Beschl. v. 30.11.2011, Az.: 1 BvR 2003/11
Verfahrensgang:
vorgehend:
OLG Rostock - 29.06.2011 - AZ: 1 U 137/10
Rechtsgrundlage:
BVerfG, 30.11.2011 - 1 BvR 2003/11
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn T...,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte Diedering & Zöllner,
Hafenstraße 32, 17489 Greifswald -
gegen
den Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock vom 29. Juni 2011 - 1 U 137/10 -
hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Kirchhof,
den Richter Schluckebier
und die Richterin Baer
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 30. November 2011 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft einen Beschluss, mit dem das Oberlandesgericht gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO a.F. eine Berufung des Beschwerdeführers zurückgewiesen hat. Der Beschwerdeführer wendet sich unter anderem dagegen, dass der dem Beschluss vorangegangene Hinweis auf die mangelnde Erfolgsaussicht der Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F. nach Beratung von nur zwei der drei zur Entscheidung berufenen Senatsmitglieder, nämlich dem Vorsitzenden und der Berichterstatterin, erteilt worden ist.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG).
Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist insbesondere nicht zur Durchsetzung der Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte des Beschwerdeführers angezeigt. Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffene Entscheidung gegen die als verletzt gerügten verfassungsmäßigen Rechte des Beschwerdeführers verstoßen könnte, sind auf der Grundlage des Vorbringens der Verfassungsbeschwerde nicht ersichtlich.
Die Zurückweisung einer Berufung nach § 522 ZPO a.F. durch einstimmigen Beschluss verletzt den Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz, wenn die Verfahrenswahl auf einer schlechterdings nicht vertretbaren Auslegung und Anwendung des § 522 Abs. 2 ZPO beruht (vgl. BVerfGK 11, 235 <238>) und so einer Partei den Zugang zu einer durch die Zivilprozessordnung grundsätzlich eröffneten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert wird (vgl. BVerfGK 5, 189 <193>; 12, 341 <343 f.>).
Das war vorliegend nicht der Fall. Zu den verfahrensrechtlichen Sicherungen, von denen die Verfassungsmäßigkeit des § 522 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO a.F. im Hinblick auf die Grundrechte auf effektiven Rechtsschutz und gleichen Zugang zu den Gerichten abhängt, gehört neben der Übereinstimmung von Ausgangs- und Berufungsgericht, der obligatorischen Einstimmigkeit des Spruchkörpers des Berufungsgerichts über die fehlende Erfolgsaussicht sowie das Fehlen eines Bedürfnisses revisionsgerichtlicher Klärung auch, dass die Berufung ohne Aussicht auf Erfolg ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 18. Juli 2011 - 1 BvR 1618/10 -, [...], Rn. 13; BVerfGK 14, 8 <11 f.>; 14, 118 <120>; 14, 316 <321>). Aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht erforderlich ist hingegen, dass bereits der Hinweis gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO von allen an der späteren Entscheidung beteiligten Richtern erteilt wird. Eine Beeinträchtigung der verfassungsmäßigen Rechte des Beschwerdeführers ist weder dargelegt noch erkennbar.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Kirchhof
Schluckebier
Baer
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