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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 05.11.2013, Az.: BVerwG 2 B 69.13
Divergenzrüge im Zusammenhang mit Versetzung eines Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 05.11.2013
Referenz: JurionRS 2013, 51034
Aktenzeichen: BVerwG 2 B 69.13
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

OVG Niedersachsen - 07.05.2013 - AZ: OVG 5 LB 212/12

BVerwG, 05.11.2013 - BVerwG 2 B 69.13

Redaktioneller Leitsatz:

Eine Divergenzrüge genügt nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 S. 3 VwGO, wenn das entsprechende Vorbringen in der Beschwerdebegründung insoweit widersprüchlich ist.

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. November 2013
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hartung und Dr. Kenntner
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 7. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 33 569,38 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde der Beklagten hat keinen Erfolg.

2

1. Die Klägerin, eine Obersekretärin im Justizvollzugsdienst, war von der Beklagten mit Verfügung vom 14. April 2009 wegen Dienstunfähigkeit mit Wirkung vom 1. Mai 2009 in den Ruhestand versetzt worden. Nachdem die Klägerin wieder dienstfähig geworden war, wurde sie am 28. Juni 2010 erneut in das aktive Beamtenverhältnis berufen. Vor dem Verwaltungsgericht hat die Klägerin beantragt, die Zurruhesetzungsverfügung aufzuheben, hilfsweise festzustellen, dass die Versetzung in den Ruhestand rechtswidrig war. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht die Zurruhesetzungsverfügung aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

3

Das Gericht habe nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Zurruhesetzungsverfügung aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig gewesen sei. Zudem sei nicht festzustellen, dass die Beklagte für die Klägerin, selbst wenn diese ihre Dienstpflichten zum Teil nicht hätte erfüllen können, in ihrem eigenen Bereich des Justizvollzugsdienstes nicht einen geeigneten Dienstposten hätte freimachen oder durch organisatorische Änderungen einrichten können.

4

2. Ist eine Berufungsentscheidung - wie hier - auf mehrere jeweils selbstständig tragende Gründe gestützt, kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Revision nur zugelassen werden, wenn gegenüber jeder der Begründungen ein durchgreifender Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (vgl. u.a. Beschlüsse vom 15. Juni 1990 - BVerwG 1 B 92.90 - Buchholz 11 Art. 116 GG Nr. 20, vom 20. August 1993 - BVerwG 9 B 512.93 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 320 S. 51 und vom 9. Dezember 1994 - BVerwG 11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 S. 4). Daran fehlt es hier.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat seine Rechtsauffassung, die Zurruhesetzungsverfügung der Beklagten vom 14. April 2009 verstoße gegen § 26 Abs. 1 BeamtStG, selbstständig tragend auch darauf gestützt, es sei nicht festzustellen, dass die Beklagte nicht in der Lage gewesen sei, die Klägerin auf einem Dienstposten zu beschäftigen, der ihrem statusrechtlichen Amt zugeordnet und gesundheitlich für sie geeignet sei. Die Beklagte habe zwar umfänglich nach einer Verwendungsmöglichkeit der Klägerin im allgemeinen Verwaltungsdienst in anderen Behörden gesucht. Es sei aber nicht ersichtlich, dass die Beklagte die Möglichkeit der Verwendung der Klägerin in ihrem eigenen Bereich im Justizvollzugsdienst geprüft hätte. Konkrete organisatorische Bemühungen im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung vom 14. April 2009 habe die Beklagte nicht dargelegt.

6

Hinsichtlich dieser tragenden Begründung hat die Beklagte lediglich die Divergenzrüge erhoben (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), die jedoch keinen Erfolg hat. Deshalb kommt es nicht auf die weiteren Rügen an, die die Beklagte in Bezug auf die andere selbstständig tragende Begründung des Oberverwaltungsgerichts erhoben hat, die Klägerin sei zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verfügung vom 14. April 2009 nicht im Sinne von § 26 Abs. 1 BeamtStG aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig gewesen.

7

Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass das Berufungsgericht in dem angefochtenen Urteil einen inhaltlich bestimmten, das Urteil tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, mit dem es einem Rechtssatz widersprochen hat, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Das ist der Fall, wenn das Berufungsgericht einen im zu entscheidenden Fall erheblichen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts nicht anwendet, weil es ihn für unrichtig hält. Eine Divergenz liegt demgegenüber nicht vor, wenn das Berufungsgericht einen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts im Einzelfall rechtsfehlerhaft anwendet oder daraus nicht die rechtlichen Folgerungen zieht, die etwa für die Sachverhalts- und Beweiswürdigung geboten sind (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26, vom 3. Juli 2007 - BVerwG 2 B 18.07 - Buchholz 235.1 § 69 BDG Nr. 1 und vom 28. Oktober 2008 - BVerwG 2 B 53.08 - [...] Rn. 3).

8

Das Vorbringen der Beklagten in der Beschwerdebegründung genügt insoweit nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, weil es insoweit widersprüchlich ist. Zum einen verweist die Beklagte zur Begründung der angeblichen Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auf den zweiten Leitsatz des Senatsurteils vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 46.08 - und zum anderen auf die Ausführungen in Rn. 16 dieses Urteils. Diese Aussagen betreffen aber zwei rechtlich voneinander zu trennende Gesichtspunkte.

9

Die Ausführungen in Rn. 16 des genannten Senatsurteils knüpfen an den Begriff der Dienstunfähigkeit an, für den das dem Beamten zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinn maßgeblich ist. Dieses umfasst alle bei der Beschäftigungsbehörde dauerhaft eingerichteten Dienstposten, auf denen der Beamte amtsangemessen beschäftigt werden kann. Danach setzt Dienstunfähigkeit voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist (Urteil vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <55> = Buchholz 239.1 § 36 BeamtVG Nr. 2 S. 2). Dementsprechend ist ein Beamter, der die Aufgaben des von ihm bis dahin wahrgenommenen Amtes im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten) aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erfüllen kann, weiterhin dienstfähig, wenn bei seiner Beschäftigungsbehörde ein geeigneter Dienstposten freigemacht oder durch organisatorische Änderungen eingerichtet werden kann. Demgegenüber setzt die Regelung des § 42 Abs. 3 BBG a.F., auf den sich der in der Beschwerdebegründung genannte zweite Leitsatz des Senatsurteils vom 26. März 2009 bezieht, die Dienstunfähigkeit des betreffenden Beamten im Sinne von § 42 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. gerade voraus.

10

Die Divergenzrüge hätte auch dann keinen Erfolg, wenn insoweit lediglich auf das Vorbringen der Beklagten abgestellt wird, das Berufungsurteil weiche im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von dem in Rn. 16 des Senatsurteils vom 26. März 2009 aufgestellten Rechtssatz ab. Denn die Beschwerde legt keine rechtssatzmäßige Abweichung dar, sondern macht der Sache nach geltend, das Oberverwaltungsgericht habe diese Grundsätze des Bundesverwaltungsgerichts im Einzelfall rechtsfehlerhaft angewendet.

11

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 5 Satz 1 GKG.

Domgörgen

Dr. Hartung

Dr. Kenntner

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