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Bundessozialgericht
Beschl. v. 12.01.2016, Az.: B 3 KR 56/15 B
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 12.01.2016
Referenz: JurionRS 2016, 10330
Aktenzeichen: B 3 KR 56/15 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Berlin-Brandenburg - 14.07.2015 - AZ: L 9 KR 159/14

SG Berlin - AZ: S 182 KR 2452/10

BSG, 12.01.2016 - B 3 KR 56/15 B

in dem Rechtsstreit

Az: B 3 KR 56/15 B

L 9 KR 159/14 (LSG Berlin-Brandenburg)

S 182 KR 2452/10 (SG Berlin)

...............................................,

Klägerin und Beschwerdeführerin,

Prozessbevollmächtigte: ...............................................,

gegen

BARMER GEK,

Axel-Springer-Straße 44, 10969 Berlin,

Beklagte und Beschwerdegegnerin,

Prozessbevollmächtigte: ...............................................,

Der 3. Senat des Bundessozialgerichts hat am 12. Januar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. W e n n e r sowie die Richterinnen Dr. O p p e r m a n n und Dr. W a ß e r

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Juli 2015 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

I

1

Die 1946 geborene Klägerin streitet um ihre Belieferung mit Inkontinenzartikeln. Sie ist bei der Beklagten krankenversichert und leidet ua an einer Harn- und Stuhlinkontinenz. Im Gutachten vom 22.12.2009 hielt der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) eine Versorgung der Klägerin mit fünf bis sechs Inkontinenzartikeln pro Tag (150 bis 180 Inkontinenzartikeln pro Monat) für medizinisch notwendig. Nachdem die Beklagte im Jahr 2010, den Monatsbedarf von Inkontinenzartikeln begrenzt hatte (Bescheide vom 13.1. und 16.11.2010), und die Klägerin hiergegen am 8.12.2010 Widerspruch und am 17.12.2010 Klage erhoben hat, hielt die Beklagte an einer Zuteilung der Liefermenge auf 150 Stück nicht mehr fest und hob den Bescheid vom 16.11.2010 auf (Bescheid vom 25.5.2011). Mit Bescheid vom 12.4.2013 bewilligte die Beklagte eine eigenanteilsfreie Versorgung mit Inkontinenzartikeln im Umfang von monatlich 180 Stück bis zum 30.4.2014.

2

Das SG Berlin hat die Klage mit Urteil vom 8.4.2014 abgewiesen. Die Klage sei unzulässig. Es fehle an einem Rechtsschutzbedürfnis, weil die Beklage zuletzt mit Bescheid vom 12.4.2013 und durch Zusicherung im Schriftsatz vom 20.12.2013 die Versorgung mit Inkontinenzprodukten im Umfang von 180 Stück bis zum 15.4.2015 zugesagt habe. Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte mit Bescheid vom 27.1.2015 entschieden, die Klägerin während des gesamten Jahres 2015 mit Inkontinenzartikeln ihrer Wahl im Umfang von 182 Stück pro Monat zu versorgen durch häusliche Belieferung der Herstellerfirma (Fa. A.). Die gesetzliche Zuzahlung wurde mit 1,95 Euro pro Monat festgesetzt. Mit Beschluss vom 14.7.2015 hat das LSG Berlin-Brandenburg die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei entsprechend des von der Beklagten erteilten Bescheids im gewünschten Umfang im Jahr 2015 versorgt worden. Sofern es zu Versorgungslücken gekommen sei, habe die Beklagte im Erörterungstermin die Übernahme dadurch bedingter Kosten zugesagt. Weitere Details zu den Lieferumständen durch ein Paketunternehmen könnten gerichtlich nicht weiter geklärt werden. Überdies habe die Beklagte zugesagt, sich mit der Herstellerfirma in Verbindung zu setzen und zu erreichen, dass die Absendung der Inkontinenzartikel für die Klägerin möglichst vorhersehbar erfolge. Mehr könne die Klägerin nicht verlangen. Die monatliche Zuzahlung zu den Artikeln in Höhe von 1,95 Euro beruhe auf § 33 Abs 8 Satz 1 iVm § 61 Satz 1 SGB V.

3

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).

II

4

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Klägerin den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht formgerecht dargelegt hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

5

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).

6

Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

7

Die Klägerin ist der Ansicht, das LSG habe seine Auslegung des Begriffs "Versorgung" iS von § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V nicht näher begründet. Hierzu gehöre auch die Art und Weise der Belieferung sowie "konkrete Terminszusagen und konkrete Handlungsweisen" als notwendiger Bestandteil der Versorgung. Diese Frage sei in dieser Form noch nicht höchstrichterlich entschieden und daher von grundsätzlicher Bedeutung. Das angestrebte Revisionsverfahren habe auch die Frage zum Gegenstand, ob und inwieweit die Art und Weise der Belieferung mit Hilfsmitteln einer bestimmten Menge und einer bestimmten Qualität durch Bescheid rechtlich verbindlich zu regeln sei.

8

Diese Ausführungen entsprechen nicht den aufgezeigten Darlegungserfordernissen der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache. Die Klägerin hat keine generell-abstrakte Rechtsfrage aufgeworfen, die im angestrebten Revisionsverfahren noch klärungsbedürftig ist bzw über die noch tragend zu entscheiden wäre. Wenn zugunsten der Klägerin davon ausgegangen wird, dass sie die Frage aufwerfen wollte, ob Versorgung iS von § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V auch die konkrete Art und Weise der Belieferung des Hilfsmittels mit umfasst, so ist die Problematik schon nach eigenen Darlegungen der Klägerin nicht klärungsbedürftig. Denn sie trägt selbst vor, dass in Anlehnung an die bisherige Rechtsprechung des BSG die Frage im Sinne der Klägerin beantwortet werden könne und ihr im Fall verspäteter Lieferung der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V zustehe (zur Erfüllung des Versorgungsanspruchs durch Hilfsmittelerbringer vgl nur BSGE 90, 220 = SozR 4-2500 § 33 Nr 1).

9

Im Übrigen ist aber auch die Entscheidungserheblichkeit dieser Frage nicht ausreichend dargelegt. Denn ausweislich der in der Beschwerdeschrift in Bezug genommenen Niederschrift des Erörterungstermins vor dem LSG am 8.7.2015 hat die Beklagte die Klärung der notwendigen, einzelnen Modalitäten der Belieferung (Verlässlichkeit der Belieferung an bestimmten Tagen und Bereitstellung einer ausreichenden Menge von Ersatzeinlagen) bereits zugesichert, sodass auch im angestrebten Revisionsverfahren hierüber nicht mehr zu entscheiden wäre. Diese Zusicherung geht - zugunsten der Klägerin - über den sinngemäß gestellten Antrag im angefochtenen Beschluss hinaus, namentlich die Beklagte zu einer Zusicherung zu verurteilen, sie - eigenanteilsfrei - mit 180 Stück Inkontinenzartikeln zu beliefern, solange eine ärztliche Verordnung vorliegt. Letzteres steht auf der Grundlage des Bescheids vom 27.1.2015 auch nicht mehr im Streit und bedarf keiner gerichtlichen Entscheidung. Gegen die Eigenbeteiligung hat sich die Klägerin mit ihrem Beschwerdevorbringen nicht gewandt. Ob die Zusicherung im Einzelfall tatsächlich befolgt wurde, ist hingegen keine Frage von generell-abstrakter Art, sondern vielmehr eine Frage tatsächlicher Art, über die im Revisionsverfahren nicht zu entscheiden ist.

10

Ebenso wenig entscheidungserheblich dargelegt für das angestrebte Revisionsverfahren ist die Frage, ob die Art und Weise der Belieferung "durch Bescheid" verbindlich geregelt werden darf. Es fehlt bereits an Darlegung, welche Einwände die Klägerin gegen einen solchen Bescheid erheben will und welches Rechtsschutzinteresse sie damit verfolgt. Im Übrigen bleibt unklar, um welchen konkreten Bescheid es sich hierbei handelt, den sie einer revisionsrechtlichen Überprüfung unterziehen will. Letztlich bleibt auch offen, ob die Frage nicht hypothetisch gestellt ist, weil ein Bescheid mit einem solchen Regelungsgehalt (noch) nicht ergangen ist. In dem mit der Beschwerdeschrift in Bezug genommenen Erörterungstermin hat die Beklagte einen Bescheid, mindestens aber eine Information über die mit der Herstellerfirma vereinbarten Modalitäten zugesichert.

11

Weitere formgerechte Rügen hat die Klägerin nicht erhoben, insbesondere hat sie keinen Verfahrensfehler gerügt (vgl § 160 Abs 2 Nr 3, § 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

12

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

13

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und insoweit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter.

14

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.

Prof. Dr. Wenner
Dr. Oppermann
Dr. Waßer

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