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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 22.12.2010, Az.: BVerwG 7 PKH 11.10
Erteilung einer Genehmigung zum Abriss eines denkmalgeschützten Gebäudekomplexes wegen mangelnder sinnvoller Nutzungsmöglichkeit aufgrund einer Unverkäuflichkeit des Gebäudes
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 22.12.2010
Referenz: JurionRS 2010, 32137
Aktenzeichen: BVerwG 7 PKH 11.10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

VG Dresden - 02.08.2005 - AZ: 4 K 1084/01

OVG Sachsen - 10.06.2010 - AZ: 1 B 818/06

Rechtsgrundlage:

Art. 14 Abs. 1 GG

BVerwG, 22.12.2010 - BVerwG 7 PKH 11.10

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. Dezember 2010
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Brandt
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, ihm für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. Juni 2010 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Gründe

1

Der Kläger begehrte im Ausgangsverfahren von der beklagten Stadt ursprünglich die Erteilung einer Genehmigung zum Abriss eines denkmalgeschützten Gebäudekomplexes. Das Verwaltungsgericht wies die Klage insoweit wegen Erledigung der Hauptsache ab und entschied auf den hilfsweise gestellten Fortsetzungsfeststellungsantrag, dass die beantragte Genehmigung zu Unrecht versagt worden sei. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Denn der Kläger habe im Zeitpunkt des Verkaufs des Anwesens im Juni 2006 als dem erledigenden Ereignis einen Anspruch auf Erteilung der beantragten denkmalschutzrechtlichen Genehmigung nicht gehabt. Die Pflicht zur Erhaltung eines Kulturdenkmals werde durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, wobei die Darlegungs- und Beweislast für die Unzumutbarkeit der Denkmalserhaltung beim Eigentümer oder Besitzer liege. Unzumutbar sei der Erhalt eines Denkmals, wenn keine sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr bestehe, der Eigentümer von dem Baudenkmal also keinen vernünftigen Gebrauch mehr machen und es praktisch nicht veräußern könne. Hier könne von einer bestehenden Unverkäuflichkeit bereits deshalb nicht gesprochen werden, weil der Kläger es dem Verkehrswert entsprechend wieder veräußert habe. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht nach der von der Rechtsprechung entwickelten Wirtschaftlichkeitsprüfung. Diese sei auf den Ost- und Südflügel des Anwesens zu beschränken, denn die Beklagte habe im Laufe des Verfahrens wiederholt deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie mit einem Abriss des Nord- und Westflügels einverstanden sei. Der Kläger habe eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit nicht dargelegt. Diese folge nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte nach dem Verkauf des Anwesens eine bedeutende Erhöhung des Zuschusses für die Sanierung des Gebäudekomplexes beschlossen habe. Die Beklagte sei nämlich zuvor grundsätzlich bereit gewesen, auch für ein tragfähiges Nutzungskonzept des Klägers unrentierliche Kosten zu übernehmen. Die Unzumutbarkeit ergebe sich schließlich auch nicht aus dem im Berufungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten.

2

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen hat der Kläger Beschwerde eingelegt (Verfahren BVerwG 7 B 69.10). Der Kläger beantragt, ihm für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.

II

3

Das Prozesskostenhilfegesuch des Klägers ist abzulehnen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO). Der eingereichten Beschwerdebegründung sind keine Gründe für eine Zulassung der Revision zu entnehmen. Sie lässt weder erkennen, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO aufweist noch dass das angegriffene Urteil gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO an einen Verfahrensmangel leidet, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

4

Die vom Kläger sinngemäß als rechtsgrundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage, ob es mit der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar ist, dass nach den - irrevisiblen - Bestimmungen des Sächsischen Denkmalschutzgesetzes die Darlegungs- und Beweislast für die Unzumutbarkeit der Denkmalerhaltung beim Eigentümer oder Besitzer liegt, rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Denn diese Frage ist nicht klärungsbedürftig; ihre Beantwortung - im bejahenden Sinne - liegt vielmehr auf der Hand und erfordert nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens (vgl. Beschluss vom 17. November 2009 - BVerwG 7 B 25.09 - Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 365). Soweit der Kläger hieran anknüpfend die Frage aufwirft, ob bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Erhaltung eines Denkmals "auch Umstände berücksichtigt werden können, die, wie die Frage eines möglichen teilweisen Abrisses, weder unmittelbar Gegenstand des Rechtsstreits waren, noch, wie zum Beispiel veröffentlichte Unterlagen über Sitzungen des Rates der Stadt P. und seiner Ausschüsse, für den Kläger irgendeine, geschweige denn eine einer Zusicherung vergleichbare Verbindlichkeit haben," hängt deren Beantwortung ersichtlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab und ist demnach einer verallgemeinerungsfähigen Klärung nicht zugänglich.

5

Die Verfahrensrüge greift ebenso wenig durch.

6

Das Oberverwaltungsgericht hat den Streitgegenstand des Verfahrens nicht verfehlt. Vielmehr hat es das Klagebegehren, das zusammen mit dem Klagegrund nach dem Dispositionsgrundsatz den Streitgegenstand bestimmt, sachgerecht erfasst (§ 88 VwGO) und nicht etwa über ein vom Kläger nicht beantragtes Aliud entschieden. Das Oberverwaltungsgericht hat seinen Rechtsausführungen das Rechtschutzbegehren, wie es vom Kläger vor dem Verwaltungsgericht im Hilfsantrag geltend gemacht worden war und durch das Rechtsmittel der Beklagten in der Berufungsinstanz angefallen ist, zugrunde gelegt. Es ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass in dem von ihm für das Fortsetzungsfeststellungsbegehren maßgeblichen Zeitpunkt nur noch über die Erteilung einer Abbruchgenehmigung für einen Teil des Gebäudekomplexes zu entscheiden war. Mit dieser Annahme hat es das ursprüngliche Klagebegehren nicht etwa unzulässig verändert und verkürzt. Vielmehr hat es damit nur dem Umstand Rechnung getragen, dass nur noch insoweit die Sachentscheidungsvoraussetzungen gegeben waren. Denn nach der vom Kläger nicht substantiiert infrage gestellten Rechtsansicht des Oberverwaltungsgerichts bedurfte es einer ausdrücklichen Abbruchgenehmigung für das gesamte Gebäude nicht mehr, nachdem die Beklagte ausweislich ihrer Einlassungen im gerichtlichen Verfahren den Nord- und Westflügel des Gebäudes zum Abriss freigegeben hatte. Insoweit hatte das anfänglich auf das gesamte Gebäude bezogene Begehren sich erledigt, so dass einem hierauf bezogenen Verpflichtungsbegehren das Rechtsschutzbedürfnis fehlte.

7

Schließlich ist für einen Gehörsverstoß nichts ersichtlich. Das Oberverwaltungsgericht hat den Vortrag des Klägers zum erstrebten Umfang der begehrten Genehmigung ausweislich der ausdrücklichen Wiedergabe seines Vorbringens im Tatbestand des angefochtenen Urteils zur Kenntnis genommen und sich mit diesen Ausführungen in den Entscheidungsgründen der Sache nach auseinandergesetzt. Von einem Überraschungsurteil kann allein schon angesichts des vom Oberverwaltungsgericht am 8. Dezember 2008 erlassenen Beweisbeschlusses keine Rede sein.

8

Die Beschlüsse des Stadtrats der Beklagten vom 4. November 2004 sind ausweislich des Tatbestandes des angefochtenen Urteils ins Verfahren eingeführt worden. Im Übrigen käme es hierauf entscheidungserheblich nicht an, da das Oberverwaltungsgericht die Zumutbarkeit des Erhalts des Denkmals auch auf das Sachverständigengutachten gestützt hat.

9

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass der Antrag auch deswegen keinen Erfolg habe könnte, weil der Kläger die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe mit der vorgelegten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht plausibel und nachvollziehbar dargetan hat.

Sailer
Krauß
Brandt

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