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Bundessozialgericht
Beschl. v. 08.12.2015, Az.: B 13 R 343/15 B
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 08.12.2015
Referenz: JurionRS 2015, 36407
Aktenzeichen: B 13 R 343/15 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Schleswig-Holstein - 25.06.2015 - AZ: L 5 R 145/13

SG Kiel - AZ: S 17 R 240/11

BSG, 08.12.2015 - B 13 R 343/15 B

in dem Rechtsstreit

Az: B 13 R 343/15 B

L 5 R 145/13 (Schleswig-Holsteinisches LSG)

S 17 R 240/11 (SG Kiel)

.......................................,

Kläger und Beschwerdeführer,

Prozessbevollmächtigte: ........................................,

gegen

Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See,

Pieperstraße 14 - 28, 44789 Bochum,

Beklagte und Beschwerdegegnerin.

Der 13. Senat des Bundessozialgerichts hat am 8. Dezember 2015 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. S c h l e g e l sowie die Richter Dr. F i c h t e und G a s s e r

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 25. Juni 2015 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Das Landessozialgericht (LSG) hat einen Anspruch des Klägers auf höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Zugrundelegung höherer Entgeltpunkte verneint (Urteil vom 25.6.2015). Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil macht der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Er hält folgende Frage für rechtsgrundsätzlich:

"Ist es mit Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, Seelotsen nach §§ 2 Satz 1 Nr. 4, 70 Abs. 1 Satz 1, 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 169 Nr. 1 SGB VI Entgeltpunkte in derselben Höhe wie einem abhängig Beschäftigten mit vergleichbarem Einkommen zu gewähren, obwohl der Seelotse Beiträge in einer Höhe geleistet hat, die der Summe aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag entspricht, der abhängig Beschäftigte jedoch nur den Arbeitnehmerbeitrag selbst getragen hat, mithin nur die Hälfte der Beitragslast des Seelotsen?"

2

Der Kläger hält die Frage für klärungsbedürftig, weil veröffentlichte Entscheidungen "zur Rentenhöhe von Seelotsen" nicht existierten und sich die Frage auch nicht anhand der bisherigen Rechtsprechung zur Rentenversicherungspflicht und zur Rentenberechnung bei (anderen) Selbstständigen beantworten lasse. Die aufgeworfene Frage sei auch im Rahmen eines Revisionsverfahrens klärungsfähig. Dem stehe nicht entgegen, dass das LSG "angedeutet" habe, er, der Kläger, hätte seine Einwände bereits vor Rentenbewilligung - nämlich bei Feststellung der Versicherungspflicht bzw Heranziehung zu Beiträgen - vorbringen müssen; hierauf habe das LSG seine Entscheidung nicht gestützt.

3

Die Beschwerde ist unzulässig. Der geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) ist nicht in der nach § 160a Abs 2 S 3 SGG gebotenen Weise dargelegt worden.

4

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfragen erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss die Beschwerdebegründung mithin eine konkrete Rechtsfrage aufwerfen, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung vom 19.11.2015 nicht.

5

Zweifel bestehen bereits, ob der Kläger eine aus sich heraus verständliche Frage aufgeworfen hat, weil Entgeltpunkte einem Versicherten nicht "gewährt" werden, sondern sich aus rentenrechtlichen Zeiten, Zuschlägen und aufgelösten Wertguthaben von Gesetzes wegen nach Maßgabe des § 66 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch "ergeben". Aber auch bei Auslegung seiner Fragestellung aus dem Sinnzusammenhang der Beschwerdebegründung im Sinn einer höheren Rentenleistung hat er nicht dargelegt, dass die aufgeworfene Frage auch klärungsbedürftig und klärungsfähig ist. In Bezug auf die Klärungsbedürftigkeit hätte er aufzeigen müssen, dass sich die Frage aus der Rechtsprechung nicht beantworten lässt, insbesondere weil das LSG insoweit den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 26.6.2007 (1 BvR 2204/00, 1 BvR 1355/03 - SozR 4-2600 § 2 Nr 10) herangezogen hat. Denn als höchstrichterlich geklärt muss eine Rechtsfrage auch dann angesehen werden, wenn das Revisionsgericht sie zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, zur Auslegung des anzuwendenden gesetzlichen Begriffs aber schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8; SozR 3-1500 § 146 Nr 2; Senatsbeschluss vom 13.5.1997 - 13 BJ 271/96 - SozR 3-1500 § 160a Nr 21; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 314).

6

So liegt der Fall hier. Schon nach den vom Kläger in Bezug genommenen Ausführungen im Urteil des LSG hat das BVerfG im Beschluss vom 26.6.2007 sowohl Fragen des Eigentumsschutzes im Zusammenhang mit der Heranziehung Selbstständiger zur Beitragsentrichtung in der Rentenversicherung (SozR 4-2600 § 2 Nr 10 RdNr 29) als auch Fragen der Ungleichbehandlung Selbstständiger anhand eines selbstständigen Lehrers (aaO RdNr 31) abgehandelt, der - wie der Kläger als Seelotse - vom BVerfG als besonders schutzbedürftig eingestuft worden ist, weil sein Lebensunterhalt primär auf der Verwertung der eigenen Arbeitskraft basiert. An einer solchen Auseinandersetzung mit der von ihm selbst angeführten höchstrichterlichen Rechtsprechung fehlt es.

7

Überdies hätte sich der Kläger aber auch mit der umfangreichen Rechtsprechung des BVerfG wie auch des Bundessozialgerichts zu Art 3 Abs 1 und Art 14 Abs 1 Grundgesetz sowie sich den aus diesen ergebenden Anforderungen substanziell auseinandersetzen müssen. Stattdessen legt er maßgeblich nur seine eigene Rechtsmeinung zu diesen Grundrechtsnormen dar. Das reicht für eine Darlegung der Klärungsbedürftigkeit nicht aus.

8

Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob der Kläger die Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage hinreichend dargetan hat. Zweifel hieran bestehen, weil das LSG nicht nur "angedeutet" hat, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren ausgeschlossen sein könnte, weil er sich vor der Rentenbewilligung weder gegen die Feststellung seiner Versicherungspflicht noch gegen die Heranziehung zu Beiträgen gewandt habe. Es hat dies vielmehr - ob zu Recht oder zu Unrecht und ob mit hinreichender Begründung mag dahinstehen - als primären Grund für Bedenken dagegen genannt, dass "rückwirkend die Berechnungsgrundlagen der Rente für vergangene Zeiträume zu ändern" seien. Dass es diese Begründung offenbar selbst als tragend angesehen hat, lässt sich daraus erkennen, dass sich das LSG nachfolgend "unabhängig hiervon" mit der Frage der Verfassungswidrigkeit der Berechnung der klägerischen Rente befasst hat. Stützt das Instanzgericht seine Entscheidung aber nebeneinander auf mehrere Begründungen, so kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nur dann zur Zulassung der Revision führen, wenn im Hinblick auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund vorliegt und formgerecht gerügt wird (BSG SozR 1500 § 160a Nr 5, 38; SozR 4-1500 § 160 Nr 21).

9

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

10

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Prof. Dr. Schlegel
Dr. Fichte
Gasser

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