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Bundessozialgericht
Beschl. v. 11.08.2015, Az.: B 14 AS 23/15 B
Divergenzrüge; Formgerechte Bezeichnung einer Abweichung; Kennzeichnung der in Bezug genommenen Entscheidung
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 11.08.2015
Referenz: JurionRS 2015, 23564
Aktenzeichen: B 14 AS 23/15 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Nordrhein-Westfalen - 04.12.2014 - AZ: L 7 AS 926/12

SG Dortmund - AZ: S 31 AS 3342/11

Rechtsgrundlage:

§ 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG

BSG, 11.08.2015 - B 14 AS 23/15 B

Redaktioneller Leitsatz:

1. Zur formgerechten Bezeichnung einer Abweichung hat die Beschwerdebegründung einen Widerspruch im Grundsätzlichen oder ein Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze in der Entscheidung des LSG einerseits und in einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG andererseits aufzuzeigen und die in Bezug genommene Entscheidung so zu kennzeichnen, dass sie ohne Weiteres aufzufinden ist.

2. Dabei muss die Beschwerdebegründung deutlich machen, dass in der angefochtenen Entscheidung eine sie tragende Rechtsansicht entwickelt ist und nicht etwa nur ungenaue oder unzutreffende Rechtsausführungen oder ein Rechtsirrtum im Einzelfall die Entscheidung bestimmen.

3. Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die obergerichtliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird.

in dem Rechtsstreit

Az: B 14 AS 23/15 B

L 7 AS 926/12 (LSG Nordrhein-Westfalen)

S 31 AS 3342/11 (SG Dortmund)

........................,

Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer,

Prozessbevollmächtigte: .............................................,

gegen

Jobcenter Bochum,

Universitätsstraße 66 a, 44789 Bochum,

Beklagter und Beschwerdegegner.

Der 14. Senat des Bundessozialgerichts hat am 11. August 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. V o e l z k e sowie die Richter Prof. Dr. B e c k e r und Dr. S c h ü t z e

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. Dezember 2014 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundessozialgericht Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt P beizuordnen, wird abgelehnt.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

1. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), der Divergenz der Entscheidung des LSG von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) sowie eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dargetan sind.

2

a) Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Nach den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG sich ergebenden Anforderungen muss ein Beschwerdeführer dazu anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Frage sich stellt, dass diese Rechtsfrage noch nicht geklärt ist, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfrage erwarten lässt (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX, RdNr 63 ff).

3

Dem wird die Beschwerde nicht gerecht. Als grundsätzlich bedeutsam erachtet sie es, ob "ein Sozialverband ... seinen Kostenerstattungsanspruch direkt gegenüber der Behörde geltend machen kann oder ob zur Geltendmachung die Gründung z.B. einer Sozialrechtsschutz gGmbH erforderlich ist" bzw ob die vom erkennenden Senat zur Kostenerstattung nach § 63 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch für eine Verbandsvertretung entwickelten Kriterien "auch dann gelten, wenn der Sozialverband ... die Beratung und Rechtsvertretung selber erbringt" (Verweis auf Urteil vom 18.9.2014 - B 14 AS 5/14 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 21, auch vorgesehen für BSGE). Zweifelhaft ist schon, ob damit eine Rechtsfrage iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ausreichend bezeichnet ist und ob weiterhin in Auseinandersetzung mit der Senatsentscheidung vom 18.9.2014 hinreichend deutlich dargelegt ist, worin der zusätzliche Klärungsbedarf gegenüber den dort bereits aufgestellten Grundsätzen zu sehen sein soll. Das kann indes dahinstehen, weil jedenfalls Ausführungen zur Klärungsfähigkeit der bezeichneten Frage(n) fehlen. Dazu bestand besonderer Anlass deshalb, weil das LSG nach dem Beschwerdevorbringen überzeugt war, dass die Satzung des betroffenen Sozialverbands in Bezug auf die Kostenpflichtigkeit seiner Mitglieder ihm gegenüber "nicht gelebt" werde und sie damit - anders als es für die Entscheidung vom 18.9.2014 maßgeblich war (ebenda RdNr 17 mwN) - keiner endgültigen Kostentragungspflicht ausgesetzt seien. Inwieweit auf dieser Grundlage die aufgeworfene(n) Frage(n) in dem angestrebten Revisionsverfahren geklärt werden könnte(n), ist dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen.

4

b) Auch eine Abweichung (Revisionszulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG) ist nicht formgerecht bezeichnet. Dazu hat die Beschwerdebegründung einen Widerspruch im Grundsätzlichen oder ein Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze in der Entscheidung des LSG einerseits und in einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG andererseits aufzuzeigen und die in Bezug genommene Entscheidung so zu kennzeichnen, dass sie ohne Weiteres aufzufinden ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 67; SozR 4-1500 § 160 Nr 13). Dabei muss die Beschwerdebegründung deutlich machen, dass in der angefochtenen Entscheidung eine sie tragende Rechtsansicht entwickelt ist und nicht etwa nur ungenaue oder unzutreffende Rechtsausführungen oder ein Rechtsirrtum im Einzelfall die Entscheidung bestimmen (BSG SozR 1500 § 160a Nr 67). Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die obergerichtliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29, 54 und 67).

5

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Zwar wird deutlich, dass das LSG von der Senatsentscheidung vom 18.9.2014 abgewichen sein soll. Jedoch lassen sich dem Vorbringen keine Rechtssätze entnehmen, auf die das LSG seine Entscheidung tragend gestützt hat und die in Widerspruch zu ebenfalls ausdrücklich bezeichneten Rechtssätzen im Urteil vom 18.9.2014 stehen. Vielmehr leitet die Beschwerde aus dieser Entscheidung rechtliche Maßstäbe ab, die nach ihrer Ansicht vom LSG hätten berücksichtigt werden müssen, aber nicht beachtet worden sind ("hierbei war es nach Auffassung des Bundessozialgerichts völlig unerheblich, ob und inwieweit dieser Anspruch tatsächlich durchgesetzt wird"; "das Landessozialgericht geht allerdings davon aus, dass eine endgültige Kostentragungspflicht ... (den) Kläger ... nicht trifft"; "nicht anders liegt der Fall, den das Landessozialgericht in der hier streitigen Angelegenheit zu entscheiden hatte"). Damit rügt sie allenfalls eine fehlerhafte Anwendung revisionsgerichtlich aufgestellter Maßstäbe, nicht aber eine bewusste Abweichung im dargelegten Sinne; auf die Würdigung des Einzelfalls bezogene Aussagen reichen dazu nicht (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 160 RdNr 13 mwN).

6

c) Auch ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), ist nicht schlüssig bezeichnet. Erforderlich ist dazu die substantiierte Bezeichnung der ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 34, 36) und weiter die Darlegung, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 36). Solche Angaben enthält das Beschwerdevorbringen nicht. Soweit der Kläger danach überzeugt ist, dass zum einen das LSG weitere Nachforschungen hätte betreiben müssen, fehlt es an der Bezeichnung eines Beweisantrags, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG). Und soweit das LSG seiner Auffassung nach auf Zweifel an seinem Vorbringen hätte hinweisen sollen, fehlt es an Darlegungen dazu, welche Umstände auf entsprechenden Hinweis angeführt oder unter Beweis gestellt worden wären, die ausgehend von der Rechtsauffassung des LSG zu einer für ihn günstigeren Entscheidung hätten führen können.

7

2. Prozesskostenhilfe (PKH) gemäß § 73a SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) ist dem Kläger nicht zu bewilligen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung wie dargelegt keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwaltes (§ 73a SGG iVm § 121 ZPO) ist abzulehnen, weil der Kläger keinen Anspruch auf PKH hat.

8

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

Prof. Dr. Voelzke
Prof. Dr. Becker
Dr. Schütze

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