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Bundessozialgericht
Beschl. v. 01.02.2016, Az.: B 11 AL 77/15 B
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 01.02.2016
Referenz: JurionRS 2016, 10745
Aktenzeichen: B 11 AL 77/15 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Hessen - 21.08.2015 - AZ: L 7 AL 66/14

SG Frankfurt/Main - AZ: S 15 AL 354/10

BSG, 01.02.2016 - B 11 AL 77/15 B

in dem Rechtsstreit

Az: B 11 AL 77/15 B

L 7 AL 66/14 (Hessisches LSG)

S 15 AL 354/10 (SG Frankfurt am Main)

......................................................,

Kläger und Beschwerdeführer,

Prozessbevollmächtigte: .............................................,

gegen

Bundesagentur für Arbeit,

Regensburger Straße 104, 90478 Nürnberg,

Beklagte und Beschwerdegegnerin.

Der 11. Senat des Bundessozialgerichts hat am 1. Februar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. V o e l z k e sowie die Richter M u t s c h l e r und S ö h n g e n

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 21. August 2015 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

I

1

Der Kläger wendet sich gegen die Vollstreckung eines Betrags von 148 634,89 DM aus einem Bescheid vom 15.9.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.2.2000, den der Kläger ohne Erfolg gerichtlich angefochten hatte. Seine - weitere - Klage mit dem Ziel, die Zwangsvollstreckung aus dem genannten Widerspruchsbescheid für unzulässig zu erklären, blieb erfolglos (Gerichtsbescheid des SG Frankfurt am Main vom 5.3.2014; dem Kläger zugestellt am 13.3.2014). In dem Gerichtsbescheid wurde der Kläger darüber belehrt, dass dieser mit einer innerhalb eines Monats nach der Zustellung einzulegenden Berufung angefochten werden könne. Gleichwohl hat der Kläger mit Schreiben vom 9.4.2014 beim SG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 105 Abs 3 Halbs 2 SGG beantragt. Auf Nachfrage des LSG, dem das Schreiben vom 9.4.2014 übersandt wurde, bestätigte der Kläger mit Schreiben vom 25.4.2014 ausdrücklich, dass er gegen den Gerichtsbescheid vom 5.3.2014 keine Berufung eingelegt, sondern die mündliche Verhandlung beantragt habe. Seine sodann am 19.5.2014 eingelegte Berufung hat das LSG als unzulässig verworfen (Urteil vom 21.8.2015). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Berufung sei nicht fristgemäß eingelegt worden; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht zu gewähren, da der Kläger an der Einhaltung der gesetzlichen Verfahrensfrist im Hinblick auf die Rechtsmittelbelehrung des Gerichtsbescheides nicht ohne eigenes Verschulden gehindert gewesen sei.

2

Mit seiner gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG gerichteten Beschwerde macht der Kläger als Verfahrensfehler eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend.

II

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der als Zulassungsgrund geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Beschwerde konnte daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter verworfen werden (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG, § 169 SGG).

4

Wird das Vorliegen eines Verfahrensmangels nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend gemacht, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels wie bei einer Verfahrensrüge innerhalb einer zugelassenen Revision zunächst die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargelegt werden (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 34 und 36; vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160a RdNr 16 mwN). Darüber hinaus ist bei der Rüge einer Gehörsverletzung die Darlegung zu verlangen, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsansicht des LSG - auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 und 36), denn eine Gehörsverletzung stellt gemäß § 202 SGG iVm § 547 ZPO keinen absoluten Revisionsgrund dar.

5

Der Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG; Art 103 Abs 1 GG) verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Als Prozessgrundrecht soll das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Fehlern ergeht, welche ihren Grund im Unterlassen der Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten haben. Es verpflichtet die Gerichte allerdings nicht, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (vgl BVerfG [Kammer] Beschlüsse vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28; vom 4.9.2008 - 2 BvR 2162/07, 2 BvR 2271/07 - BVerfGK 14, 238 = WM 2008, 2084 f, unter Hinweis auf BVerfGE 64, 1, 12 und BVerfGE 87, 1, 33 = SozR 3-5761 Allg Nr 1 S 4). Es bedarf daher einer schlüssigen Darlegung, dass - trotz der genannten Grenzen des Prozessgrundrechts - eine Verletzung des rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise vorliegt.

6

Diesen Darlegungserfordernissen wird der Kläger nicht gerecht. Seinen Ausführungen ist weder zu entnehmen, an welchem konkreten entscheidungserheblichen Vorbringen das LSG ihn gehindert, noch welches entscheidungserhebliche Vorbringen das Gericht nicht zur Kenntnis genommen haben soll. Aus den Entscheidungsgründen des LSG, auf die der Kläger besonders hinweist, ist im Gegenteil zu entnehmen, dass sich dieses mit dem wesentlichen Vortrag des Klägers - insbesondere zu den Gründen für eine Wiedereinsetzung - ausdrücklich auseinandergesetzt hat. Dass es dabei der Auffassung des Klägers nicht gefolgt ist, es liege nicht in seiner Verantwortung, die ihm erteilten Belehrungen erst verspätet als zutreffend erkannt zu haben, stellt keine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör dar. War aber nach der Rechtsauffassung des LSG die Berufung bereits unzulässig, konnte weiteres Vorbringen zur Sache ohnehin nicht mehr entscheidungserheblich sein.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Prof. Dr. Voelzke
Mutschler
Söhngen

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