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Bundessozialgericht
Beschl. v. 29.04.2016, Az.: B 9 SB 7/16 B
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 29.04.2016
Referenz: JurionRS 2016, 17506
Aktenzeichen: B 9 SB 7/16 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Bayern - 17.12.2015 - AZ: L 18 SB 90/13

SG Bayreuth - AZ: S 11 SB 400/12

BSG, 29.04.2016 - B 9 SB 7/16 B

in dem Rechtsstreit

Az: B 9 SB 7/16 B

L 18 SB 90/13 (Bayerisches LSG)

S 11 SB 400/12 (SG Bayreuth)

........................,

Kläger und Beschwerdeführer,

Prozessbevollmächtigte: ................................................,

gegen

Freistaat Bayern,

vertreten durch das Zentrum Bayern Familie und Soziales - Landesversorgungsamt,

Hegelstraße 2, 95447 Bayreuth,

Beklagter und Beschwerdegegner.

Der 9. Senat des Bundessozialgerichts hat am 29. April 2016 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. S c h l e g e l sowie die Richterin Dr. R o o s und den Richter O t h m e r

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 17. Dezember 2015 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

I

1

Mit Urteil vom 17.12.2015 hat das Bayerische LSG einen Anspruch des Klägers auf Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 50 anstelle des anerkannten GdB von 40 verneint, weil das Hauptleiden des Klägers an den unteren Extremitäten unter Berücksichtigung der feststellbaren allenfalls geringen funktionellen Beeinträchtigungen einen GdB von 30 bedinge, sodass der Gesamt-GdB unter Einbeziehung der Gesundheitsstörungen an den Ellenbogen (Einzel-GdB von 10) sowie des Wirbelsäulenschadens (Einzel-GdB von 20) weiterhin mit 40 zu bewerten sei. Demgegenüber sei der GdB-Einschätzung des Dr. W. unter Zugrundelegung der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VG) zu Punkt B 18.14 und unter Berücksichtigung der eingeholten Gutachten sowie der im Berufungsverfahren beigezogenen Arztberichte, insbesondere des Orthopäden Dr. V., nicht zu folgen. Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger beim BSG Beschwerde eingelegt und eine Rechtsverletzung durch das LSG gerügt, da dieses bei seiner Bewertung das Gutachten des Dr. W. außer Acht lasse. Ferner macht der Kläger den Zulassungsgrund des Verfahrensfehlers auch deshalb geltend, weil er mit Schriftsatz vom 21.7.2015 einen Beweisantrag gestellt habe, welchen das LSG ignoriert habe. Das LSG setze sich nicht mit den bei ihm tatsächlich vorhandenen Gesundheitsschaden an den Kniegelenken auseinander.

II

2

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, denn sie hat einen Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäß bezeichnet (§ 160 Abs 2 Nr 3 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG).

3

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel im Sinne von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, so müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

4

1. Der Kläger rügt, das LSG habe seinen Beweisantrag im Schriftsatz vom 21.7.2015 ignoriert, wonach die Einholung eines weiteren Gutachtens hinsichtlich der bestehenden tatsächlichen erheblichen Funktionseinschränkungen der Kniegelenke begehrt worden sei. Mit diesem Vortrag hat der Kläger allerdings einen Verstoß des Berufungsgerichts gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) nicht in der gebotenen Weise dargelegt. Denn er hat bereits nicht hinreichend aufgezeigt, dass er einen entsprechenden (prozessordnungsgemäßen) Beweisantrag gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG gestellt und bis zuletzt vor dem LSG auch aufrechterhalten habe.

5

Ein - wie der Kläger - in der Berufungsinstanz anwaltlich vertretener Beteiligter kann nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Nach Sinn und Zweck des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG soll die Sachaufklärungsrüge die Revisionsinstanz nur dann eröffnen, wenn das Tatsachengericht vor seiner Entscheidung durch einen Beweisantrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht des Gerichts noch nicht als erfüllt ansieht (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21; Nr 31 S 52).

6

Der Kläger hat weder behauptet, dass er den vorgenannten "schriftlichen" Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LSG durch Hinweis zu Protokoll ausdrücklich aufrechterhalten habe noch hat er ausgeführt, dass das Gericht diesen Antrag in seinem Urteil wiedergegeben habe.

7

2. Soweit der Kläger sinngemäß (auch) eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs darin sehen sollte, dass das LSG seinen Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens nicht beachtet habe und sich nicht mit den bei ihm tatsächlich vorhandenen Gesundheitsschäden an den Kniegelenken auseinandergesetzt habe, so liegt hierin keine Gehörs-, sondern allenfalls eine Sachaufklärungsrüge. Deren Darlegungsanforderungen erfüllt die Beschwerdebegründung - wie oben aufgezeigt - nicht. Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Sachaufklärungsrüge können nicht dadurch umgangen werden, dass der Vorhalt unzureichender Sachaufklärung in der Gestalt einer Gehörsrüge geltend gemacht wird (vgl BSG Beschluss vom 4.9.2015 - B 13 R 280/15 B - RdNr 10; Beschluss vom 5.2.2015 - B 13 R 372/14 B - Juris RdNr 15 und vom 3.12.2012 - B 13 R 351/12 B - Juris RdNr 12).

8

3. Dass der Kläger mit der Auswertung und Würdigung der Sachverständigengutachten, insbesondere des Dr. W., durch das LSG nicht einverstanden ist, ist für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unerheblich. Der Kläger gibt an, dass die Bewertung der Funktionseinschränkungen im Bereich der Kniegelenke durch das LSG fehlerhaft sei, weil dieses deren tatsächlichen Zustand außer Acht lasse. Insoweit wendet sich aber der Kläger gegen die Beweiswürdigung des LSG (§ 128 Abs 1 S 1 SGG). Nach der ausdrücklichen Regelung des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann hierauf eine Verfahrensrüge nicht gestützt werden. Wenn der Kläger ohne nähere inhaltliche Ausführungen meint, das LSG habe insoweit seine Fach- bzw Sachkompetenz nicht dargelegt, verkennt er, dass die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Gutachtenergebnissen zur Beweiswürdigung selbst und damit zu den Kernaufgaben der Tatsacheninstanz gehört (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 8).

9

4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

10

5. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter.

11

6. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Prof. Dr. Schlegel
Dr. Roos
Othmer

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