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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 01.04.2015, Az.: BVerwG 4 B 10.15
Nachweis einer Verletzung des rechtlichen Gehörs im verwaltungsgerichtlichen Verfahren
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 01.04.2015
Referenz: JurionRS 2015, 15204
Aktenzeichen: BVerwG 4 B 10.15
ECLI: [keine Angabe]

BVerwG, 01.04.2015 - BVerwG 4 B 10.15

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. April 2015
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz und Dr. Decker
beschlossen:

Tenor:

Die Anhörungsrüge der Beklagten gegen den Beschluss des Senats vom 21. Januar 2015 (BVerwG 4 B 42.14) wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

1

Die Anhörungsrüge bleibt ohne Erfolg. Die Beklagte legt nicht dar, dass der Senat ihren Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Sie hat daher keinen Anspruch nach § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO auf Fortsetzung des Verfahrens.

2

1. Die Beklagte macht geltend, der Senat habe bei der Entscheidung über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Zwischenurteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. März 2014 in Bezug auf die fehlerhafte Ermessensausübung durch das Oberverwaltungsgericht im Rahmen des § 109 VwGO als beachtlicher Verfahrensmangel zentralen Vortrag ihrer Beschwerde nicht berücksichtigt. Sie habe detailliert ausgeführt, warum der Erlass des Zwischenurteils ermessensfehlerhaft erfolgt sei. Der Senat habe sich diesen Detailrügen aber nicht gewidmet. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist damit nicht dargetan (§ 152a Abs. 1, Abs. 2 Satz 6 VwGO). Bei der Anhörungsrüge handelt es sich um ein formelles Recht, das dann greift, wenn das Gericht entscheidungserhebliches Vorbringen der Beteiligten nicht in ausreichendem Maße zur Kenntnis genommen und sich nicht mit ihm in der gebotenen Weise auseinandergesetzt hat (BVerwG, Beschluss vom 24. November 2011 - 8 C 13.11 <8 C 5.10> - Rn. 2). Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht jedoch nicht dazu, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Das Gericht darf sich vielmehr auf die Gründe beschränken, die für seine Entscheidung leitend gewesen sind (BVerwG, Beschluss vom 1. September 2009 - 4 B 48.09 <4 B 71.08> - Rn. 2). Es ist daher verfehlt, aus der Nichterwähnung einzelner Begründungsteile eines Beschwerdevorbringens in den gerichtlichen Entscheidungsgründen zu schließen, das Gericht habe sich nicht mit den darin enthaltenen Argumenten befasst (vgl. stRspr; BVerfG, Be-schluss vom 15. April 1980 - 1 BvR 1365/78 - BVerfGE 54, 43 <46> m.w.N.; BVerwG, Beschlüsse vom 21. Juli 2005 - 9 B 9.05 - , vom 17. August 2007 - 8 C 5.07 - Buchholz 310 § 152a VwGO Nr. 4 und vom 20. März 2013 - 7 C 3.13 <7 C 11.10> - Rn. 2). Art. 103 Abs. 1 GG vermittelt insbesondere keinen Schutz davor, dass ein Gericht aus Gründen des materiellen Rechts Parteivorbringen nicht weiter aufnimmt (BVerfG, Beschluss vom 21. April 1982 - 2 BvR 810/81 - BVerfGE 60, 305 <310> m.w.N.).

3

Der Senat hat im angegriffenen Beschluss unter Randnummer 22 die Anforderungen an die Ermessensausübung für den Fall der Entscheidung durch Zwischenurteil nach § 109 VwGO ausführlich dargelegt. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes hat er in Randnummer 23 geprüft, ob dem Oberverwaltungsgericht ein Verfahrensfehler unterlaufen ist. Dabei hat er das insofern entscheidungsrelevante Vorbringen der Beklagten im Beschwerdeverfahren zur Kenntnis genommen und sich damit im gebotenen Maße hinreichend auseinandergesetzt. Im Ergebnis hat er einen Verfahrensfehler verneint. Dass der Senat sich dabei auf die rechtlich erheblichen Aspekte konzentriert und im Übrigen darauf verzichtet hat, auf alle sonstigen Argumente der Beklagten im Einzelnen einzugehen, begründet keinen Gehörsverstoß.

4

2. Des Weiteren rügt die Beklagte, der Senat habe übersehen, dass sie auch bezüglich eines Verstoßes des Oberverwaltungsgerichts gegen § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog (fehlerhafte Annahme eines besonderen Feststellungsinteresses) einen Verfahrensfehler geltend gemacht habe. Da das Bundesverwaltungsgericht ausweislich der Randnummer 15 des Beschlussabdrucks davon ausgegangen sei, dass die von der Beklagten tatsächlich erhobene Verfahrensrüge nicht vorliege und der Senat sich deshalb nach § 137 Abs. 2 VwGO als gebunden gefühlt habe, sei es offenkundig, dass die von ihr erhobene Verfahrensrüge nicht zur Kenntnis genommen worden sei. Die Anhörungsrüge ist unberechtigt. Der Senat geht unter Randnummer 15 des angefochtenen Beschlusses nicht - wie die Beklagte meint - vom "Fehlen" einer Verfahrensrüge aus, sondern davon, dass insoweit "zulässige und begründete" Verfahrensrügen nicht vorliegen würden. Das deckt sich mit der weiteren Begründung des Beschlusses unter Randnummer 19. Dort wird ausgeführt, dass die im Zusammenhang mit der angeblichen fehlerhaften Bejahung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses durch das Oberverwaltungsgericht geltend gemachten Verfahrensfehler nicht gegeben seien. Das hat seine Berechtigung darin, dass sich die Beschwerde der Sache nach gegen die vorinstanzliche Beweiswürdigung wendete. Ein Verfahrensmangel war damit nicht dargetan (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 1995 - 9 B 645.94 - ).

5

3. Schließlich bemängelt die Beklagte, hinsichtlich des gerügten Verstoßes des Oberverwaltungsgerichts gegen § 88 VwGO "analog", sei der Senat davon ausgegangen, dass die Beklagte einen Verfahrensfehler nicht schlüssig dargetan habe (Beschlussabdruck Rn. 13). Sie - die Beklagte - habe aber ausdrücklich in Bezug auf die Anwendung des § 88 VwGO "analog" einen Verfahrensfehler geltend gemacht und zwar bezüglich beider Begründungsansätze des Oberverwaltungsgerichts. Dabei handele es sich durchaus um eine schlüssige und vor allem substantiierte Darlegung eines Verfahrensfehlers. Auch diese Rüge führt auf keinen Gehörsverstoß. Mit ihrem Einwand greift die Anhörungsrüge die rechtliche Würdigung des Senats als fehlerhaft an und will auf diese Weise eine erneute Überprüfung des Beschwerdevorbringens in einem fortgeführten Beschwerdeverfahren erreichen. Das ist nicht Aufgabe und Gegenstand einer Anhörungsrüge (vgl. dazu u.a. BVerwG, Beschluss vom 1. April 2008 - 9 A 12.08 <9 A 27.06> - Rn. 2). Sie stellt keinen Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses dar (BVerwG, Beschluss vom 24. November 2011 - 8 C 13.11 <8 C 5.10> - Rn. 2).

6

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtsgebühr ergibt sich unmittelbar aus Nr. 5400 KV zu § 3 Abs. 2 GKG. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht.

Prof. Dr. Rubel

Petz

Dr. Decker

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