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Bundessozialgericht
Beschl. v. 11.05.2016, Az.: B 9 V 1/16 B
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 11.05.2016
Referenz: JurionRS 2016, 18723
Aktenzeichen: B 9 V 1/16 B
 

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Berlin-Brandenburg - 27.11.2015 - AZ: L 13 VS 49/12

SG Berlin - AZ: S 42 VS 45/05

BSG, 11.05.2016 - B 9 V 1/16 B

in dem Rechtsstreit

Az: B 9 V 1/16 B

L 13 VS 49/12 (LSG Berlin-Brandenburg)

S 42 VS 45/05 (SG Berlin)

...............................................,

Kläger und Beschwerdeführer,

Prozessbevollmächtigte: ...............................................,

gegen

Land Berlin,

vertreten durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin,

Sächsische Straße 28, 10707 Berlin,

Beklagter und Beschwerdegegner,

beigeladen:

Bundesrepublik Deutschland,

vertreten durch das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben,

Sibille-Hartmann-Straße 2 - 8, 50969 Köln.

Der 9. Senat des Bundessozialgerichts hat am 11. Mai 2016 durch die Richterin Dr. R o o s als Vorsitzende sowie die Richter O t h m e r und Dr. R ö h l

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. November 2015 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

I

1

In der Hauptsache begehrt der Kläger Beschädigtenrente unter Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit. Bei dem Kläger wurden nach einem Wegeunfall während seines Zivildienstes Schädigungsfolgen (ua Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im rechten Handgelenk und in den Gelenken des ersten Fingers nach mehrfach operiertem Kahnbeinbruch) festgestellt und Beschädigtenrente gestaffelt nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von ursprünglich 50 vH und zuletzt 30 vH gewährt. Ab 1.12.2002 senkte der Beklagte die Gesamt-MdE auf unter 25 vH ab (Bescheid vom 18.10.2002; Widerspruchsbescheid vom 25.4.2005). Die dagegen gerichtete Klage war nach orthopädischer Begutachtung (von Amts wegen und auf Antrag) erfolglos (Urteil vom 9.10.2012). Im Berufungsverfahren hob das LSG die Absenkung der Gesamt-MdE bzw des Grades der Schädigungsfolgen von 30 vH auf unter 25 vH auf und bezog sich insoweit auf das auf Antrag des Klägers im Klageverfahren eingeholte Sachverständigengutachten. Im Übrigen wies es die Berufung wegen der zusätzlich begehrten Anerkennung einer besonderen beruflichen Betroffenheit wegen des vor der Schädigung ausgeübten Berufs als Zweiradmechaniker zurück. Die Schädigungsfolgen erreichten nach den Feststellungen der medizinischen Sachverständigen nicht das Ausmaß, welches eine Anhebung um einen Zehnergrad rechtfertige (Urteil vom 27.11.2015).

2

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG und rügt Verfahrensfehler.

II

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

4

1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

5

Der Kläger trägt vor, der gerügte Verfahrensmangel bestehe in dem Übergehen eines im Berufungsschriftsatz vom 12.12.2012 gestellten Antrags auf Vernehmung der behandelnden Ärzte des Klägers. Mit diesem Vortrag ist die geltend gemachte Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) indes nicht ausreichend dargelegt. Zur Darlegung des Verfahrensmangels einer Verletzung des § 103 SGG muss die Beschwerdebegründung folgende Punkte enthalten:

(1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zuletzt aufrechterhaltenen prozessordnungsgemäßen Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist,

(2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen,

(3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und

(4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (BSG Beschluss vom 15.9.2015 - B 13 R 201/15 B - RdNr 5).

6

Der im Berufungsverfahren bereits rechtskundig vertretene Kläger hat zwar behauptet, mit der Berufungsbegründung vom 12.12.2012 beantragt zu haben, die behandelnden Ärzte darüber zu vernehmen, dass er aufgrund der erlittenen Beschädigungen nicht mehr in der Lage sei, seine Tätigkeit als Zweiradmechaniker auszuführen, weil ihm die dort zwingend gebotene feinmotorische Arbeit unter erheblicher Kraftentfaltung nicht mehr möglich sei. Er hat es aber jedenfalls unterlassen darzulegen, woraus sich ergebe, dass er diesen Beweisantrag vor dem LSG bis zuletzt aufrechterhalten habe.

7

Ein anwaltlich vertretener Beteiligter kann nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Nach Sinn und Zweck des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG soll die Sachaufklärungsrüge die Revisionsinstanz nur dann eröffnen, wenn das Tatsachengericht vor seiner Entscheidung durch einen Beweisantrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht des Gerichts (§ 103 SGG) noch nicht als erfüllt ansieht (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21; Nr 31 S 52). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn - wie hier - das LSG von der ihm durch § 124 Abs 2 SGG iVm § 153 Abs 1 SGG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch macht, die Berufung im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil zu entscheiden. Wer im Berufungsverfahren schriftsätzlich einen Beweisantrag stellt, anschließend aber vorbehaltlos sein Einverständnis zu einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt, wird jedenfalls im Falle anwaltlicher Vertretung - wie hier - so behandelt, als hätte sich der Beweisantrag erledigt (vgl hierzu BSG SozR 3-1500 § 124 Nr 3 S 4 f). Der Kläger trägt nicht vor, dass er sein Einverständnis in eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung verweigert oder nur unter dem Vorbehalt der beantragten Beweisaufnahme erklärt hätte. Angesichts der im Schriftsatz vom 6.11.2015 abgegebenen Erklärung seiner damaligen Prozessbevollmächtigten könnte er dies auch nicht vortragen. Ebenso fehlt es an einer näheren Begründung, weshalb sich das LSG zu den vom Kläger angestrebten weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen.

8

2. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).

9

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

10

4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Dr. Roos
Othmer
Dr. Röhl

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