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Bundessozialgericht
Beschl. v. 04.04.2016, Az.: B 4 AS 641/15 B
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 04.04.2016
Referenz: JurionRS 2016, 15078
Aktenzeichen: B 4 AS 641/15 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Hamburg - 13.05.2015 - AZ: L 4 AS 193/13

SG Hamburg - AZ: S 25 AS 1244/09

BSG, 04.04.2016 - B 4 AS 641/15 B

in dem Rechtsstreit

Az: B 4 AS 641/15 B

L 4 AS 193/13 (LSG Hamburg)

S 25 AS 1244/09 (SG Hamburg)

...................................,

Kläger und Beschwerdeführer,

Prozessbevollmächtigte: .............................................,

gegen

Jobcenter team.arbeit.hamburg,

Billstraße 82 - 84, 20539 Hamburg,

Beklagter und Beschwerdegegner.

Der 4. Senat des Bundessozialgerichts hat am 4. April 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. V o e l z k e sowie die Richterin S. K n i c k r e h m und den Richter S ö h n g e n

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Hamburg vom 13. Mai 2015 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

I

1

Im Streit sind die Übernahme von Renovierungskosten für eine Mietwohnung in Höhe von 1439 Euro sowie von weiteren, künftig anfallenden Renovierungskosten. Der Kläger bewohnt seit dem Auszug seiner Ehefrau und der gemeinsamen Tochter im März 2008 alleine eine Dreizimmerwohnung mit einer Größe von 76 m2. Auf eine Aufforderung des Beklagten zur Senkung der Kosten der Unterkunft und Heizung erklärte der Kläger, ein Zimmer untervermieten zu wollen, aber für die Renovierung einen Vorschuss von 200 Euro zu benötigen, dessen Zahlung der Beklagte ablehnte (Bescheid vom 9.2.2009). Sein Widerspruch, mit dem er nunmehr unter Vorlage einer entsprechenden Rechnung die Übernahme von Renovierungskosten in Höhe von 1439 Euro verlangte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14.4.2009). Das SG Hamburg hat den Beklagten zur Übernahme von Renovierungskosten in Höhe von 959,33 Euro verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen (Urteil vom 25.4.2013). Es lägen hier besondere Gründe für die Übernahme der Kosten für Schönheitsreparaturen durch den Beklagten vor, weil der Kläger zur Kostensenkung aufgefordert worden sei und dieser Pflicht zur Kostensenkung durch Untervermietung nachkommen wolle. Die wegen der beabsichtigten Untervermietung erforderliche Renovierung betreffe jedoch nicht sämtlicher Räume, sodass schätzungsweise nur 2/3 der angefallenen Kosten in Höhe von 959,33 Euro zu übernehmen seien. Künftige Renovierungskosten könnten im Übrigen nicht schon im Voraus erstritten werden.

2

Im Berufungsverfahren hat der Kläger PKH unter Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt, darüber hinaus die Berufung aber nicht weiter begründet. Das LSG Hamburg hat, ohne über den PKH-Antrag zu entscheiden, die Berufung nach Anhörung des Klägers durch Beschluss unter Bezugnahme auf die aus seiner Sicht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zutreffende Begründung des SG zurückgewiesen (Beschluss vom 13.5.2015).

3

Gegen die Nichtzulassung der Revision durch das LSG wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde. Er macht als Verfahrensfehler eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend. Zudem komme der Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung zu, ob nach Ablauf von mehr als 10 Jahren der Mietnutzung und zusätzlich bei Vorliegen von "anderen besonderen Gründen" für die Übernahme der Kosten von Schönheitsreparaturen infolge einer geplanten Untervermietung nach Kostensenkungsaufforderung die Verpflichtung des SGB II-Trägers bestehe, Kosten der Schönheitsreparaturen für sämtliche Räume der Wohnung im Rahmen der Kosten der Unterkunft iS von § 22 SGB II zu tragen.

II

4

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden sind (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Beschwerde konnte daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter verworfen werden (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG, § 169 SGG).

5

Wird das Vorliegen eines Verfahrensmangels nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend gemacht, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels wie bei einer Verfahrensrüge innerhalb einer zugelassenen Revision zunächst die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargelegt werden (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 34 und 36; vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160a RdNr 16 mwN). Darüber hinaus ist bei der Rüge einer Gehörsverletzung die Darlegung zu verlangen, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsansicht des LSG - auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 und 36), denn eine Gehörsverletzung stellt gemäß § 202 SGG iVm § 547 ZPO keinen absoluten Revisionsgrund dar. Zudem ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer darlegt, seinerseits alles getan zu haben, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 22 S 35; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160a RdNr 16d mwN).

6

Diesen Darlegungserfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Kläger macht nicht hinreichend deutlich, warum er auf die Anhörung des LSG zu dem beabsichtigten Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG innerhalb der gesetzten Frist nicht reagiert hat. Es hätte insbesondere nahegelegen, ausdrücklich auf den noch offenen Antrag auf PKH hinzuweisen, sowie auf den Umstand, dass eine Begründung ohne anwaltlichen Beistand als nicht möglich angesehen werde. Ein solcher Hinweis stellt auch für einen unvertretenen Beteiligten keine Überforderung dar, selbst wenn dieser - wie es der Kläger für sich geltend macht - wegen einer Vielzahl von betriebenen Verfahren und der Einschaltung verschiedener Rechtsanwälte nicht vollständig überblickt haben sollte, worum es in dem konkreten Verfahren geht und ob in der Sache bereits vorgetragen wurde. Der Verweis auf eine besondere Hinweisplicht des Gerichts ist gerade vor dem Hintergrund einer gewissen "Prozesserfahrung", wie sie der Kläger besitzt, und dessen - jedenfalls zeitweisen - Unterstützung durch Rechtsanwälte nicht plausibel. Konkrete Aspekte, die ein erkennbares Missverständnis des Klägers belegen würden, sind nicht vorgetragen.

7

Soweit der Kläger auf den nicht beschiedenen PKH-Antrag hinweist, wird schon nicht deutlich, warum die Entscheidung des LSG gerade hierauf beruhen können sollte. Das LSG hatte in der Anhörung mitgeteilt, es messe der Berufung keine Erfolgsaussicht bei und es hat in der Sache schließlich auch in diesem Sinne entschieden. Ausgehend von der Rechtsauffassung des LSG wäre daher dem PKH-Antrag ohnehin nicht entsprochen worden. Dass der Kläger im Falle einer früheren ablehnenden PKH-Entscheidung weitere entscheidungserhebliche Umstände vorgetragen hätte, lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen.

8

Auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht hinreichend dargelegt. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

9

Die Beschwerdebegründung des Klägers wird auch diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht, denn sie lässt nicht erkennen, inwieweit die aufgeworfene Frage nach der Übernahme weiterer Kosten für Schönheitsreparaturen unter Berücksichtigung der vom Kläger zitierten Entscheidung des BSG vom 19.3.2008 (B 11b AS 31/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 10) abstrakt noch klärungsbedürftig ist. In dieser Entscheidung wird nämlich im Einzelnen ausgeführt, unter welchen Voraussetzungen Kosten für Schönheitsreparaturen - in Abgrenzung zu Kosten für Instandhaltung - als Kosten der Unterkunft zu übernehmen sind. Soweit der Kläger in der von ihm formulierten Frage auf den Zeitfaktor von "mehr als 10 Jahren der Mietnutzung" und "andere besondere Gründe" hinweist, sowie darüber hinaus geklärt wissen will, ob sich die - von SG und LSG grundsätzlich bejahte - Pflicht der Übernahme von Renovierungskosten auf "sämtliche Räume" bezieht, betrifft dies nicht mehr die abstrakte Rechtsanwendung, sondern Umstände des Einzelfalls. Die Überprüfung der Rechtsanwendung im Einzelfall ist indes nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26).

10

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Prof. Dr. Voelzke
Knickrehm
Söhngen

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