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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 17.12.2015, Az.: BVerwG 6 B 24.15
Anforderungen an die Deutlichkeit der erlassende Behörde bei einem Bescheid zur Heranziehung zu Rundfunkbeiträgen
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 17.12.2015
Referenz: JurionRS 2015, 36755
Aktenzeichen: BVerwG 6 B 24.15
ECLI: ECLI:DE:BVerwG:2015:171215B6B24.15.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

OVG Saarland - 05.05.2015 - AZ: 1 A 11/15

BVerwG, 17.12.2015 - BVerwG 6 B 24.15

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. Dezember 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz und Dr. Tegethoff
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 5. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 61,94 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers kann keinen Erfolg haben. Der geltend gemachte Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, auf dessen Prüfung der Senat aufgrund des Darlegungserfordernisses des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO beschränkt ist, liegt nicht vor.

2

Der Kläger hält einen Bescheid, durch den er zu Rundfunkbeiträgen herangezogen wurde, für nichtig, weil er nicht erkennen lasse, ob er vom Beklagten oder von der Inkassostelle der Rundfunkanstalten, dem "ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice" erlassen worden sei. Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage, die Nichtigkeit von Beitrags- und Widerspruchsbescheid festzustellen, hilfsweise die Bescheide aufzuheben, hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Es hat festgestellt, der Beklagte werde in der linken Spalte der Kopfzeile und in der Unterschrift des Beitragsbescheids sowie in Überschrift und Rechtsbehelfsbelehrung des Widerspruchsbescheids genannt. Der Beitragsservice sei nur in der rechten Spalte der Kopfzeile des Beitragsbescheids aufgeführt. Aus diesen Aufmachungen ginge der Beklagte mit hinreichender Deutlichkeit als erlassende Behörde hervor. Insoweit werde in entsprechender Anwendung des § 117 Abs. 5 VwGO auf die zutreffenden Ausführungen in der Klageerwiderung Bezug genommen.

3

Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung hat der Kläger wie folgt begründet: Er halte daran fest, dass die Bescheide nichtig seien. Die Argumente des Beklagten, mit deren Bezugnahme sich das Verwaltungsgericht begnügt habe, überzeugten nicht. Sie hätten in einem Beschwerdeverfahren gegen die Beitreibung von Rundfunkbeiträgen im Wege der Immobiliarvollstreckung auch das Landgericht Tübingen nicht überzeugt (vgl. LG Tübingen, Beschluss vom 19. Mai 2014 - 5 T 81/14). Allerdings stehe eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs über die vom Landgericht zugelassene weitere Beschwerde noch aus. Im Übrigen werde beantragt, die Frist zur Begründung der Berufung um einen Monat zu verlängern. Die antragsgemäß verlängerte Frist ließ der Kläger ungenutzt verstreichen.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung wegen unzureichender Begründung als unzulässig verworfen. Der Kläger habe sich nicht hinreichend mit den in der Klageerwiderung dargelegten, für die Erkennbarkeit der Erlassbehörde sprechenden Gründen auseinander gesetzt, auf die sich das Verwaltungsgericht gestützt habe. Die pauschale Bezugnahme des Klägers auf den Beschluss des Landgerichts Tübingen reiche nicht aus. Der Kläger habe nicht dargelegt, inwieweit dessen Feststellungen auf den vorliegenden Fall übertragbar seien. Zur Ablehnung seines Hilfsantrags habe sich der Kläger überhaupt nicht geäußert.

5

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger die Verletzung rechtlichen Gehörs. Das Oberverwaltungsgericht habe die Anforderungen an eine Berufungsbegründung überspannt. Es habe verkannt, dass die Aufmachung des Beitragsbescheids, der dem Beschluss des Landgerichts Tübingen zugrunde gelegen habe, mit derjenigen des angefochtenen Bescheids identisch sei.

6

Damit hat der Kläger nicht dargelegt, dass die Berufungsentscheidung auf einem Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO beruht: Der geltend gemachte Gehörsverstoß liegt nicht vor. Wie sich aus den Beschlussgründen eindeutig ergibt, hat das Oberverwaltungsgericht die Berufungsbegründung des Klägers zur Kenntnis genommen und anhand des Begründungserfordernisses des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO rechtlich gewürdigt. Damit hat es den Anspruch des Klägers auf Gehörsgewährung gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO erfüllt. In der Sache wendet sich der Kläger gegen die rechtliche Würdigung des Oberverwaltungsgerichts, die Berufungsbegründung genüge inhaltlich den Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO nicht. Auch diese Rüge trifft jedoch nicht zu, sodass das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu Recht als unzulässig verworfen hat (§ 124a Abs. 3 Satz 5, § 125 Abs. 2 Satz 1 und 2 VwGO).

7

Nach § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO ist die Berufung unzulässig, wenn ihre Begründung keine im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthält. Der Bedeutungsgehalt dieser Regelung ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Danach muss die Begründung der Berufung substanziiert und konkret auf den Streitfall und die tragenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zugeschnitten sein. Sie muss erkennen lassen, aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen dieses Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig sein soll und geändert werden muss. Hierfür muss der Berufungskläger zumindest eine bestimmte tatsächliche Feststellung, eine rechtliche Sachverhaltswürdigung oder eine allgemeine Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die dessen Urteil tragen, angreifen. Seine Darlegungen müssen aus sich heraus verständlich sein. Bezugnahmen auf schriftliche Stellungnahmen sind zulässig, wenn sich diese in den Gerichtsakten befinden (stRspr; vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 1998 - 9 C 6.98 - BVerwGE 107, 117 <121 f.>; Beschluss vom 23. September 1999 - 9 B 372.99 - NVwZ 2000, 67).

8

Das Verwaltungsgericht hat die Frage, ob der Beklagte als Erlassbehörde des Beitragsbescheids erkennbar ist, beantwortet, indem es sich dessen rechtliche Erwägungen in der Klageerwiderung durch Bezugnahme in entsprechender Anwendung des § 117 Abs. 5 VwGO zu Eigen gemacht hat. Diesen Analogieschluss kann der Senat nicht in Frage stellen, weil der Kläger hiergegen in der Beschwerdebegründung keine Einwendungen erhoben hat. Davon ausgehend ist die Berufungsbegründung des Klägers unzulänglich. Sie beschränkt sich auf den pauschalen Hinweis, das Landgericht Tübingen habe in einem näher bezeichneten Beschluss eine andere Rechtsauffassung als das Verwaltungsgericht vertreten. Dieser Hinweis genügt den Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO an eine Berufungsbegründung nicht, weil er aus sich heraus nicht nachvollziehbar ist. Der Kläger hat keinerlei Angaben zu dem Sachverhalt, der der Entscheidung des Landgerichts zugrunde lag, und zu dessen tragenden rechtlichen Erwägungen gemacht. Die Beschlussgründe des Landgerichts bleiben vollständig im Dunkeln. Dementsprechend lassen die Ausführungen des Klägers in der Berufungsbegründung nicht erkennen, welche Erwägungen das Landgericht zu der hier entscheidenden Frage der Erkennbarkeit der Rundfunkanstalten als Erlassbehörde von Rundfunkbeitragsbescheiden angestellt hat. Eine Darstellung der Rechtsauffassung des Landgerichts wäre geboten gewesen, weil dessen Entscheidung nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht gewesen ist.

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG.

Neumann

Dr. Heitz

Dr. Tegethoff

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