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Bundessozialgericht
Beschl. v. 29.11.2022, Az.: B 2 U 75/22 B

Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen einer anerkannten Berufskrankheit; Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Bibliographie

Gericht
BSG
Datum
29.11.2022
Aktenzeichen
B 2 U 75/22 B
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 49900
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:BSG:2022:291122BB2U7522B0

Verfahrensgang

vorgehend
LSG Nordrhein-Westfalen - 23.05.2022 - AZ: L 17 U 566/18

in dem Rechtsstreit
BSG Az.: B 2 U 75/22 B
LSG Nordrhein-Westfalen 23.05.2022 - L 17 U 566/18
SG Duisburg 31.08.2018 - S 29 U 39/13
1. …………………………,
2. …………………………,
Kläger und Beschwerdeführer,
Prozessbevollmächtigte zu 1. und 2.: …………………………………….,
g e g e n
Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft,
Hildegardstraße 29/30, 10715 Berlin,
Beklagte und Beschwerdegegnerin.
Der 2. Senat des Bundessozialgerichts hat am 29. November 2022 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. R o o s sowie die Richterinnen H ü t t m a n n - S t o l l und Dr. K a r l
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. Mai 2022 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I

1

Die Beteiligten streiten als Rechtsnachfolger in der Hauptsache um die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen der anerkannten Berufskrankheit (BK) Nr 4103 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) - Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder durch Asbeststaub verursachte Erkrankungen der Pleura - (BK 4103).

2

Die Beklagte stellte gegenüber dem 1947 geborenen und während des erstinstanzlichen Verfahrens im Jahre 2014 verstorbenen Versicherten das Vorliegen einer BK 4103 fest, lehnte jedoch die Gewährung einer Verletztenrente ab (Bescheid vom 23.8.2012 und Widerspruchsbescheid vom 13.12.2012). Das Sozialgericht hat die Klage auf Gewährung einer Verletztenrente nach Einholung eines lungenfachärztlichen Sachverständigengutachtens mit lungenfunktionsanalytischem Zusatzgutachten, eines pathologischen Gutachtens, Beiziehung eines von der Beklagten eingereichten arbeitsmedizinischen Zusammenhangsgutachtens sowie Beiziehung eines radiologischen Sachverständigengutachtens aus einem Parallelverfahren abgewiesen (Urteil vom 31.8.2018). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung gemäß § 153 Abs 4 SGG zurückgewiesen, weil es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich gehalten hat (Beschluss vom 23.5.2022).

3

Die Kläger wenden sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des LSG.

II

4

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil ein Zulassungsgrund iS des § 160 Abs 2 Nr 1, 2 oder 3 SGG (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Divergenz oder Vorliegen eines Verfahrensmangels) nicht formgerecht dargelegt bzw bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

5

Die Beschwerdebegründung legt eine mögliche grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dar. Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Rechtsfrage sich stellt, dass diese noch nicht geklärt ist, weshalb ihre Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt, die Rechtsfrage also entscheidungserheblich ist (stRspr; zB BSG Beschluss vom 23.2.2022 - B 2 U 197/21 B - juris RdNr 7 mwN; BSG Beschluss vom 7.3.2017 - B 2 U 140/16 B - SozR 4-1920 § 52 Nr 18 RdNr 5 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

6

Zwar rügen die Kläger eine Verletzung des § 9 Abs 1 SGB VII iVm BK 4103. Sie formulieren jedoch bereits keine über den Einzelfall hinausgehende abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung oder Anwendung einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts oder zu deren Vereinbarung mit höherrangigem Recht. Auch fehlt es an der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit sowie der Klärungsfähigkeit einer entsprechenden Rechtsfrage. Vielmehr machen die Kläger im Kern die Unrichtigkeit der Entscheidung des LSG geltend. Hierauf allein kann die Zulassung der Revision nicht gestützt werden.

7

Auch den Zulassungsgrund einer möglichen Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf. Divergenz (Abweichung) bedeutet Widerspruch im Rechtssatz bzw das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die den miteinander zu vergleichenden Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG aufgestellt hat (vgl BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34, juris RdNr 13 mwN). Der Beschwerdebegründung ist nicht zu entnehmen, dass diese Voraussetzungen vorliegen könnten.

8

Schließlich wird auch kein Verfahrensmangel aufgezeigt, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG), so müssen bei seiner Bezeichnung zunächst die diesen Verfahrensmangel vermeintlich begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist - mit Ausnahme absoluter Revisionsgründe (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 547 ZPO) - die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um den Verfahrensmangel der Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) ordnungsgemäß zu bezeichnen, muss die Beschwerdebegründung 1. einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, prozessordnungsgemäßen Beweisantrag bezeichnen, 2. die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, 3. die Tatumstände darlegen, die den Beweisantrag betreffen und weitere Sachaufklärung erfordert hätten, 4. das voraussichtliche Ergebnis der unterbliebenen Beweisaufnahme angeben und 5. schildern, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG also von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis hätte gelangen können, wenn es das behauptete Ergebnis der unterlassenen Beweisaufnahme gekannt hätte (vgl BSG Beschlüsse vom 26.5.2020 - B 2 U 214/19 B - juris RdNr 5, vom 30.1.2020 - B 2 U 152/19 B - juris RdNr 8 sowie vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 5). Diese Erfordernisse erfüllt die Beschwerdebegründung nicht.

9

Zwar führen die Kläger aus, der vorliegende Fall habe sich nicht für eine Entscheidung im Beschlusswege geeignet, ein damit möglicherweise behaupteter Verstoß gegen § 153 Abs 4 SGG wird jedoch nicht hinreichend aufgezeigt. In der Beschwerdebegründung fehlt es an einer Darlegungen, aus welchen Gründen und aufgrund welcher Umstände die Voraussetzungen des § 153 Abs 4 SGG nicht vorgelegen haben könnten, sodass die Berufung nicht durch Beschluss hätte zurückgewiesen werden dürfen. Soweit die Kläger ausführen, das LSG habe keine weiteren Ermittlungen getätigt, und soweit sie damit einen Verstoß gegen § 103 SGG rügen wollen, wird bereits nicht - wie es erforderlich wäre - aufgezeigt, ob und wann mit welchem Inhalt ein Beweisantrag gestellt worden sein könnte, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Ein solcher ist auch nicht den Beschlussgründen des LSG zu entnehmen.

10

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

11

Die Beschwerde ist damit ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 SGG).

12

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

Dr. Roos
Hüttmann-Stoll
Dr. Karl