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Bundessozialgericht
Beschl. v. 24.07.2015, Az.: B 12 KR 90/14 B
Erstattung von anteiligen Gesamtsozialversicherungsbeiträgen; Substantiierung eines entscheidungserheblichen Mangels des Berufungsverfahrens; Divergenz als Widerspruch im Rechtssatz; Entwickeln anderer Maßstäbe
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 24.07.2015
Referenz: JurionRS 2015, 23408
Aktenzeichen: B 12 KR 90/14 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Hessen - 30.06.2014 - AZ: L 1 KR 2/13

SG Darmstadt - AZ: S 10 KR 329/10

BSG, 24.07.2015 - B 12 KR 90/14 B

Redaktioneller Leitsatz:

1. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht.

2. Divergenz i.S. von § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt sind.

3. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn das LSG eine höchstrichterliche Entscheidung nur unrichtig ausgelegt oder das Recht unrichtig angewandt hat, sondern erst, wenn das LSG Kriterien, die ein in der Norm genanntes Gericht aufgestellt hat, widersprochen, also andere Maßstäbe entwickelt hat.

4. Das LSG weicht damit nur dann i.S. von § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG von einer Entscheidung u.a. des BSG ab, wenn es einen abstrakten Rechtssatz aufstellt, der einer zu demselben Gegenstand gemachten und fortbestehenden aktuellen abstrakten Aussage des BSG entgegensteht und dem Berufungsurteil tragend zugrunde liegt.

in dem Rechtsstreit

Az: B 12 KR 90/14 B

L 1 KR 2/13 (Hessisches LSG)

S 10 KR 329/10 (SG Darmstadt)

.....................,

Kläger und Beschwerdeführer,

Prozessbevollmächtigte: ........................................,

gegen

Schwenninger Betriebskrankenkasse,

Spittelstraße 50, 78056 Villingen-Schwenningen,

Beklagte und Beschwerdegegnerin,

beigeladen:

1. ...............,

2. Deutsche Rentenversicherung Bund,

Ruhrstraße 2, 10709 Berlin,

3. Schwenninger BKK Pflegekasse,

Spittelstraße 50, 78056 Villingen-Schwenningen,

4. Bundesagentur für Arbeit,

Regensburger Straße 104, 90478 Nürnberg.

Der 12. Senat des Bundessozialgerichts hat am 24. Juli 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. K r e t s c h m e r sowie die Richter Dr. M e c k e und B e c k

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 30. Juni 2014 wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1980,64 Euro festgesetzt.

Gründe

1

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Erstattung von - anteiligen - Gesamtsozialversicherungsbeiträgen, die der Kläger für den Beigeladenen zu 1. aufgrund dessen Tätigkeit in seiner Praxis für Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung, Unternehmens- und Insolvenzberatung abgeführt hat.

2

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Hessischen LSG vom 30.6.2014 ist gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

3

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

- die angefochtene Entscheidung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder

- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

Die Behauptung, die Entscheidung des Berufungsgerichts sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

4

Der Kläger beruft sich in der Beschwerdebegründung vom 30.9.2014 auf alle drei Zulassungsgründe.

5

1. Der Kläger legt die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht gemäß den Zulässigkeitsanforderungen nach § 160a Abs 2 S 3 SGG dar. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerwG NJW 1999, 304 und BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).

6

Der Kläger wirft auf Seite 2/3 der Beschwerdebegründung folgende Frage auf:

"Besteht zwischen der bisherigen Beschäftigung der Studentin und dem dualen Studium mit Praktikumsphasen in der Kanzlei des Klägers, ohne das ein Beschäftigungsverhältnis begründet wird, ein enger innerer Zusammenhang, wenn die bisherige Beschäftigung, ein Praktikum der Studentin dem Studium zwingend vorausgehen muss, weil die Studienordnung die praktische Tätigkeit in dem Studienzweig Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung ein Praktikum voraussetzt. An dieses Praktikum, das für diesen Zeitraum des vorgeschriebenen Praktikums die Sozialversicherungspflicht begründet hat, führt zu keiner Ausstrahlung auf das sich anschließende, sozialversicherungsfreie, praxisintegrierte duale Studium an der Berufsakademie. Klärungsbedürftig ist, ob die Aufnahme des Studiums die 'Fortsetzung einer Ausbildung bzw. als Weiterbildung anzusehen' ist und damit eine Versicherungspflicht begründet?"

7

Auf Seite 5 der Beschwerdebegründung formuliert er die Frage,

"ob sich im Rahmen eines praxisintegrieren dualen Studiums die berufspraktischen Phasen als Bestandteil des Studiums darstellen, was eine betriebliche Berufsausbildung im Sinne des § 1 Satz Nr.1 1. Halbsatz SGB VI, § 25 Abs. 1 SGB III, § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und § 20 Abs. 1 Satz 2 SGB IX ausschließt".

8

Es solle eine umfassende Klärung durch das Revisionsgericht herbeigeführt werden, ob es sich bei den Vergütungen an Studenten einer Fachhochschule während des gesamten Studiengangs oder nur für die Theoriephase um nicht sozialversicherungspflichtige Studienbeihilfen handele. Das BSG habe mit seinem Urteil vom 1.12.2009 (Hinweis auf BSGE 105, 56 = SozR 4-2400 § 7 Nr 11) entschieden, dass Studierende während eines dreijährigen sogenannten praxisintegrierten dualen Studiums an einer Fachhochschule, in das neben den theoretischen Lehrveranstaltungen des Studiengangs Praktikumsphasen von insgesamt 72 Wochen Dauer eingebunden sind und für das durchgehend eine Praktikantenvergütung bzw ein Stipendium gewährt wird, weder als gegen Arbeitsentgelt Beschäftigte, noch als zur Berufsausbildung Beschäftigte anzusehen seien, und zwar auch nicht in den berufspraktischen Phasen. Der Beigeladene zu 1. habe zu keinem Zeitpunkt eine Berufsausbildung nach dem BBiG aufgenommen. Das vorgeschaltete Praktikum sei "zwingend" nach der Studienordnung geboten gewesen und habe der Vermittlung von Grundkenntnissen des Steuerrechts und der Wirtschaftsprüfung gedient, ohne die ein erfolgreicher Studiengang ausgeschlossen sei. Das LSG sei selbst zu der Auffassung gelangt, dass die zu klärende Rechtsfrage höchstrichterlich bislang nicht geklärt worden sei. Die Zulassung der Revision sei auch geboten, nachdem der Gesetzgeber die Sozialversicherungspflicht der Studenten im dualen System kraft Gesetzes hergestellt habe, wobei die Frage der Verfassungsmäßigkeit derzeit noch unbeantwortet geblieben sei. Schließlich sei auch die Frage zu klären, ob die Gesetzesänderung und deren Auslegung durch die erstinstanzlichen Gerichte verfassungskonform sei. Im Übrigen könne auch Gemeinschaftsrecht betroffen sein, sodass ggf eine Entscheidung des EuGH in Frage komme.

9

a) Jedenfalls mit der ersten Frage formuliert der Kläger keine abstrakt-generelle Rechtsfrage - zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht - (vgl allgemein BSG vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - BeckRS 2010, 68786 RdNr 10; BSG vom 21.7.2010 - B 5 R 154/10 B - BeckRS 2010, 72088 RdNr 10; BSG vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - BeckRS 2009, 50073 RdNr 7). Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX, RdNr 181). Vielmehr fragt er zumindest insoweit lediglich nach der Rechtsanwendung im konkreten Einzelfall, was schon aus der Verwendung der Parteibezeichnungen in der Fragestellung ("Kläger", "Studentin" - gemeint sein dürfte der Beigeladene zu 1.) deutlich wird.

10

b) Darüber hinaus legt der Kläger die Klärungsbedürftigkeit der von ihm aufgeworfenen Fragen nicht hinreichend dar. Als höchstrichterlich geklärt muss eine Rechtsfrage auch dann angesehen werden, wenn das Revisionsgericht sie zwar für eine bestimmte Sachverhaltskonstellation noch nicht ausdrücklich entschieden hat, zur Auslegung der anzuwendenden maßgeblichen gesetzlichen Vorschrift jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben. Hier kommt es dann in der Regel (lediglich) auf die Anwendung der von der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze auf einen bestimmten Sachverhalt an (vgl zB BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 22). Ergeben sich hinsichtlich der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage Zweifel, muss die Beschwerde diese ausräumen. Hierzu gehört auch, die bereits vorliegende - und von dem Kläger auch zitierte - höchstrichterliche Rechtsprechung auf (gemeinsame) Beurteilungsgesichtspunkte hin zu untersuchen oder in der gebotenen Weise Widersprüche und damit Klärungsbedarf herauszuarbeiten. Im Kern seines Vorbringens bemängelt der Kläger lediglich, dass das LSG die vom BSG in dem von ihm wiederholt zitierten Urteil (BSGE 105, 56 = SozR 4-2400 § 7 Nr 11) aufgestellten Rechtsgrundsätze angeblich nicht beachtet habe und im vorliegenden Fall zu einem anderen Ergebnis gekommen sei als das BSG in dem dort entschiedenen Fall. Der Kläger unterlässt die gebotene Darstellung, inwieweit gerade der vorliegende Fall neue rechtsgrundsätzliche Fragen aufwirft. Hierzu hätte aber schon deshalb Anlass bestanden, weil das LSG ausdrücklich die vom BSG bereits entwickelten Rechtsgrundsätze herangezogen hat, aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles aber davon ausgegangen ist, dass die vom BSG entwickelte "Kategorie des so genannten praxisintegrierten Dualen Studiengangs" "vorliegend" (tatbestandlich) nicht gegeben sei (Seite 9 des Beschlusses). Im Kern seines Vorbringens rügt der Kläger lediglich, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts inhaltlich unrichtig sei, was zB darin deutlich wird, dass er der Beurteilung, wonach der Praktikantenvertrag in einen "Ausbildungsvertrag" umgewandelt worden sei, vehement widerspricht. Die Behauptung, die Entscheidung des Berufungsgerichts sei inhaltlich unrichtig, kann aber nicht zur Zulassung der Revision führen. Soweit der Kläger sinngemäß ausführt, die Fragen seien (erneut) durch eine "Gesetzesänderung" klärungsbedürftig geworden, enthält die Beschwerdebegründung hierzu - bis auf seine Einschätzung, davor sei die Rechtslage "eindeutig" in seinem Sinne gewesen, - keine näheren Ausführungen.

11

2. Auch eine entscheidungserhebliche Divergenz legt der Kläger nicht gemäß den Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 160a Abs 2 S 3 SGG hinreichend dar. Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt sind. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn das LSG eine höchstrichterliche Entscheidung nur unrichtig ausgelegt oder das Recht unrichtig angewandt hat, sondern erst, wenn das LSG Kriterien, die ein in der Norm genanntes Gericht aufgestellt hat, widersprochen, also andere Maßstäbe entwickelt hat. Das LSG weicht damit nur dann iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG von einer Entscheidung ua des BSG ab, wenn es einen abstrakten Rechtssatz aufstellt, der einer zu demselben Gegenstand gemachten und fortbestehenden aktuellen abstrakten Aussage des BSG entgegensteht und dem Berufungsurteil tragend zugrunde liegt. Die Beschwerdebegründung muss deshalb aufzeigen, welcher abstrakte Rechtssatz in den genannten höchstrichterlichen Urteilen enthalten ist, und welcher in der instanzabschließenden Entscheidung des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht, und darlegen, dass die Entscheidung hierauf beruhen kann (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29 und 67; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 mwN).

12

Auf Seite 6 der Beschwerdebegründung rügt der Kläger eine Divergenz zu drei Urteilen des BSG (Hinweis auf BSGE 105, 56 = SozR 4-2400 § 7 Nr 11; BSGE 39, 223 = SozR 2200 § 172 Nr 2; BSGE 41, 24 [BSG 12.11.1975 - 3/12 RK 13/74] = SozR 2200 § 165 Nr 8). Die Entscheidung des LSG wäre seiner Meinung nach bei Zugrundelegung der divergierenden Ansicht des BSG anders ausgefallen. Das BSG (erneut Hinweis auf BSGE 105, 56 = SozR 4-2400 § 7 Nr 11) habe entschieden, dass ein Studierender während eines dreijährigen sogenannten praxisintegrierten dualen Studiums, in das neben den eigentlichen Lehrveranstaltungen Praktikumsphasen von insgesamt 72 Wochen Dauer eingebunden sind und für das durchgehend eine Praktikantenvergütung bzw ein Stipendium gewährt wird, weder als gegen Arbeitsentgelt Beschäftigter noch als zur Berufsausbildung Beschäftigter anzusehen sei, und zwar auch nicht in den berufspraktischen Phasen. Hiervon weiche das LSG ab, indem es ausführe:

"Auch vorliegend sprechen gewichtige Gründe dafür, dass ein enger innerer Zusammenhang zwischen der bisherigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. in Form der Tätigkeit aufgrund des Praktikantenvertrages vom 6. Januar 2000 und dem Dualen Studium mit Praktikumsphasen bei dem Kläger bestanden hat. Auch der Beigeladene zu 1. hat nämlich seit dem 1. Dezember 1999 bei dem Kläger eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt, für die der Kläger Gesamtsozialversicherungsbeiträge entrichtete und mit der Aufnahme des Dualen Studiengangs an der Berufsakademie Baden-Württemberg wurde der bisherige Praktikantenvertrag in einen Ausbildungsvertrag umgewandelt, der auf die Besonderheiten des Dualen Studiums gerade ausgerichtet war."

13

Der Praktikumsvertrag sei gerade nicht in einen Ausbildungsvertrag umgewandelt worden. Hier liege eine falsche Sachverhaltsdarstellung vor. SG und LSG hätten bei Ihrer Beurteilung der Gesamtumstände zur Einstufung des Studenten hinsichtlich der Versicherungspflicht nicht beachtet, dass der Student eine Ausbildung begonnen habe. Es habe sich lediglich um ein Praktikum gehandelt. Das nachfolgende duale praxisintegrierte Studium an der Berufsakademie Berlin könne gerade deshalb nicht als berufsbegleitend bzw auf eine berufliche Weiterbildung gerichtet sein. Zur Frage der versicherungsrechtlichen Beurteilung sei zu beachten, dass ein zur Versicherungspflicht führendes entgeltliches Beschäftigungsverhältnis fortbestehen müsse, wenn der Arbeitnehmer eine beruflich weiterführende (berufsintegrierte bzw berufsbegleitende) mit der Beschäftigung in einem prägenden oder engen inneren Zusammenhang stehende Ausbildung oder ein solches Studium absolviere (Hinweis auf BSG SozR 4-2500 § 6 Nr 3; BSG SozR 3-2500 § 6 Nr 16).

14

Die Beschwerdebegründung erfüllt schon deshalb nicht die Zulässigkeitsanforderungen, weil es der Kläger unterlässt, den jeweiligen Entscheidungen sie tragende, abstrakte Rechtssätze zu entnehmen, die zum Nachweis der behaupteten Divergenz gegenüber zu stellen sind. Der Kläger beschränkt sich ua darauf, aus der angefochtenen Entscheidung eine Passage wörtlich zu zitieren, um sodann zu behaupten, daraus ginge eine falsche Sachverhaltsdarstellung hervor. Im Kern rügt der Kläger auch insoweit wiederum nur eine vermeintlich falsche Rechtsanwendung durch das LSG. Hierauf kann aber eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden.

15

3. Auch einen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG hat der Kläger nicht ansatzweise bezeichnet (zu den Anforderungen an die Bezeichnung eines solchen Verfahrensmangels siehe exemplarisch BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4; Nr 21 RdNr 4 - jeweils mwN; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX, RdNr 202 ff).

16

a) Auf Seite 9 der Beschwerdebegründung führt der Kläger aus, sowohl das angefochtene Urteil des SG als auch die Entscheidung des LSG seien rechtsfehlerhaft und beruhten auf einer fehlerhaften Anwendung des Rechts. Den Beteiligten sei der Rechtsschutz nach Art 103 Abs 1 GG nicht umfassend gewährt worden, denn ihm - dem Kläger - sei das rechtliche Gehör versagt worden. Das LSG habe sein Beweisangebot ignoriert, bei dem die Direktion der Berufsakademie in einem vergleichbaren Fall festgestellt habe, dass ein Student an der Berufsakademie, einschließlich der Praxisphasen, nicht dem BBiG unterliege.

17

b) Des Weiteren bestehe im Rahmen der festgestellten Versicherungsfreiheit kein Recht auf Geltendmachung eines Bestandsschutzes. Das rechtswidrige Verhalten der Beklagten könne nicht durch "nachträgliche Winkelzüge" zu Lasten des Klägers begünstigt werden.

18

c) Die Rechtsprechung sei bis zur Entscheidung des BSG vom 1.12.2009 nicht eindeutig geregelt gewesen. Die Entscheidung des BSG greife auch rückwirkend und könne nicht erst mit Wirkung des Wintersemesters 2010/2011 Wirkung entfalten.

19

d) Das LSG habe sich eine Entscheidung aus einem anderen, nach seiner Ansicht gleichgelagerten, tatsächlich aber aus Sicht des Klägers völlig unterschiedlichen Fall, zu eigen gemacht. Dies sei ein schwerer Verfahrensfehler, weil die erstinstanzlichen Gerichte ihren Entscheidungen unrichtige bzw unvollständige Tatsachen zugrunde gelegt hätten, was letztlich zu einer fehlerhaften Entscheidung geführt habe. Demzufolge rüge er die fehlerhafte Sachverhaltsaufklärung.

20

Der Kläger bezeichnet - bis auf Art 103 Abs 1 GG - in allen Punkten bereits keine bundesrechtliche Verfahrensnorm, die das Berufungsgericht verletzt haben soll. Überdies wird ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens nur dann substantiiert bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht. Entsprechende Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung aber nicht.

21

Darüber hinaus genügt der Kläger den an die Darlegung einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu stellenden Anforderungen mit diesen Ausführungen zu Punkt a) bereits deshalb nicht, weil er nicht - wie aber erforderlich - detailliert darlegt, welches konkrete Vorbringen vom LSG übergangen worden sein soll, und dass sich das vorinstanzliche Gericht auch unter Berücksichtigung seiner Rechtsauffassung mit dem Vorbringen hätte auseinandersetzen müssen (vgl allgemein Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 697 mwN). Der Kläger berücksichtigt nicht, dass das Recht auf rechtliches Gehör nur gebietet, dass die Gerichte die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen, es verpflichtet sie aber nicht, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen; ihn also zu "erhören" (BVerfG [Kammer] Beschluss vom 8.4.2014, NZS 2014, 539 RdNr 13 mwN).

22

Weiterhin berücksichtigt die Beschwerdebegründung nicht, dass die Geltendmachung eines Verfahrensmangels wegen Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsprinzip) gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG nur darauf gestützt werden kann, dass das LSG einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. In der Beschwerdebegründung zu Punkt a) wird bereits nicht aufgezeigt, dass im Berufungsverfahren ein entsprechender Beweisantrag gestellt und vor der Entscheidung des LSG nach § 153 Abs 4 SGG, wozu die Beteiligten angehört wurden, ausdrücklich aufrechterhalten worden ist (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 18c mwN). Darüber hinaus unterlässt die Beschwerdebegründung die gebotene Darstellung, inwieweit es sich bei "Beweisangebot", wonach die Direktion der Berufsakademie "in einem vergleichbaren Fall" festgestellt habe, dass ein Student an der Berufsakademie, einschließlich der Praxisphasen, nicht dem BBiG unterliege, überhaupt um einen förmlichen Beweisantrag handelt.

23

Schließlich zeigt die Beschwerdebegründung zu Punkt d) nicht auf, dass das LSG verfahrensfehlerhaft Gegenstände aus einem anderen Verfahren in unzulässiger Weise in das vorliegende Verfahren eingeführt und dadurch möglicherweise gegen § 128 Abs 1 SGG verstoßen hat. Der Kläger führt vielmehr selbst aus, dass das LSG sich eine Entscheidung eines anderen Senats zu eigen gemacht hat, demzufolge bereits nach dem Vorbringen des Klägers nur der Rechtsansicht eines anderen Gerichts gefolgt ist.

24

4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

25

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.

26

6. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung durch das LSG.

Dr. Kretschmer
Dr. Mecke
Beck

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