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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 18.05.2016, Az.: BVerwG 1 WB 37.15
Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Versetzungsverfügung des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr; Anspruch eines Soldaten auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung oder auf Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten; Kommandierung an den ärztlich empfohlenen Dienstort
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 18.05.2016
Referenz: JurionRS 2016, 18412
Aktenzeichen: BVerwG 1 WB 37.15
ECLI: ECLI:DE:BVerwG:2016:180516B1WB37.15.0

BVerwG, 18.05.2016 - BVerwG 1 WB 37.15

In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Stabsfeldwebel ...,
...,
- Bevollmächtigte:
...,
...-
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer
am 18. Mai 2016 beschlossen:

Tenor:

Das Verfahren wird eingestellt.

Der Antrag, die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen dem Bund aufzuerlegen, wird abgelehnt.

Gründe

I

1

Der ... geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 31. Dezember ... Zuletzt wurde er mit Wirkung vom 1. Juni ... zum Stabsfeldwebel befördert. Seit dem 1. Juli ... wurde der Antragsteller beim ...zentrum L. als Sanitätsfeldwebel und Kompaniefeldwebel Streitkräfte verwendet.

2

Im Rahmen der Einnahme der neuen Struktur des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr wurde das ...zentrum L. zum 31. Dezember 2014 ohne Übergang in eine Nachfolgeorganisation aufgelöst. In dem von der Personalführung vorab übersandten Personalfragebogen gab der Antragsteller unter dem 13. März 2014 als Standortwünsche für Folgeverwendungen K., M. und A. an; außerdem machte er schwerwiegende persönliche Gründe im Sinne des Zentralerlasses B-1300/46 geltend.

3

Am 9. April 2014 stellte der Beratende Arzt beim Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr (im Folgenden: Bundesamt für das Personalmanagement) fest, dass beim Antragsteller schwerwiegende persönliche Gründe im Sinne des Zentralerlasses B-1300/46 für die Dauer von 12 Monaten vorlägen. Bei einer Neubegutachtung am 2. Februar 2015 erklärte der Beratende Arzt, dass die schwerwiegenden persönlichen Gründe für weitere 12 Monate vorlägen und von einer Versetzung des Antragstellers aus militärfachärztlicher Sicht nachdrücklich abgeraten werde. Im Hinblick auf die Auflösung des ...zentrums L. und den damit verbundenen Wegfall des bisherigen Dienstpostens des Antragstellers führte der Beratende Arzt unter dem 11. Februar 2015 ergänzend aus, dass der Antragsteller unter Zuordnung zum ...zentrum K. am bisherigen Dienstort bis zum Ende des 3. Quartals 2015 weiter einsetzbar sei.

4

Mit Verfügung des Bundesamts für das Personalmanagement vom 4. März 2015, förmlich eröffnet am 13. März 2015, wurde der Antragsteller daraufhin zum 1. April 2015 auf den Dienstposten eines Sanitätsfeldwebels und Organisationsbearbeiters Sanitätsdienst beim Kommando ... in K. versetzt. Mit weiterer Verfügung des Bundesamts für das Personalmanagement vom 13. März 2015 wurde der Antragsteller für die Zeit vom 1. April 2015 bis 30. September 2015 zur Dienstleistung zum ...zentrum C., Teileinheit ...zentrum K. mit Dienstort L. kommandiert.

5

Mit Schreiben vom 6. März 2015, eingegangen beim Bundesministerium der Verteidigung am 24. März 2015, legte der Antragsteller gegen die Versetzungsverfügung vom 4. März 2015 Beschwerde ein. Zur Begründung führte er vor allem an, dass der Verbleib in seinem sozialen und beruflichen Umfeld entscheidend zur positiven Entwicklung seines Gesundheitszustands und zum Erfolg seiner noch mindestens bis Ende 2015 laufenden Therapie wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung beitrage. Mit Schreiben vom 1. April 2015 erklärte der Antragsteller (unter anderem), dass er deshalb seine Kommandierung zum ...zentrum K. ausdrücklich begrüße.

6

Mit Bescheid vom 18. Mai 2015 wies das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - die Beschwerde zurück. Infolge der Auflösung des ...zentrums L. zum 31. Dezember 2014 habe ein dienstliches Bedürfnis für die Versetzung des Antragstellers bestanden. Den schwerwiegenden persönlichen Gründen sei dadurch Rechnung getragen, dass der Antragsteller zunächst bis zum 30. September 2015 zur Dienstleistung nach L. kommandiert worden sei. Nach Neubegutachtung durch den Beratenden Arzt werde im 4. Quartal 2015 entschieden, ob der Antragsteller weiter dorthin kommandiert oder aber auf dem Dienstposten beim Kommando ... verwendet werde.

7

Hiergegen hat der Antragsteller mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 10. August 2015 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Das Bundesministerium der Verteidigung hat den Antrag mit seiner Stellung nahme vom 11. September 2015 dem Senat vorgelegt.

8

In der Sache hat der Antragsteller zunächst beantragt, unter Aufhebung der Versetzungsverfügung vom 4. März 2015 in Gestalt des Beschwerdebescheids vom 18. Mai 2015 die Bundesrepublik Deutschland zu verpflichten, über seine, des Antragstellers, Weiterverwendung beim ...zentrum C., ...zentrum K., Dienstort L., unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Zur Begründung hat er vor allem geltend gemacht, dass es unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Situation näher gelegen hätte und auch möglich gewesen wäre, ihn nicht nur zum Dienstort L. zu kommandieren, sondern auf einen Dienstposten am Dienstort L. zu versetzen.

9

Unter dem 9. September 2015 wurde die Kommandierung des Antragstellers zum ...zentrum K., Dienstort L., bis zum 31. März 2016 verlängert.

10

Mit Verfügung des Bundesamts für das Personalmanagement vom 24. März 2016 wurde der Antragsteller mit seinem Einverständnis mit Wirkung vom 1. Oktober 2016 und Dienstantritt am 4. Oktober 2016 auf einen nach Besoldungsgruppe A 9 mZ bewerteten Dienstposten beim Amt ... in K. versetzt. Die Kommandierung zum ...zentrum K. wurde bis zum Dienstantritt beim Amt ... verlängert.

11

Im Hinblick hierauf hat der Antragsteller mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 22. April 2016 den vorliegenden Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, die Kosten des Verfahrens der Bundesrepublik Deutschland aufzuerlegen. Das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - hat der Erledigungserklärung bereits vorab mit Schreiben vom 12. April 2016 unter Verwahrung gegen die Auferlegung der Verfahrenskosten zugestimmt.

12

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - Az.: 956/15 - und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

13

Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 3 WBO nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Für die Kostenentscheidung sind die im Prozessrecht allgemein geltenden Grundsätze maßgebend. Danach ist bei übereinstimmender Erledigungserklärung über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 20 Abs. 3 WBO, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO; stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 22. April 2008 - 1 WB 4.08 - Rn. 8 m.w.N.).

14

Billigem Ermessen entspricht es vorliegend, den Antrag, die Kosten des Verfahrens dem Bund aufzuerlegen, abzulehnen, weil der Antrag auf gerichtliche Entscheidung keinen Erfolg gehabt hätte. Die Versetzungsverfügung des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr (im Folgenden: Bundesamt für das Personalmanagement) vom 4. März 2015 und der Beschwerdebescheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom 18. Mai 2015 sind rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

15

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat ein Soldat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung oder auf Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Über die Verwendung eines Soldaten entscheidet der zuständige Vorgesetzte oder die zuständige personalbearbeitende Stelle nach pflichtgemäßem Ermessen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. September 2002 - 1 WB 30.02 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 30 S. 24 m.w.N.). Diese Ermessensentscheidung kann vom Wehrdienstgericht nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte oder die personalbearbeitende Stelle den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die gesetzlichen Grenzen des ihm bzw. ihr zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 114 VwGO). Die gerichtliche Überprüfung richtet sich auch darauf, ob die vom Bundesministerium der Verteidigung im Wege der Selbstbindung in Erlassen und Richtlinien festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 2003 - 1 WB 57.02 - BVerwGE 118, 25 <27>), wie sie sich hier insbesondere aus dem Zentralerlass (ZE) B-1300/46 zu "Versetzung, Dienstpostenwechsel, Kommandierung" (Nachfolgeerlass der früheren Versetzungsrichtlinien vom 3. März 1988, VMBl S. 76) ergeben.

16

Nach diesen Maßstäben ist die Versetzung des Antragstellers rechtlich nicht zu beanstanden.

17

Gemäß Nr. 201 Punkt 1 ZE B-1300/46 kann ein Soldat versetzt werden, wenn ein dienstliches Bedürfnis besteht. Das dienstliche Bedürfnis für die Wegversetzung folgt aus der Auflösung des ...zentrums L. und dem damit verbundenen Wegfall des bisherigen Dienstpostens des Antragstellers (Nr. 202 Buchst. c ZE B-1300/46). Ebenso unstreitig ist, dass der Antragsteller für den zu besetzenden Sanitätsfeldwebel-Dienstposten (Nr. 202 Buchst. a ZE B-1300/46) beim Kommando ... in K. geeignet ist.

18

Es liegt auch kein Ermessensfehler bei der Entscheidung über die Versetzung vor. Insbesondere war das Bundesamt für das Personalmanagement nicht verpflichtet, von der Versetzung zum Kommando ... in K. abzusehen und den Antragsteller stattdessen auf einen Dienstposten am Dienstort L. zu versetzen.

19

Zwar kann gemäß Nr. 203 ZE B-1300/46 ein Soldat oder eine Soldatin versetzt werden (hier: auf einen Dienstposten in L.), wenn schwerwiegende persönliche Gründe vorliegen und vorrangige dienstliche Belange nicht entgegenstehen; aus den gleichen Gründen kann von einer Versetzung (hier: zum Kommando ... in K.) abgesehen werden. Auch wurden dem Antragsteller wegen seines Gesundheitszustands durch die Gutachten des Beratenden Arztes beim Bundesamt für das Personalmanagement (unter anderem vom 9. April 2014, vom 2./11. Februar 2015 und vom 31. März 2015) schwerwiegende persönliche Gründe im Sinne der Nr. 204 Buchst. a ZE B-1300/46 attestiert. Die Empfehlung des Beratenden Arztes (insbesondere in dem klarstellenden Schreiben vom 11. Februar 2015) lautete jedoch (lediglich) auf Verwendung des Antragstellers in dem sozialen und dienstlichen Umfeld des bisherigen Standorts L., wie dies vom Antragsteller auch gewünscht und ausdrücklich begrüßt wurde. Dieser Empfehlung hat das Bundesamt für das Personalmanagement Rechnung getragen, indem es den Antragsteller für die vom Beratenden Arzt jeweils attestierte Dauer des Vorliegens schwerwiegender persönlicher Gründe zur Dienstleistung beim ...zentrum C., Teileinheit ...zentrum K. mit Dienstort L. kommandiert hat.

20

Die Versetzung des Antragstellers zum Kommando ... in K. stellt sich danach nicht als ermessensfehlerhaft dar, weil das Bundesamt für das Personalmanagement mögliche Versetzungshindernisse durch die parallele Kommandierung an den ärztlicherseits empfohlenen Dienstort ausgeräumt hat. Dass diese Kommandierung mehrfach erneuert bzw. verlängert werden musste, ist sachlich mit der periodischen Begutachtung des Gesundheitszustands und der (weiteren) Therapiebedürftigkeit des Antragstellers begründet. Die Personalführung hat jedenfalls zu keinem Zeitpunkt Zweifel daran aufkommen lassen, dass sie den Empfehlungen des Beratenden Arztes folgen würde.

21

Die angefochtene Versetzungsverfügung ist auch nicht aus anderen Gründen rechts- oder ermessensfehlerhaft. Die Versetzung nach K. entspricht dem Standortwunsch, den der Antragsteller in dem Personalfragebogen zur Einnahme der neuen Struktur des Zentralen Sanitätsdienstes an erster Stelle angegeben hat. Soweit der Antragsteller Bedenken geäußert hat, der Dienstposten eines Sanitätsfeldwebels und Organisationsbearbeiters Sanitätsdienst beim Kommando ... könne wegen fehlender "herausgehobener Verwendung" seiner weiteren Förderung abträglich sein, ist diese Befürchtung durch die nunmehr zum 1. Oktober 2016 erfolgte (Weiter-)Versetzung auf einen nach Besoldungsgruppe A 9 mZ (Oberstabsfeldwebel) bewerteten Dienstposten beim Amt ... widerlegt.

Dr. von Heimburg

Dr. Frentz

Dr. Langer

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