17.02.2016 - AZ: 8 S 2364/13

Fundstellen:

FuBW 2017, 158-159

GV/RP 2017, 118-119

KomVerw/B 2017, 152-153

KomVerw/MV 2017, 142-143

ZfBR 2016, 701

BVerwG, 08.06.2016 - BVerwG 4 B 14.16

Redaktioneller Leitsatz:

1.

Mit einer Rechtsfrage, die von einer anderen Prämisse ausgeht als das angefochtene Urteil, kann die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) von vornherein nicht schlüssig dargelegt werden.

2.

Es liegt auf der Hand, dass das Ergebnis eines Berufungsverfahrens nicht durch die Gründe, die nach § 124 Abs. 2 VwGO zu seiner Zulassung geführt haben, vorbestimmt sein kann.

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. Juni 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz und Dr. Külpmann
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 17. Februar 2016 wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf sämtliche Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unzulässig.

2

1. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht schlüssig dargelegt. Die als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfene Frage,

ob die Verweisungskette in § 30 Abs. 3 i.V.m. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB bei einem einfachen Bebauungsplan dem Gesetz entgegen nicht gilt, wenn der einfache Bebauungsplan zwar das zulässige "Maß der Bebauung (Gartenhaus)", nicht aber den Bestandsschutz abweichend vom Gesetz regelt,

ist nicht entscheidungserheblich. Denn von der Prämisse, dass der einfache Bebauungsplan der Beklagten mit der Festsetzung "Gartenhausgebiet" zwar das zulässige "Maß" (richtig: Art) der Bebauung, nicht aber den Bestandsschutz abweichend von § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB regele, ist der Verwaltungsgerichtshof nicht ausgegangen.

3

Im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans im Sinne des § 30 Abs. 3 BauGB richtet sich die Zulässigkeit eines Vorhabens danach, ob es den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspricht, und nur "im Übrigen" nach § 34 oder § 35 BauGB. Hieraus folgt, dass die Festsetzungen eines einfachen Bebauungsplans vorgehen, soweit sie nach § 34 oder § 35 BauGB relevante Sachbereiche regeln (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Februar 2016, § 30 Rn. 32 ff.). Ausgehend hiervon hat der Verwaltungsgerichtshof die Festsetzung "Gartenhausgebiet" dahingehend interpretiert, dass die Beklagte damit die Art der baulichen Nutzung abschließend geregelt habe. Die Vorinstanz hat angenommen, dass nach der Art der baulichen Nutzung nur Gartenhäuser zulässig seien, die zur Aufbewahrung von Garten- und sonstigen Gerätschaften sowie auch zum stundenweisen Aufenthalt geeignet seien, wohingegen Wohnhäuser nach der Art der baulichen Nutzung nicht zulässig seien (UA S. 13). Ein über den Bestandsschutz hinausgehender Schutz rechtmäßig errichteter und entsprechend genutzter baulicher Anlagen habe nach dem Willen des Gemeinderats der Beklagten nicht gewährt werden sollen (UA S. 16). Bereits nach dem Auslegungsergebnis des Verwaltungsgerichtshofs blieb deshalb hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung für einen Rückgriff auf § 35 BauGB und damit auch auf § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB kein Raum.

4

2. Deshalb ist auch eine die Revision eröffnende Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) nicht im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, weil sich sämtliche von der Beschwerde zitierten Textpassagen in den angeführten Entscheidungen des Senats (BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1986 - 4 C 80.82 - BVerwGE 72, 362, Beschluss vom 5. Juni 2007 - 4 B 20.07 - ZfBR 2007, 696 und Urteil vom 8. Juni 1979 - 4 C 23.77 - BVerwGE 58, 124), von denen der Verwaltungsgerichtshof abgewichen sein soll, auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB beziehen.

5

3. Gleiches gilt, soweit die Beschwerde einen Verstoß gegen Denkgesetze als Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend macht, weil der Verwaltungsgerichtshof die Auskunft der Beklagten, im Falle einer Zerstörung des Gebäudes durch einen Brand sei ein Wiederaufbau rechtlich nicht zulässig, als inhaltlich richtig angesehen, am Ende des Urteils aber in einer Hilfserwägung zugegeben habe, "dass heute nicht feststehe, ob das Wohnhaus nach einem Brand nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB doch wieder aufgebaut werden könnte". Da der Verwaltungsgerichtshof § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB wegen der Vorrangwirkung des § 30 Abs. 3 BauGB nicht für einschlägig gehalten hat, handelt es sich - wie die Beschwerde selbst einräumt - tatsächlich nur um eine die Entscheidung nicht tragende Hilfserwägung.

6

Neben der Sache liegt der Vorwurf, die angegriffene Entscheidung sei "objektiv willkürlich", weil der Verwaltungsgerichtshof die Berufung mit der Begründung zugelassen habe, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils dargelegt worden seien und auch tatsächlich bestünden, dann aber die Berufung allein aus Rechtsgründen doch zurückgewiesen worden sei. Denn selbstverständlich ist das Ergebnis des Berufungsverfahrens durch die Gründe, die nach § 124 Abs. 2 VwGO zur Zulassung der Berufung geführt haben, nicht determiniert.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Prof. Dr. Rubel

Petz

Dr. Külpmann

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