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Bundessozialgericht
Beschl. v. 08.10.2018, Az.: B 12 R 19/18 B
Sozialversicherungsbeitragspflicht einer Reinigungskraft; Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren; Abgrenzung selbständiger Tätigkeit von abhängiger Beschäftigung; Entlohnung als Zurordnungskriterium
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 08.10.2018
Referenz: JurionRS 2018, 11899
Aktenzeichen: B 12 R 19/18 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Rheinland-Pfalz - 25.10.2017 - AZ: L 2 R 389/15

SG Koblenz - 26.08.2015 - AZ: S 1 R 391/14

BSG, 08.10.2018 - B 12 R 19/18 B

Redaktioneller Leitsatz:

Nach der Rechtsprechung des Senats gehört die Entlohnung einer Tätigkeit zu den Indizien, die in die für die Zuordnung dieser Tätigkeit zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit gebotene Gesamtschau der tatsächlichen Umstände einzustellen sind.

in dem Rechtsstreit

BSG Az.: B 12 R 19/18 B

LSG Rheinland-Pfalz 25.10.2017 - L 2 R 389/15

SG Koblenz 26.08.2015 - S 1 R 391/14

...................................................,

Klägerin und Beschwerdeführerin,

Prozessbevollmächtigte: ....................................................,

gegen

Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz,

Eichendorffstraße 4 - 6, 67346 Speyer,

Beklagte und Beschwerdegegnerin,

beigeladen:

1. .....................................................,

2. Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See,

Pieperstraße 14 - 28, 44789 Bochum.

Der 12. Senat des Bundessozialgerichts hat am 8. August 2018 durch den Präsidenten Prof. Dr. S c h l e g e l sowie die Richter H e i n z und B e c k

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. Oktober 2017 wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3345,55 Euro festgesetzt.

Gründe

I

1

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob die Klägerin für die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. als Reinigungskraft Sozialversicherungs- und Umlagebeiträge sowie Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 3345,55 Euro für die Zeit vom 1.1.2008 bis zum 26.1.2011 zu zahlen hat (Bescheid vom 19.6.2013, Widerspruchsbescheid vom 16.4.2014). Das SG Koblenz hat die Verwaltungsakte aufgehoben (Urteil vom 26.8.2015). Das LSG Rheinland-Pfalz hat die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen. Nach dem Gesamtbild der Tätigkeit sei von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Die Beigeladene zu 1. sei bezüglich Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung einem umfassenden Weisungsrecht des Geschäftsführers der Klägerin unterworfen gewesen. Die von ihr verrichteten einfachen Reinigungsarbeiten ließen eine Gestaltungsfreiheit nicht erkennen. Auch ein Unternehmerrisiko sei nicht ersichtlich. Die Vereinbarung eines Stundenlohns, dessen Differenz zum gesetzlichen Mindestlohn nicht allzu groß sei und die nicht erkennen lasse, dass Betriebskosten oder spezielle berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten Berücksichtigung gefunden hätten, sei ein Indiz für eine abhängige Beschäftigung (Urteil vom 25.10.2017). Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.

II

2

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG). Die Klägerin hat die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

3

1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 5 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

4

Die Klägerin misst der Frage,

"ob im Rahmen der Gesamtabwägung zur Feststellung einer abhängigen Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 SGB IV die Vereinbarung eines Stundenhonorars bei reinen Dienstleistungen als Indiz für eine abhängige Beschäftigung zu betrachten ist, wenn der vereinbarte Stundensatz nicht wesentlich höher als der Mindestlohn bzw. der für derartige Tätigkeiten übliche Stundensatz liegt",

eine grundsätzliche Bedeutung bei. Deren Klärungsbedürftigkeit hat sie nicht aufgezeigt.

5

Eine Rechtsfrage ist dann als höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese bereits beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN). Die Klägerin weist zur Begründung der geltend gemachten Klärungsbedürftigkeit allein darauf hin, dass nach dem Urteil des Senats vom 31.3.2017 (B 12 R 7/15 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 30) ein "Stundensatz, der deutlich über dem durchschnittlichen Stundensatz für eine derartige Tätigkeit liege und so eine Eigenvorsorge ermögliche, ein gewichtiges Indiz für eine selbstständige Tätigkeit" sei, diese Ausführungen aber keinen Schluss darauf zuließen, "ob im Umkehrschluss niedrige Stundensätze als Indiz für eine abhängige Beschäftigung verstanden werden sollen oder ob aufgrund der Tatsache, dass für die betreffende Tätigkeit in aller Regel ein Stundensatz vereinbart wird, einer Ausgestaltung desselben im Rahmen des üblichen Stundensatzes überhaupt keine Indizwirkung zugemessen werden soll". Damit ist lediglich behauptet worden, dass sich die aufgeworfene Frage nicht anhand der bezeichneten Entscheidung beantworten lassen soll, nicht aber dargetan, aus welchen Gründen bei einer Indizwirkung des vereinbarten, deutlich über dem Arbeitsentgelt eines vergleichbar eingesetzten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten liegenden Honorars für eine selbstständige Tätigkeit eine deutlich geringere Stundenvergütung keine indizielle Wirkung gegen eine selbstständige Tätigkeit und damit für abhängige Beschäftigung haben soll. Unabhängig davon gehört nach der Rechtsprechung des Senats die Entlohnung zu den Indizien, die in die für die Zuordnung einer Tätigkeit zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit gebotene Gesamtschau der tatsächlichen Umstände einzustellen sind (vgl BSG Urteil vom 24.3.2016 - B 12 KR 20/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 29 RdNr 19; BSG Urteil vom 17.12.2014 - B 12 R 13/13 R - SozR 4-2400 § 28p Nr 4 RdNr 28). Auch damit hat sich die Klägerin im Rahmen der Ausführungen zur grundsätzlichen Bedeutung nicht auseinandergesetzt, sondern nur im Zusammenhang mit ihren Ausführungen zur Divergenzrüge.

6

2. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das angefochtene Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage zum Bundesrecht die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Insoweit genügt es nicht darauf hinzuweisen, dass das LSG seiner Entscheidung nicht die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt hätte. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz. Sie liegt daher nicht schon dann vor, wenn das angefochtene Urteil nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG entwickelt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien auch widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe bei seiner Entscheidung herangezogen hat (vgl BSG Beschluss vom 12.5.2005 - B 3 P 13/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 5 und BSG Beschluss vom 16.7.2004 - B 2 U 41/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 4 RdNr 6, jeweils mwN). Dem wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Dabei kann dahinstehen, ob mit der Beschwerde sich widersprechende Rechtssätze aufgezeigt worden sind. Jedenfalls hat die Klägerin nicht aufgezeigt, dass das LSG die Rechtsprechung des BSG nicht nur nicht beachtet oder unzutreffend angewandt, sondern auch in Frage gestellt hätte.

7

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

8

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 und 3 sowie § 162 Abs 3 VwGO.

9

5. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 52 Abs 1 und Abs 3 S 1, § 47 Abs 1 S 1 und Abs 3 sowie § 63 Abs 2 S 1 GKG.

Prof. Dr. Schlegel
Heinz
Beck

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