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Bundesverfassungsgericht
Beschl. v. 28.09.2015, Az.: 1 BvR 2656/14
Erhebung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde vor Einlegung der Verfassungsbeschwerde; Einhaltung des Grundsatzes der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde
Gericht: BVerfG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 28.09.2015
Referenz: JurionRS 2015, 27465
Aktenzeichen: 1 BvR 2656/14
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

BAG - 20.08.2014 - AZ: 2 AZN 496/14

LAG Baden-Württemberg - 20.12.2013 - AZ: 12 Sa 35/13

Fundstelle:

NZA 2016, 253-254

BVerfG, 28.09.2015 - 1 BvR 2656/14

In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn Prof. Dr. J...,
- Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Stefan Krauss, Dr. Frank Wertheimer, Prof. Dr. Dr. h. c. Manfred Löwisch, Kaiserstraße 84, 77933 Lahr -
gegen a) den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts
vom 20. August 2014 - 2 AZN 496/14 -,
b) das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg
- Kammern Mannheim -
vom 20. Dezember 2013 - 12 Sa 35/13 -
hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Kirchhof,
den Richter Masing
und die Richterin Baer
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 28. September 2015 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde durch das Bundesarbeitsgericht und gegen das die Berufung abweisende Urteil des Landesarbeitsgerichts. Er ist beamteter Professor an der medizinischen Fakultät einer Hochschule und zugleich ärztlicher Direktor eines privatrechtlich organisierten städtischen Klinikums, die eine Zusammenarbeit vereinbart haben. Der Beschwerdeführer hat einen Arbeitsvertrag mit dem Klinikum, in dem eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen und das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis an das Ende im aktiven Dienst des Landes geknüpft wurde. Das Klinikum kündigte ihm außerordentlich fristlos wegen ehrverletzender Äußerungen gegenüber dem Geschäftsführer des Klinikums; er dürfe das Klinikum nur zu Forschungszwecken weiter aufsuchen. Das Arbeitsgericht gab seiner Klage statt; das Landesarbeitsgericht entschied, dass das Arbeitsverhältnis nicht fristlos, sondern nach einer sozialen Auslauffrist endete und ließ die Revision nicht zu. Die Nichtzulassungsbeschwerde verwarf das Bundesarbeitsgericht als unzulässig, denn es seien keine Fragen aufgeworfen, die sich mit "Ja/Nein" generell beantworten ließen. So hänge es vom Einzelfall ab, ob der Beamtenstatus einer Kündigung des Chefarztvertrags im Wege stehe oder zumindest des Einvernehmens zwischen Klinikum und Fakultät bedürfe.

2

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts und den Nichtzulassungsbeschluss des Bundesarbeitsgerichts. Verletzt seien Rechte auf effektiven Rechtsschutz, die Wissenschaftsfreiheit, Meinungsfreiheit und Berufsfreiheit sowie Rechte aus Art. 33 Abs. 4 und 5 GG.

II.

3

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, da die Annahmevoraussetzungen nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg, denn sie ist unzulässig.

4

1. Der Beschwerdeführer hat den Rechtsweg nicht ordnungsgemäß erschöpft. Nach dem Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) muss er alle prozessualen Möglichkeiten ausschöpfen, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken (vgl. BVerfGE 84, 203 [BVerfG 11.06.1991 - 1 BvR 772/90] <208>; stRspr). Dazu gehört es, eine Nichtzulassungsbeschwerde zu erheben und diese auch ausreichend zu begründen (vgl. BVerfGE 83, 216 <228>).

5

Daran fehlt es hier. Die Anforderung des Bundesarbeitsgerichts an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde entspricht der Funktion des Revisionsverfahrens zur Klärung abstrakter Rechtsfragen. Zwar hat sich das Landesarbeitsgericht nicht mit der Wissenschaftsfreiheit befasst, der je nach Umständen auch dann Rechnung zu tragen ist, wenn ein Universitätsklinikum nicht von der Universität selbst betrieben und unmittelbar geleitet wird, sondern organisatorisch verselbständigt ist (vgl. BVerfGE 136, 338 <363 f., Rn. 58>). Entscheidungen eines Klinikums, die den Bereich von Forschung und Lehre betreffen, können dann an das Einvernehmen des Fachbereichs Medizin rückgebunden sein (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 1. Februar 2010 -1 BvR 1165/08 -, , Rn. 28, m.w.N.). Doch wirft der Beschwerdeführer mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde keine insoweit klärungsfähige Frage auf, denn ob die hier vom Klinikum ausgesprochene Kündigung die vorherige Beteiligung der Universität oder einer ihrer Fakultäten voraussetzt, hängt von den konkreten Umständen wie dem Arbeitsvertrag, dem Zuschnitt des Professorenamtes und den Vereinbarungen zwischen den Einrichtungen ab.

6

2. Mit Blick auf die Wissenschaftsfreiheit ist kein schwerer Nachteil im Sinne des § 93a Abs. 2b BVerfGG ersichtlich, da der Beschwerdeführer eine Zusage erhalten hat, das Klinikum zu Forschungszwecken weiter aufsuchen zu dürfen.

7

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

8

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Kirchhof

Masing

Baer

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