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Bundessozialgericht
Beschl. v. 18.12.2015, Az.: B 9 SB 66/15 B
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 18.12.2015
Referenz: JurionRS 2015, 35117
Aktenzeichen: B 9 SB 66/15 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Rheinland-Pfalz - 04.08.2015 - AZ: L 3 SB 157/12

SG Koblenz - AZ: S 4 SB 223/09

BSG, 18.12.2015 - B 9 SB 66/15 B

in dem Rechtsstreit

Az: B 9 SB 66/15 B

L 3 SB 157/12 (LSG Rheinland-Pfalz)

S 4 SB 223/09 (SG Koblenz)

................................................,

Kläger und Beschwerdeführer,

Prozessbevollmächtigter: ........................................,

gegen

Land Rheinland-Pfalz,

vertreten durch das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung,

Baedekerstraße 2 - 20, 56073 Koblenz,

Beklagter und Beschwerdegegner.

Der 9. Senat des Bundessozialgerichts hat am 18. Dezember 2015 durch die Richterin Dr. R o o s als Vorsitzende sowie die Richter O t h m e r und Dr. R ö h l

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 4. August 2015 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

I

1

Die Beteiligten streiten noch darüber, ob beim Kläger bereits ab dem 17.6.2008 ein Gesamt-Grad der Behinderung (GdB) von 50 festzustellen ist.

2

Beim Kläger war zunächst ein GdB von 20 festgestellt worden (Bescheid vom 11.4.1996), den der Beklagte auf seinen Änderungsantrag vom 17.6.2008 auf 30 erhöhte.

3

Auf die dagegen vom Kläger erhobene Klage hat das SG den Beklagten nach medizinischer Beweisaufnahme verurteilt, beim Kläger ab Änderungsantrag einen GdB von 40 festzustellen.

4

Im vom Kläger angestrengten Berufungsverfahren hat der Kläger ein Teilanerkenntnis des Beklagten über einen GdB von 60 ab dem 23.1.2012 angenommen. In der mündlichen Berufungsverhandlung hat der Kläger beantragt, den Sachverständigen Dr. M., der zuvor im Verfahren ein Gutachten erstattet hatte, zur Frage der Höhe des Gesamt-GdB in der Zeit zwischen der Stellung des Änderungsantrags und dem 23.1.2012 zu hören.

5

Das LSG hat die Berufung, die sich zuletzt noch auf Feststellung eines GdB von 50 bereits ab dem 17.6.2008 richtete, zurückgewiesen. Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers sei erst ab dem 23.1.2012 nachweisbar. Der Sachverständige Dr. M. habe nicht persönlich gehört zu werden brauchen, weil er die vom Kläger gestellten Fragen bereit zweimal schriftlich im Berufungsverfahren beantwortet habe. Der Kläger habe weder nach Hinweis des Gerichts (vom 22.4.2015) schriftlich noch in der Sitzung vom 4.8.2015 einen Grund für eine nochmalige Befragung der Sachverständigen angeben können.

6

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt. Das LSG habe sein Fragerecht und damit seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.

II

7

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil kein Zulassungsgrund ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

8

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung dieses Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst substantiiert die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen dargetan werden. Daran fehlt es hier. Die von ihm behauptete Verletzung seines Fragerechts an den Sachverständigen hat der Kläger nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

9

Unabhängig von der nach § 411 Abs 3 ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts stehenden Möglichkeit, das Erscheinen des Sachverständigen zum Termin von Amts wegen anzuordnen, steht den Beteiligten gemäß § 116 S 2 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO das Recht zu, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache für dienlich erachten (BVerfG vom 3.2.1998 - 1 BvR 909/94 - NJW 1998, 2273 = Juris RdNr 11; vgl auch BSG vom 12.12.2006 - B 13 R 427/06 B - Juris RdNr 7; BGH vom 7.10.1997 - VI ZR 252/96 - NJW 1998, 162, 163 = Juris RdNr 10 - alle mwN). Da die Rüge der Verletzung des Rechts auf Befragung eines Sachverständigen letztlich eine Gehörsrüge darstellt, müssen zudem deren Voraussetzungen erfüllt sein. Insbesondere muss der Beschwerdeführer alles getan haben, um eine Anhörung des Sachverständigen zu erreichen (vgl allgemein zu dieser Voraussetzung: BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 22 S 35; vgl auch BSGE 68, 205, 210 [BSG 19.03.1991 - 2 RU 33/90] = SozR 3-2200 § 667 Nr 1 S 6). Dieser Obliegenheit ist ein Beteiligter jedenfalls dann nachgekommen, wenn er rechtzeitig den Antrag gestellt hat, einen Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens anzuhören und er schriftlich Fragen im oben dargelegten Sinne angekündigt hat, die objektiv sachdienlich sind; liegen diese Voraussetzungen vor, muss das Gericht dem Antrag folgen, soweit er aufrechterhalten bleibt (vgl BSG SozR 4-1500 § 62 Nr 4 RdNr 5). Sachdienlichkeit ist insbesondere dann zu bejahen, wenn sich die Fragen im Rahmen des Beweisthemas halten und nicht abwegig oder bereits eindeutig beantwortet sind (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 116 RdNr 5; s auch Greger in Zöller, ZPO, 30. Aufl 2014, § 411 RdNr 5a); andernfalls kann das Begehren rechtsmissbräuchlich sein (BGH vom 7.10.1997 - VI ZR 252/96 - NJW 1998, 162, 163 = Juris RdNr 10).

10

Diese Voraussetzungen der Gehörsrüge hat der Kläger nicht hinreichend substantiiert dargetan. Wie das angefochtene Urteil ausführt, hatte der Sachverständige die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung zuletzt in verschiedenen Varianten wiederholte Frage, ob ein GdB von 50 schon vor dem 23.1.2012 anzunehmen sei, bereits zuvor in zwei Stellungnahmen ua zu Nachfragen des Klägers verneint. Der Kläger räumt diesen Umstand auch ein, bezeichnet aber die Antworten des Sachverständigen als nicht tragfähig. Damit kritisiert er keine Verletzung seines Fragerechts, das das Gericht ihm auch nach seinen Ausführungen mehrfach gewährt hat. Vielmehr wendet sich der Kläger inhaltlich gegen das Gutachten und die ergänzenden Stellungnahmen des Sachverständigen und damit im Ergebnis gegen die Beweiswürdigung des Ausgangsgerichts. Diese entzieht § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG indes vollständig der Beurteilung durch das Revisionsgericht. Kraft der darin enthaltenen ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung kann die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts mit der Nichtzulassungsbeschwerde weder unmittelbar noch mittelbar angegriffen werden (Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160 RdNr 58 mwN). Soweit der Kläger das Gutachten des Sachverständigen und dessen ergänzende Stellungnahmen zu seinen Fragen für unvollständig und fehlerhaft hält und deswegen einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht rügen wollte (§ 103 SGG), so hätte er die Rüge ausdrücklich erheben und zudem wegen § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen müssen, dem das LSG ohne hinreichenden Grund nicht gefolgt ist. Ausführungen hierzu lässt die Beschwerdebegründung ebenfalls nicht erkennen.

11

Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).

12

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

13

2. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Dr. Roos
Othmer
Dr. Röhl

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