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Bundessozialgericht
Beschl. v. 11.10.2018, Az.: B 12 KR 56/18 B
Aufnahme als freiwilliges Mitglied zur gesetzlichen Krankenversicherung; Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren; Darlegung der Klärungsfähigkeit einer Rechtsfrage; Alternativbegründung einer Entscheidung
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 11.10.2018
Referenz: JurionRS 2018, 11905
Aktenzeichen: B 12 KR 56/18 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

SG Halle - 07.12.2016 - AZ: S 25 KR 19/12

Rechtsgrundlage:

§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG

BSG, 11.10.2018 - B 12 KR 56/18 B

Redaktioneller Leitsatz:

1. Für die Darlegung der Klärungsfähigkeit einer Rechtsfrage ist substantiierter Vortrag dazu erforderlich, dass das BSG im angestrebten Revisionsverfahren überhaupt über die aufgeworfene Frage entscheiden müsste, die Frage also entscheidungserheblich ist.

2. Wenn das Revisionsgericht wegen eines in Betracht kommenden anderen rechtlichen Gesichtspunkts über die aufgeworfene Frage überhaupt nicht entscheiden muss, sind dabei auch Ausführungen dazu zu verlangen, dass die vorinstanzliche Entscheidung nicht mit anderer rechtlicher Begründung bestätigt werden kann.

in dem Rechtsstreit

BSG Az.: B 12 KR 56/18 B

LSG Sachsen-Anhalt 27.06.2018 - L 6 KR 15/17

SG Halle 07.12.2016 - S 25 KR 19/12

.....................................,

Kläger und Beschwerdeführer,

Prozessbevollmächtigte: ........................................,

gegen

Techniker Krankenkasse,

Bramfelder Straße 140, 22305 Hamburg,

Beklagte und Beschwerdegegnerin.

Der 12. Senat des Bundessozialgerichts hat am 11. Oktober 2018 durch den Richter H e i n z als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. M e ß l i n g und Dr. P a d é

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 27. Juni 2018 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

I

1

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger von der Beklagten die Aufnahme als freiwilliges Mitglied zur gesetzlichen Krankenversicherung.

2

Der 1954 geborene Kläger ist selbstständig tätig und privat krankenversichert. Mit Bescheid vom 7.8.2010 stellte das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt bei ihm eine Schwerbehinderung infolge eines Prostatakarzinoms (Grad der Behinderung [GdB] 80) fest. Den deshalb gestellten Antrag des Klägers auf Aufnahme als freiwilliges Mitglied zur gesetzlichen Krankenversicherung lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 21.7.2010; Widerspruchsbescheid vom 21.12.2011). Seine dagegen gerichtete Klage ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben (Urteil des SG Halle vom 7.12.2016; Beschluss des LSG Sachsen-Anhalt vom 27.6.2018). Zwar gehöre der Kläger iS von § 9 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB V zum Personenkreis der schwerbehinderten Menschen und habe seinen Beitritt auch rechtzeitig angezeigt. Ob er die dort geregelte Vorversicherungszeit erfülle, bedürfe keiner abschließenden Entscheidung. Der Kläger könne jedenfalls deshalb nicht als freiwilliges Mitglied beitreten, weil er im Zeitpunkt seiner Erklärung die in § 8 Abs 1 der Satzung der Beklagten festgelegte Altersgrenze der Vollendung des 45. Lebensjahres schon überschritten habe. Weder die Satzungsregelung noch die ihr zugrunde liegende gesetzliche Ermächtigung in § 9 Abs 1 S 1 Nr 4 2. Halbs SGB V seien rechtlich zu beanstanden; sie verstießen weder gegen die Verfassung noch gegen europarechtliche Maßstäbe.

3

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde.

II

4

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG Sachsen-Anhalt vom 27.6.2018 ist gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) dargelegt.

5

Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb darzulegen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31 S 48). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

6

Es kann dahingestellt bleiben, ob mit der vom Kläger aufgeworfenen Frage, "ob die Beklagte auf der Grundlage des § 9 Abs 1 Ziffer 4 SGB V zu Recht in ihrer Satzung eine Altersbegrenzung von 45 Jahren festlegen durfte (...)", eine Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht (BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - Juris RdNr 11 mwN) formuliert worden ist. Die Bezeichnung einer hinreichend bestimmten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - Juris RdNr 11 mwN). Selbst wenn aber eine solche Rechtsfrage als aufgeworfen unterstellt würde, wäre jedenfalls deren Klärungsfähigkeit nicht dargelegt.

7

Hierzu wäre darzustellen gewesen, dass das BSG im angestrebten Revisionsverfahren überhaupt über die aufgeworfene Frage entscheiden müsste, die Frage also entscheidungserheblich ist (vgl nur BSG Beschluss vom 13.1.2017 - B 12 R 23/16 B - Juris RdNr 20). Wenn es sich um eine naheliegende rechtliche Möglichkeit handelt, dass das Revisionsgericht wegen eines in Betracht kommenden anderen rechtlichen Gesichtspunkts über die aufgeworfene Frage überhaupt nicht entscheiden muss, sind dabei auch Ausführungen dazu zu verlangen, dass die vorinstanzliche Entscheidung nicht mit anderer rechtlicher Begründung bestätigt werden kann (vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160a RdNr 14k mwN).

8

Dem wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Kläger setzt sich allein mit der Verfassungsmäßigkeit und Europarechtskonformität der gesetzlichen Ermächtigung zur Festlegung einer Altersgrenze auseinander, ohne aufzuzeigen, dass über diese Frage in einem Revisionsverfahren überhaupt zu entscheiden wäre. Er legt insbesondere nicht dar, dass er selbst (bzw ggf ein [Ehe-]partner) die für einen Beitritt zur gesetzlichen Krankenversicherung nach § 9 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB V erforderlichen Vorversicherungszeiten erfülle bzw er diese allein aufgrund seiner Behinderung nicht erfülle (vgl ausführlich zu dieser Voraussetzung BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 16/07 R - SozR 4-2500 § 9 Nr 2). Dazu hätte jedoch - auch wenn das LSG diese Frage in seiner Entscheidung ausdrücklich offengelassen hat - Anlass bestanden. Denn angesichts der vorhandenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) zur Selbstständigkeit des Klägers und seines durch eine Krebserkrankung bedingten Beitrittsersuchens liegt das Fehlen der gesetzlich erforderlichen Vorversicherungszeiten von insgesamt drei Jahren gesetzlicher Krankenversicherungszeiten in den letzten fünf Jahren jedenfalls nahe. Allein der Hinweis darauf, dass bei fehlender Altersgrenze "die Entscheidung anders ausgegangen wäre", genügt daher nicht.

9

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

10

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Heinz
Dr. Meßling
Dr. Padé

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